# taz.de -- EU-Gelder für Polen: Zu frühe Zugeständnisse | |
> EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt Polen Geld in | |
> Aussicht. Damit gibt sie vorschnell ihr Druckmittel aus der Hand. | |
Bild: Mit Zusagen nach Polen: Kommissionspräsidentin von der Leyen am 31. Mai … | |
Man könnte es eine vorauseilende Belohnung Polens nennen. Nichts anderes | |
ist die frohe Botschaft, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen | |
am Donnerstag in Warschau verkündet hat. Bis zu 36 Milliarden Euro aus dem | |
Corona-Aufbaufonds könnten jetzt doch noch an Polen fließen, weil sich die | |
nationalpopulistische Regierungspartei [1][PiS] vorgenommen hat, auf den | |
Pfad der Rechtsstaatlichkeit zurückzukehren – vorgeblich. | |
Die Disziplinarkammer, Kernstück der seit Jahren umstrittenen | |
[2][Justizreform] und ein probates Mittel zur Abstrafung oder Entfernung | |
politisch unliebsamer Richter, soll abgeschafft werden. Doch bislang ist | |
nicht klar, was an ihre Stelle tritt. Am Ende könnte sich herausstellen, | |
dass das angebliche Einlenken der PiS nur Kosmetik ist. | |
Trotzdem ist von der Leyen, ungeachtet aller Kritik auch aus ihrer eigenen | |
Behörde, bereit, in Vorleistung zu gehen und sich ein Druckmittel aus der | |
Hand nehmen zu lassen. Das Kalkül dahinter ist offensichtlich: Polen gehört | |
zu den Ländern, die bislang am meisten Geflüchtete aus der Ukraine | |
aufgenommen haben. Auch mit Waffenlieferungen an den Nachbarn ist Warschau | |
nicht kleinlich. | |
Jetzt, da es darum geht, eine gemeinsame Front gegen Russland zu bilden, | |
zieht Warschau mit Brüssel plötzlich mehr oder minder an einem Strang – | |
nicht unwichtig angesichts der Kriegslage in der Ukraine und des Drucks, | |
in Europa geeint aufzutreten. Doch daraus den Schluss zu ziehen, man müsse | |
Warschau beim Thema Rechtsstaat um jeden Preis entgegenkommen, ist falsch. | |
Bestes Beispiel: Ungarns Regierungschef [3][Viktor Orbán]. Der engste | |
Verbündete des russischen Präsidenten Wladimir Putin blockiert bislang | |
erfolgreich die EU-Sanktionen gegen Russland- und hat dafür gesorgt, dass | |
auch das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., | |
nicht sanktioniert wird, der Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine | |
rechtfertigt und unterstützt. Damit stellt sich dringlicher denn je die | |
Frage, wie die EU, so sie ihre eigenen Werte noch ernst nimmt, weiter mit | |
Orbán zu verfahren gedenkt. Die Nachsicht mit Polen lässt nichts Gutes | |
ahnen. | |
2 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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