| # taz.de -- Gepard-Panzer für die Ukraine: Hilfreich in den Ebenen des Donbass | |
| > Der Flugabwehrpanzer war mal das Neidobjekt der Natostaaten. Dann | |
| > sortierte ihn die Bundeswehr aus – der Ukraine kann er aber von Nutzen | |
| > sein. | |
| Bild: Unterwegs mit dem Flugabwehrkanonenpanzer „Gepard“ 2007 während eine… | |
| Im Kalten Krieg war der Gepard ein Prunkstück der Bundeswehr. Denn er | |
| schützte deren zentralen Bestandteil: die Streitmacht aus seinerzeit 2.000 | |
| Leopard-Panzern, die eine Sowjet-Invasion verzögern sollte, bis die USA | |
| einträfen. Heute ist bei der Bundeswehr kein Gepard mehr im Einsatz. Mit | |
| der kolportierten Ankündigung, 30 dieser Panzer [1][an die Ukraine zu | |
| liefern, sind sie plötzlich aber wieder Thema.] | |
| Der Gepard ist darauf ausgelegt, Panzerverbände zu begleiten und diese vor | |
| Luftangriffen abzuschirmen, indem er Attacken von Hubschraubern und | |
| Kampfflugzeugen zerschlägt. Dieses Kampfszenario steht den Ukrainern nun in | |
| den Weiten des Donbass gegen die russische Armee bevor. Dafür verfügt der | |
| Gepard über eine Zwillings-Maschinenkanone, die in hoher Kadenz | |
| verschiedene Munitionsarten verschießen kann. Die Nato-Partner beneideten | |
| die Deutschen um den kampfstarken Kettenpanzer, der in den 1970er Jahren in | |
| die Bundeswehr kam. | |
| Wegen ihrer Bedeutung für die Bundeswehr war die Flugabwehr eine eigene | |
| Truppengattung, wie Infanterie oder Artillerie. Die deutschen Streitkräfte | |
| stellten üppige 14 Flugabwehrregimenter beim Heer mit Geparden auf. Noch | |
| 1990 verfügte die Bundeswehr über 432 dieser Panzer. Die Heeresflugabwehr | |
| wurde in den folgenden Jahrzehnten jedoch massiv verkleinert. [2][Zur | |
| Hochphase der asymmetrischen Konflikte] wie in Afghanistan glaubten Politik | |
| und Militärführung, auf eine leistungsstarke Flugabwehr verzichten zu | |
| können. Der Gepard verschwand aus dem Inventar. Die Heeresflugabwehr wurde | |
| 2012 sogar ganz aufgelöst. Die Verteidigung der eigenen Bodentruppen gegen | |
| Luftangriffe ging als Nebenaufgabe an die Luftwaffe. | |
| Schon zwei Jahre später mit der Krim-Annexion und der Rückkehr eines | |
| möglichen Großkampfs gegen eine Hauptmilitärmacht wie Russland erwies sich | |
| das De-facto-Abschaffen der Flugabwehr als schwerer Missgriff. Bis heute | |
| steht ein Wiederaufbau in der Bundeswehr aus. Bei der Luftwaffe fristet die | |
| mobile Flugabwehr ein Schattendasein, mit kümmerlichen 19 Systemen | |
| „Ozelot“. Das sind Minikettenfahrzeuge vom Typ „Wiesel“ mit der | |
| Flugabwehrrakete Stinger. | |
| ## Schon in den 2000ern wurde in Rumänien ausgebildet | |
| Ein Kontingent von 43 Geparden gab die Bundeswehr bereits in den frühen | |
| 2000er Jahren an Rumänien ab und bildete dort die ersten Besatzungen aus. | |
| Dabei ging es nicht nur um die Mannschaften, sondern vor allem auch um die | |
| Mechaniker. Die gesamte Ausbildung wurde in neun Monaten abgewickelt, | |
| erfuhr die taz von Wolfgang Sommer, der als Oberstabsfeldwebel damals die | |
| Ausbildung für die Rumänen plante und leitete. Die rumänischen Streitkräfte | |
| bilden mit ihren Geparden inzwischen zwei Flugabwehrbataillone. Diese sind | |
| seit Jahren ein wichtiges Element für die Flugabwehr bei den | |
| Nato-Gefechtsverbänden, welche die sogenannte Vorwärtspräsenz im Baltikum | |
| bilden. | |
| Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) wiederum verkaufte einige | |
| Geparden an Katar und Brasilien. Beide Länder setzen das System ein, um | |
| Veranstaltungen in urbanen Räumen, wie die Fußballweltmeisterschaft, | |
| [3][vor möglichen Attacken mit Drohnen zu schützen]. | |
| Der Schutz vor unbemannten Flugkörpern ist der neue Fixpunkt für die mobile | |
| Flugabwehr im Nahbereich. Hier ist die Bundeswehr nahezu völlig blank, | |
| gerade gegen Minidrohnen. Im kommenden Jahr übernimmt Deutschland die | |
| Führung des Haupteinsatzverbandes der Nato – bekannt unter seinem | |
| englischen Akronym VJTF. Um hier Kleinstdrohnen abwehren zu können, schafft | |
| sich die Bundeswehr ein Notbehelf. Es werden ein paar Radpanzer Boxer mit | |
| Gra-natmaschinenwaffen gerüstet, um Kleinstdrohnen zerschießen zu können. | |
