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# taz.de -- Psychische Störungen in Sozialen Medien: Stigma und Vorurteil
> Beim Prozess zwischen Johnny Depp und Amber Heard werden psychische
> Diagnosen einseitig öffentlich geteilt. Für Betroffene ist das schädlich.
Bild: Schauspielerin Amber Heard während des Prozesses gegen ihren Ex-Mann Joh…
Wer in den vergangenen Wochen regelmäßig in sozialen Medien unterwegs war,
ist an einem Thema nicht vorbeigekommen: dem Prozess [1][zwischen Johnny
Depp] und Amber Heard. Depp verklagt seine Ex-Frau wegen angeblicher
Falschaussagen zu häuslicher Gewalt. Während der Prozess bisweilen einen
gewissen Unterhaltungswert hat, gruseln mich die ganzen Details, die dort
ans Licht der Öffentlichkeit gelangen.
Beispielsweise wenn es darum geht, wer wem wann und warum ins Bett
geschissen hat. Den Vorwürfen physischer und psychischer Gewalt muss
juristisch nachgegangen werden. Auch die mediale Aufmerksamkeit hat hier
seine Berechtigung, allein um das gesellschaftliche Problembewusstsein zu
schärfen. Aber wie verhält es sich mit psychischen Störungen? Muss die
Allgemeinheit erfahren, welche Diagnose ein*e Gutachter*in stellt? Zur
Erläuterung: Das Anwaltsteam von Depp beauftragte eine Rechtspsychologin,
um ein Gutachten von Heard zu erstellen. Ihre Diagnose: Heard leide an
einer Borderline-Störung sowie an einer histrionischen
Persönlichkeitsstörung.
Persönlichkeitsstörungen werden in drei Hauptgruppen eingeteilt, wobei
sowohl die histrionische als auch die Borderline-Persönlichkeitsstörung der
Gruppe B angehören und mit den Stichworten „dramatisch, emotional,
launisch“ charakterisiert werden. Hier taucht schon ein Problem auf: Wer
nur diese Attribute hört, fällt schnell ein übereiltes Urteil über
Betroffene. In Heards Fall war seitens der Rechtspsychologin von
egozentrischem, theatralischem und manipulativem Verhalten die Rede. Das
kann zutreffen, muss es aber nicht.
Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung „sind oft sehr
feinfühlige, sensible Menschen, die in der Kindheit instabile
Beziehungserfahrungen gemacht haben […]“, sagt Susanne Margreiter, Leiterin
des Wiener Instituts für Psychotherapie. Häufig seien sie durch Missbrauch
oder Gewalterfahrungen traumatisiert. Nicht wenige neigen zu
selbstverletzendem und suizidalem Verhalten.
## Eindimensionale Betrachtung
Wer die Berichterstattung und die sozialen Medien zum Prozess verfolgt,
bekommt den Eindruck, die Sache sei klar: „Heard ist das Monster, er das
Opfer“, so [2][fasst Laila Oudray die eindimensionale Betrachtung des Falls
in der taz zusammen].
Doch diese einseitige Darstellung von Persönlichkeitsstörungen – wie sie
auch im Prozess stattfindet – ist für Betroffene schädlich. Sie verfestigt
Vorurteile und trägt zur Stigmatisierung bei. Auch psychiatrisches
Fachpersonal hat laut einer Studie diese Vorurteile verinnerlicht. Dass
sich Betroffene häufig missverstanden fühlen und dementsprechend keine
Hilfe suchen, ist leider nicht verwunderlich, sollte aber nicht so sein.
Denn Behandlungsmöglichkeiten gibt es und diese können Leben retten. Bloßes
Berichten ohne Einordnung und damit verbundene Vorverurteilungen sind
dagegen fahrlässig.
17 May 2022
## LINKS
[1] /Ueber-Verantwortung-und-Alter/!5846928
[2] /Depp-gegen-Heard-vor-Gericht/!5850663
## AUTOREN
Sophia Zessnik
## TAGS
Kolumne Great Depression
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