Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Israel-Palästina-Konflikt: Journalistin in Jenin erschossen
> Eine Al-Jazeera-Journalistin wird im Westjordanland getötet. Augenzeugen
> berichten, dass Israels Militär schoss; die beschuldigen militante
> Palästinenser.
Bild: Palästinenserinnen protestieren mit Plakaten für die getötete Journali…
Tel Aviv taz | Eine palästinensische Journalistin des Nachrichtensenders
[1][Al Jazeera] wurde am Mittwochmorgen in einem Flüchtlingslager in Jenin,
im Norden des Westjordanlands, getötet. Sie berichtete dort über eine
Razzia des israelischen Militärs.
Die genauen Umstände, in denen die 51-Jährige Shireen Abu Akleh getötet
wurde, sind bislang noch ungeklärt. Ein [2][weiterer Journalist], der für
die Zeitung Al Quds in Jenin war, wurde in den Rücken geschossen, ist aber
in stabilem Zustand.
Die aus Jerusalem stammende Abu Akleh arbeitete seit 1997 für Al Jazeera,
ein weltweit operierendes Medienunternehmen mit Sitz in Katar. Durch ihre
Fernsehberichte aus den palästinensischen Gebieten war sie für die
Zuschauer:innen von Al Jazeera ein bekanntes Gesicht.
## Palästinenser:innen und Israelis schieben sich gegenseitig die
Schuld zu
Das palästinensische Gesundheitsministerium sagte, Abu Akleh wurde durch
Kugeln des israelischen Militärs getötet. Israel trage „die volle
Verantwortung“ für den Tod von Abu Akleh, ließ Palästinenserführer Mahmoud
Abbas verlauten. Auch der Nachrichtenkanal Al Jazeera selbst bezeichnete
den Vorfall als „Mord, der gegen internationale Gesetze und Normen
verstößt“, durchgeführt durch die „israelischen Besatzungstruppen“.
Das israelische Militär hingegen [3][twitterte], dass der Vorfall
untersucht und die Möglichkeit geprüft wird, dass die Journalist:innen
von Kugeln palästinensischer Bewaffneter getötet wurden. Das israelische
Außenministerium [4][veröffentlichte am Mittwoch Morgen ein Video], in dem
ein palästinensischer Bewaffneter einen Schuss abgibt. „Sie haben einen
getroffen, sie haben einen Soldaten getroffen, er liegt auf dem Boden“,
hört man einen Palästinenser auf Arabisch sagen. „Doch kein israelischer
Soldat wurde in Jenin getroffen“, twitterte das Außenministerium dazu:
„Palästinensische Terroristen, die wahllos schießen, haben wahrscheinlich
die Journalistin Shireen Abu Akleh getroffen.“
Ein Sprecher des israelischen Militärs bestärkte diese Position gegenüber
der israelischen Nachrichten-Sendeanstalt Kan: „Ich glaube nicht, dass wir
sie getötet haben. Wir haben den Palästinensern vorgeschlagen, eine rasche
gemeinsame Untersuchung einzuleiten. Wenn wir sie tatsächlich getötet
haben, werden wir die Verantwortung übernehmen, aber das scheint nicht der
Fall zu sein.“
Eine [5][Augenzeugin, die mit Al Jazeera sprach], zeichnete ein anderes
Bild des Vorfalls. Shata Hanaysha habe neben Abu Akleh gesessen, als sie
erschossen wurde.„Wir trugen alle Schutzwesten und Helme“, wird Shata
Hanaysha von Al Jazeera zitiert: „Wir waren vier Journalisten in einem
exponierten Gebiet. Es gab keine Konfrontationen oder Schüsse von
palästinensischen Kämpfern.“ Die israelische Armee sei vor ihnen
stationiert gewesen, sagte Hanaysha, und hinter ihnen sei eine Mauer
gewesen. „Die Besatzungsarmee hörte nicht auf zu schießen, selbst nachdem
sie [Abu Akleh] zusammengebrochen war“, ergänzte sie.
## Gemeinsame Untersuchung soll Abu Aklehs Tod aufklären
Der amerikanische Botschafter in Israel regte eine unabhängige Untersuchung
des Vorfalls an, auch angesichts der Tatsache, dass die getötete
Journalistin [6][auch US-Staatsbürgerin war].
Der israelische Außenminister Yair Lapid [7][erklärte], Tel Aviv biete eine
„gemeinsame pathologische Untersuchung“ des „traurigen Todes“ von Abu A…
an. Er fügte hinzu, dass „Journalisten in Konfliktgebieten geschützt werden
müssen“. Ob eine solche pathologische Untersuchung stattfinden wird, ist
offen.
