# taz.de -- Drohendes Ende des Abtreibungsrechts: Proteste in vielen Orten der … | |
> In den USA gibt es Proteste gegen das drohende Aus des Abtreibungsrechts. | |
> Der konservative Gouverneur von Oklahoma schafft derweil Fakten. | |
Bild: Protest vor dem Supreme Court in Washington am Montag | |
WASHINGTON dpa | Aus Protest gegen befürchtete weitreichende | |
Einschränkungen des Rechts auf Abtreibung in den USA sind in mehreren | |
Städten des Landes Menschen auf die Straße gegangen. | |
In Los Angeles hätten zunächst rund 250 Menschen friedlich vor einem | |
Gerichtsgebäude in der Innenstadt protestiert, teilte die Polizei mit. Dann | |
habe eine Gruppe aber eine Kreuzung besetzt. Bei dem Versuch, die Straße zu | |
räumen, seien Steine und Flaschen auf die Einsatzkräfte geworfen und ein | |
Beamter verletzt worden. | |
Die Polizei in der gesamten Stadt wurde in erhöhte Bereitschaft versetzt, | |
wie es weiter hieß. Medienberichten zufolge setzten die Beamten nahe dem | |
Pershing Square Schlagstöcke gegen einige der Demonstranten ein. Festnahmen | |
habe es zunächst nicht gegeben. | |
Proteste wurden auch aus anderen Städten wie Washington, Atlanta, Austin, | |
San Francisco und New York gemeldet. In Manhattan kamen Tausende Menschen | |
am Foley Square zusammen. | |
## Generalstaatsanwältin bekennt sich | |
Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James machte bei der | |
Kundgebung publik, dass sie selbst vor rund 20 Jahren einen | |
Schwangerschaftsabbruch habe vornehmen lassen. Auf Plakaten stand unter | |
anderem „Frauenfeindlichkeit tötet mehr Menschen als Abtreibung“ oder | |
„Stoppt den Krieg gegen Frauen“. | |
Vizepräsidentin Harris kritisierte auf einer Konferenz in Washington den | |
Entwurf der Urteilsbegründung der Richter. „Wie können sie es wagen, zu | |
versuchen, Frauen ihre Rechte und Freiheiten zu verweigern“, sagte sie. Die | |
Rechte der Frauen in den USA würden angegriffen. „Lasst uns mit allem, was | |
wir haben, kämpfen“, forderte sie. | |
Am Montagabend hatte das [1][Magazin Politico] den Entwurf einer | |
Urteilsbegründung des Obersten US-Gerichts veröffentlicht, wonach das | |
liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt werden soll. Das Dokument | |
löste in der Regierung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden und in | |
liberalen Teilen der Bevölkerung heftige Empörung aus. | |
Der Supreme Court bestätigte zwar inzwischen die Authentizität des | |
Entwurfs, betonte aber, dass es sich weder um die finale Entscheidung noch | |
um die endgültige Position irgendeines Richters handele. | |
## Supreme Court sucht Informationsleck | |
Mit einer endgültigen Entscheidung des Gerichts wird in den nächsten zwei | |
Monaten gerechnet. Es wurde zudem eine Untersuchung eingeleitet, um | |
herauszufinden, wie der Entwurf an die Öffentlichkeit gelang. „Dies war ein | |
einzigartiger und ungeheuerlicher Vertrauensbruch, der einen Affront gegen | |
den Gerichtshof und die hier arbeitenden Staatsdiener darstellt“, | |
kritisierte der Vorsitzende Richter John Roberts. | |
Die Demokraten schrieben in einer Mail an Unterstützer, bei den | |
Kongresswahlen im November gehe es auch um das Abtreibungsrecht. Die Partei | |
warb um Spenden. „Wir werden mit allem, was wir haben, zurückschlagen, um | |
sicherzustellen, dass die Republikaner für die unerbittlichen Angriffe | |
ihrer Partei geradestehen müssen, aber wir können das nicht ohne Sie tun“, | |
hieß es in dem Schreiben. Umfragen zufolge könnte die Mehrheit der | |
Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat gefährdet sein. | |
Inmitten der hitzigen Debatte unterzeichnete Oklahomas Gouverneur Kevin | |
Stitt ein Gesetz zur drastischen Verschärfung der Regelungen in dem | |
Bundesstaat. Der Republikaner schrieb am Dienstag auf Twitter zur | |
Begründung, die vier Millionen Menschen in seinem Bundesstaat seien mit | |
großer Mehrheit für den Schutz des ungeborenen Lebens. | |
## Oklahoma geht texanischen Weg | |
Das „Herzschlag-Gesetz“ Oklahomas ähnelt einer hoch umstrittenen Regelung | |
aus dem Bundesstaat Texas. Es verbietet Schwangerschaftsabbrüche, sobald | |
ein Arzt bei einem Embryo oder Fötus den Herzschlag feststellen kann. Das | |
kann bereits nach rund sechs Wochen sein, wenn manche Frauen noch nicht | |
wissen, dass sie schwanger sind. Das Gesetz erlaubt auch Zivilklagen gegen | |
Personen, die Abtreibungen vornehmen oder Frauen dabei wissentlich | |
unterstützen. | |
Gouverneur Stitt hatte erst im letzten Monat ein Gesetz unterzeichnet, | |
wonach eine Abtreibung in Oklahoma mit bis zu zehn Jahren Haft und einer | |
Geldbuße von bis zu 100 000 US-Dollar geahndet werden kann. Ausnahmen | |
sollen nur gelten, wenn das Leben der werdenden Mutter aufgrund der | |
Schwangerschaft akut in Gefahr ist. Die vorgesehenen Strafen drohen nicht | |
den Schwangeren, sondern dem medizinischen Personal, das Abtreibungen | |
vornimmt. Kritiker gehen US-Medienberichten zufolge juristisch gegen beide | |
Gesetze in Oklahoma vor. | |
Konservative Politiker versuchen seit langem, das als Roe v. Wade bekannte | |
Grundsatzurteil von 1973 zu kippen. Bidens Vorgänger Donald Trump und seine | |
Republikaner im Senat konnten während seiner Amtszeit drei Richter am | |
Supreme Court platzieren, weswegen momentan sechs der neun Richter als | |
konservativ gelten. | |
Mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten haben seither die | |
Abtreibungsregelungen verschärft – in der Hoffnung, dass sie vor dem | |
Supreme Court Bestand haben. Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, | |
das Abtreibungen erlaubt oder verbietet. Auf Grundlage des Roe v. | |
Wade-Urteil sind Abtreibungen in den USA aber mindestens bis zur | |
Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – heute etwa bis zur 24. Woche. | |
4 May 2022 | |
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