| Heeresinspekteur Alfons Mais bekannte jedoch, dass die Flugabwehr zur VJTF | |
| 2023 nur in „abgestufter Qualität“ erreicht werde. | |
| In den Planungen für die Schließung der Fähigkeitslücke wurde eine | |
| Reaktivierung der Geparden durch die Bundeswehr geprüft, dann aber | |
| verworfen. So berichtet es Markus Richter im Gespräch mit der taz. Richter | |
| ist als Ex-Ausbilder am Gepard Spezialist für Flugabwehr. Bekannt ist er | |
| als „Gepardtatze“ auf Twitter, wo er Flugabwehr-Themen analysiert. | |
| Schwachpunkte seien die fehlende Vernetzung sowie der Neuaufbau der | |
| Ersatzteillogistik und damit verbundene hohe Kosten gewesen. Durch die | |
| Auflösung der Heeresflugabwehr hatte die Bundeswehr zudem für eine rasche | |
| Erosion des Personals mit Fachwissen zum Gepard gesorgt. | |
| ## Mindestens ein Bataillon für die Ukraine | |
| Die Gepard-Nachfolge zu beschaffen und entsprechende Einheiten aufzustellen | |
| soll über zwei Projekte bis 2032 umgesetzt werden. Ob das Sondervermögen – | |
| wenn verabschiedet – hier beschleunigt, muss sich noch zeigen. Das erste | |
| Projekt hat den Fokus auf die Abwehr von Kampfjets, Hubschraubern und | |
| großen Drohnen. Laut Luftwaffen-Planung ist hierfür der Lenkflugkörper | |
| IRIS-T basierend, der als Luft-Luft-Variante bereits in der Bundeswehr | |
| eingeführt ist. Zu den Trägerfahrzeugen wird noch keine Aussage getroffen. | |
| Über das zweite Projekt soll zudem die Abwehr kleiner Drohnen und | |
| indirekten Feuers wie durch Raketen und Mörsergeschosse umgesetzt werden. | |
| Zu dortigen Systemen hält sich die Luftwaffe noch bedeckt. Da es hier um | |
| die Bekämpfung massenhafter Kleinziele geht, ist klar, dass hier wieder | |
| eine Kanonenlösung ansteht, die mit hoher Kadenz Splittermunition in die | |
| Luft pumpen kann. Der Rüstungskonzern Rheinmetall lobbyiert hier seit | |
| Langem für seinen „Skyranger“ – einen neuen Flugabwehrpanzer mit | |
| Revolverkanone. | |
| Mit 30 Geparden könnten die Ukrainer mindestens ein Bataillon aufstellen, | |
| so Flugabwehr-Experte Richter. Die Depot-Geparden für die Ukraine muss KMW | |
| erst aufbereiten, außerdem muss der Konzern ein Wartungspaket aus | |
| Spezialwerkzeug für die Instandsetzung zusammenstellen. Auch die Ausbildung | |
| wird die Industrie übernehmen. Die Bundeswehr hat diese Kompetenz nicht | |
| mehr, [4][machte Generalinspekteur Eberhard Zorn im Podcast „Aus | |
| Regierungskreisen“ deutlich.] | |
| ## Das Problem mit der Munition | |
| Die Ukraine steht vor einem Dilemma: Auf der einen Seite muss sie Waffen | |
| rasch zum Einsatz bringen, auf der anderen Seite senkt eine hastige | |
| Einführung deren Einsatzwert. „Bei motivierten Flugabwehr-Soldaten der | |
| Ukraine, die schon über ihr Gerät die Einsatzgrundsätze beherrschen, ist | |
| eine Ausbildung von sechs bis acht Wochen machbar“, sagt Richter. Ob die | |
| Industrie auf der technischen Seite mithalten kann, ist fraglich. Der | |
| Teufel liegt im Detail. So ist die Eingabemaske am Bedienpult der Geparden, | |
| die für die Ukrainer vorgesehen sind, auf Deutsch. Wie für Katar oder | |
| andere Kunden muss diese von KMW erst angepasst werden. „Je nachdem, wie | |
| gut Ausbildung und technische Bereitstellung ablaufen, dürfte es bis zur | |
| Einsatzbereitschaft zwischen zwei und fünf Monate dauern, meint | |
| Gepard-Fachmann Richter. | |
| Ein weiteres Problem ist der Aufbau einer belastbaren Munitionslogistik für | |
| die Ukraine-Geparden. Hier hat KMW noch keine Lösung. Der Versuch einer | |
| raschen Ausstattung über die Schweiz scheiterte. Dort ist der deutsche | |
| Rüstungskonzern Rheinmetall mit seiner Tochter RWM Schweiz AG ein | |
| wesentlicher Produzent der entsprechenden 35-Millimeter-Munition. Doch Bern | |
| verweigert die Lieferung oder Weitergabe von Munition in das Kriegsgebiet | |
| Ukraine mit Verweis auf die Neutralität der Schweiz. | |
| 18 May 2022 | |
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| [4] https://www.bundesregierung.de/breg-de/mediathek/podcast-aus-regierungskrei… | |
| ## AUTOREN | |
| Björn Müller | |
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