Der Vorfall erinnert an den Tod des Photo- und Videojournalisten [8][Yasser
Murtaja]. Er wurde erschossen, als er im April 2018 über Proteste im
Gazastreifen berichtet. Auch er war durch seine Presse-Weste als Journalist
identifizierbar.
Derzeit befindet sich die Leiche in den Händen der
Palästinenser:innen und wird laut vorläufigen Informationen
palästinensischer Journalist:innen am Donnerstag zum Sitz des
Palästinenserpräsidenten Abbas in Ramallah gebracht. Die Beerdigung soll
ebenfalls für Donnerstag angesetzt sein.
## Jenin ist zunehmend im Fokus des israelisch-palästinensischen Konflikts
Die Stadt Jenin im nördlichen Westjordanland steht zunehmend im Fokus des
sich immer mehr aufheizenden Konflikts zwischen den
Palästinenser:innen und Israel.
Einige der Attentäter, die in den vergangenen Wochen Anschläge in Israel
verübt haben, kamen aus Jenin oder Umgebung. Unter ihnen auch zwei, die am
vergangenen Donnerstag drei Israelis mit Axt und Messer in [9][Elad]
getötet haben. Seit Beginn der Reihe von Anschläge hat das israelische
Militär immer wieder Razzien in Jenin durchgeführt, so auch am vergangenen
Mittwoch.
Während Israel die Stadt als Drehscheibe für terroristische Aktivität
betrachtet, gilt Jenin in den Augen vieler Palästinenser:innen als
Stadt des Widerstandes, allem voran das etwa einen [10][halben
Quadratkilometer] große Flüchtlingslager.
11 May 2022
## LINKS
[1] https://www.aljazeera.com/news/2022/5/11/veteran-al-jazeera-journalist-kill…
[2] https://twitter.com/AJEnglish/status/1524318184060379136?s=20&t=eh64u8j…
[3] https://twitter.com/IDF/status/1524259584508108801?s=20&t=eh64u8jb2uLmH…
[4] https://twitter.com/IsraelMFA/status/1524307531555872769?s=20&t=eh64u8j…
[5] https://www.aljazeera.com/news/2022/5/11/veteran-al-jazeera-journalist-kill…
[6] https://twitter.com/BarakRavid/status/1524293392473198594?s=20&t=eh64u8…
[7] https://twitter.com/yairlapid/status/1524268278297903104?s=20&t=5rc237E…
[8] https://www.theguardian.com/global-development/2018/apr/09/yasser-murtajas-…
[9] /Terrorwelle-in-Israel/!5853083
[10] https://www.unrwa.org/where-we-work/west-bank/jenin-camp
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Westjordanland
Palästina
Israel
Schwerpunkt Pressefreiheit
GNS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Palästinensergebiete
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Westjordanland
Apartheid
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tod einer Reporterin im Westjordanland: Kreuzfeuer oder gezielte Tötung
Auch ein Jahr nach dem Tod der arabischen Journalistin Shireen Abu Akleh
ist noch immer umstritten, wie es dazu kam.
Tod einer Reporterin im Westjordanland: Nicht vorschnell urteilen
Schuldzuweisungen im Fall der Todesschüsse auf die Al-Jazeera-Reporterin
sind fehl am Platz. Eine Untersuchung sollte die Verantwortung klären.
Tod einer Journalistin in Jenin: Israelische NGO liefert neue Belege
Israels Militär hatte nach dem Tod der Journalistin erklärt, dass wohl
militante Palästinenser sie erschossen hätten. Die NGO B'tselem hält
dagegen.
Israelisch-Palästinensische Gesellschaft: „Wir teilen den gleichen Schmerz“
Am Yom HaZikaron gedenkt Israel seiner getöteten Bürger:innen,
Palästinenser:innen bleiben außen vor. Ein alternativer Gedenktag
gibt beiden Seiten Raum zum Trauern.
Streit um Israel: Die, die es betrifft
Als Amnesty die Palästinapolitik Israels „Apartheid“ nannte, war die
Empörung riesig. Eine Reise zu Menschen, die das leben, worüber andere
streiten.
Menschenrechtler zu Gefechten in Nahost: „Ganze Familien kamen um“
Human Rights Watch wirft Israel „offenkundige Kriegsverbrechen“ im Krieg
gegen die Hamas im Mai vor. Menschenrechtler Gerry Simpson erklärt, warum.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.