# taz.de -- Studie zur Linkspartei: Viel Potenzial mit großem Aber | |
> Fast jede:r Fünfte könnte sich vorstellen, die Linke zu wählen – sagt | |
> eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Doch dazu müsste sie sich | |
> verändern. | |
Bild: 18 Prozent? Viele schrecken die außenpolitischen Positionen der Linken ab | |
BERLIN taz | Ist die Linke eine Partei der Vergangenheit oder hat sie noch | |
eine Zukunft? Nach den Wahldebakeln der jüngsten Zeit ist die | |
Verunsicherung in [1][der zerzausten Partei] groß. Nun macht ihr eine | |
[2][Studie der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung] (RLS) Mut – zeigt aber | |
auch, was potenzielle Wähler:innen davon abhält, sie zu wählen. | |
Die Studie basiert auf einer repräsentativen Umfrage des | |
Meinungsforschungsinstituts Kantar, bekannt unter dem früheren Namen Emnid, | |
das 2.300 Personen in Ost und West zu ihrem Verhältnis zur Linkspartei | |
befragt hat. Das bemerkenswerteste Ergebnis: Das Potenzial derjenigen, die | |
sich vorstellen können, die Linke zu wählen, liegt trotz ihrer tiefen Krise | |
gegenwärtig bei 18 Prozent. Das entspräche etwa 10,8 Millionen | |
Wahlberechtigten. Tatsächlich gaben bei der Bundestagswahl weniger als 2,3 | |
Millionen Menschen der Linkspartei ihre Stimme. | |
Woher kommt die große Differenz? Zentraler Grund sind laut Umfrage die | |
außenpolitischen Positionen der Linkspartei, die viele abschrecken. Das | |
gilt besonders für jene, die sich bei der Bundestagswahl stattdessen für | |
die SPD oder die Grünen entschieden haben. Noch gravierender ist die | |
Außenpolitik für diejenigen, die im vergangenen September die Linke gewählt | |
haben, das aber zurzeit nicht mehr tun würden – eine Folge des | |
Ukrainekriegs, [3][der alte Gewissheiten ins Wanken gebracht hat]. | |
Gleichzeitig werden nach wie vor gerade die friedenspolitischen Positionen | |
der Partei als Grund für ihre Wahl genannt. Entscheidend dürfte also sein, | |
ob es der Linkspartei gelingt, ihre ideologische Erstarrung in der | |
Außenpolitik zu überwinden, ohne die friedenspolitischen Grundlagen | |
aufzugeben. Kein einfaches Unterfangen. | |
Ebenfalls ein gravierender Wahlhinderungsgrund ist der [4][Zustand der | |
Linkspartei], die als zu zerstritten wahrgenommen wird. „Es müssen Wege | |
gefunden werden, um eine gemeinsame Ausstrahlungskraft und Glaubwürdigkeit | |
zurückzugewinnen“, konstatiert Mario Candeias, Direktor des Instituts für | |
Gesellschaftsanalyse der RLS und Autor der Studie. Voraussetzung dafür sei | |
„die Lösung der internen Probleme und die Befriedung der harten internen | |
Auseinandersetzungen in der Partei“. | |
## Größtes Potenzial bei Menschen mit niedrigem Einkommen | |
Nicht überraschend hat die Linkspartei ihr höchstes Potenzial bei Personen | |
mit niedrigem Einkommen: In Haushalten mit einem Nettomonatseinkommen bis | |
1.500 Euro können sich 22 Prozent vorstellen, die Linke zu wählen, in | |
Haushalten mit einem Einkommen bis 2.500 Euro sind es sogar 24 Prozent. | |
Interessant: Keinen relevanten Unterschied macht es, ob die Menschen im | |
urbanen Raum leben oder in kleineren Orten. | |
Für eine mögliche Wahl der Linkspartei ist deren „hohes soziale Engagement�… | |
und ihr „Einsatz für soziale Gerechtigkeit“ ausschlaggebend. So betrachten | |
potenzielle Wähler:innen quer durch alle Einkommens- und Altersklassen | |
Maßnahmen gegen die Verringerung von Einkommens- und Vermögensungleichheit | |
auffällig häufig als wichtig. | |
Fast ebenso wichtig sind ihnen aber auch konkrete Maßnahmen zum Schutz des | |
Klimas in Verbindung mit einem sozialen Ausgleich. Dabei befürworten | |
Geringverdiener:innen solche sozialökologische Forderungen am | |
stärksten. Entgegen gängiger Vorurteile wird die sozialökologische | |
Transformation also nicht nur von urbanen Mittelschichten mit gutem | |
Einkommen als wichtige Frage begriffen. | |
Die Studie zeige deutlich, „dass es keinen Sinn ergibt, soziale Fragen und | |
Klimaschutz gegeneinander zu diskutieren oder gar Milieus gegeneinander | |
auszuspielen“, kommentierte [5][Linken-Vorsitzende Janine Wissler] das | |
Studienergebnis gegenüber der taz. | |
Tatsächlich wünscht sich eine deutliche Mehrheit von 61 Prozent der | |
potenziellen Linken-Wähler:innen von der Partei, sie solle sich | |
gleichrangig für gute Arbeit und Klimaschutz einsetzen. „Hier haben wir | |
gute Konzepte, aber diese bestimmen bisher noch nicht das Profil und Image | |
der Partei“, sagte Wissler. Das wolle sie mit „einem starken neuen | |
Führungsteam“ angehen. | |
Am Wochenende hatte die 41-jährige Hessin angekündigt, auf dem Parteitag | |
Ende Juni in Erfurt [6][erneut für den Vorsitz zu kandidieren]. Wisslers | |
Quintessenz: „Die Studie zeigt das vorhandene Potenzial, wir haben es | |
selbst in der Hand.“ | |
23 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Zukunft-der-Linkspartei/!5846591 | |
[2] https://www.rosalux.de/publikation/id/46565/eine-partei-mit-zukunft-die-lin… | |
[3] /Linkspartei-in-der-Existenzkrise/!5845373 | |
[4] /Brandbrief-von-Linken-Landesvorsitzenden/!5854257 | |
[5] /Janine-Wissler-ueber-die-Krise-der-Linken/!5852240 | |
[6] /Neuwahl-der-Linken-Parteispitze/!5853463 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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