Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Auswirkungen von Depressionen auf Lust: Ehrlich und ohne Scham
> Als Anhedonie bezeichnet man den Verlust der Fähigkeit, Freude für Dinge
> zu empfinden. Depressionen können sich auch auf die sexuelle Lust
> auswirken.
Bild: Depressionen können dazu führen, dass betroffene Personen nicht angefas…
Let’s talk about Sex – und Depressionen. Beides schambesetzte Themen, über
die viele eher ungern sprechen. Umso wichtiger, es zu tun, denn an einer
depressiven Episode zu leiden, hat meist unweigerlich Auswirkungen auf das
Sexleben. Als Anhedonie bezeichnet man den Verlust der Fähigkeit, Freude
für Dinge zu empfinden, die vorher noch Freude machten. Sie ist ein
[1][wesentliches Merkmal der depressiven Störung] und kann sich auch auf
die sexuelle Lust auswirken.
In manchen Fällen möchte die betroffene Person gar nicht angefasst werden,
hält die körperliche Nähe zu einem anderen Menschen kaum aus. Für den*die
Partner*in ist das irritierend, und nicht selten belastet das eine
Beziehung ungemein. Frustrierend ist auch, wenn die Lust zwar mental
gegeben ist, der Körper aber nicht mitspielt. Bei Frauen kann es während
depressiver Episoden zu vaginaler Trockenheit und damit verbundenen
Schmerzen beim Penetrationssex kommen. Männer leiden vermehrt an
Erektionsstörungen.
„Das Geschlecht sagt, pass auf: Solange du da oben noch beschäftigt bist
[…] – krieg das erst mal auf die Kette. Und wenn oben alles klar ist,
kannste dich bei mir unten wieder melden“, [2][beschreibt Kurt Krömer]
seine depressionsbedingte Impotenz im Podcast „Danke, gut“ (übrigens eine
absolute Hörempfehlung!). Tatsächlich neigt man schnell dazu, zu
unterschätzen, wie sehr Psyche und Körper miteinander verbunden sind. Mir
kommt es so vor, dass selbst Fachleute dem nicht immer genug Aufmerksamkeit
schenken. Vermutlich auch, weil zu wenig darüber gesprochen wird.
## Keine Reaktion
Als ich unlängst bei meiner Psychiaterin war, um zu besprechen, wie es mir
mit meinem aktuellen Medikament, einem selektiven
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, geht, merkte ich an, dass meine sexuelle
Lust momentan quasi nicht existiere. Die Reaktion war ziemlich ernüchternd,
blieb sie doch weitestgehend aus. Stattdessen bekam ich einfach ein neues
Rezept ausgestellt. Vielleicht hätte ich nicht erwähnen sollen, dass ich
momentan gar keinen (Sexual-)Partner habe, so wirkte es wohl nicht
dringlich genug.
Störungen der Sexualfunktion würden von Ärzt*innen und
Apotheker*innen nicht genug ernst genommen, sagt auch der
Arzneimittelexperte Wolfgang Becker-Brüser im ZDF. Dabei werde durch das
fehlende Empfinden (wenn es denn vorher anders war) die Lebensqualität
stark beeinträchtigt, so Becker-Brüser.
Auslöser für eine sexuelle Dysfunktion muss gar nicht immer die Depression
sein. Auch die Medikamente dagegen können dazu führen, dass man keine Lust
mehr empfindet. Tendenziell finde ich es nicht dramatisch, mal eine Weile
keinen Sex zu haben. Doch spätestens wenn das fehlende Lustempfinden
Probleme verursacht, egal ob in Beziehungen oder bei der
Partner*innensuche, wünsche ich mir wenigstens ein offenes Ohr seitens der
Fachkräfte. Und sei es, dass sie zugeben, keine Ahnung zu haben, und
Betroffene an entsprechende Expert*innen vermitteln.
1 Jun 2022
## LINKS
[1] /Umgang-mit-Depressionen/!5846418
[2] /Kurt-Kroemer-ueber-Rassismus-im-Humor/!5064492
## AUTOREN
Sophia Zessnik
## TAGS
Kolumne Great Depression
Depression
Sex
Sexualwissenschaft
Kolumne Great Depression
Kolumne Great Depression
Kolumne Great Depression
Kolumne Great Depression
Kurt Krömer
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neue Literatur über psychische Krankheit: Der Erkrankung den Schrecken nehmen
Gute Literatur, die sich mit Depression und Co beschäftigt, macht das Thema
auch für Nicht-Betroffene begreifbar. Zwei neuen Büchern gelingt genau das.
Psychotherapeutische Behandlung: Die Suche nach dem kleineren Übel
Einer medikamentösen Behandlung zusätzlich zu ihrer Therapie stehen viele
skeptisch gegenüber. Auch unsere Autorin hat gemischte Gefühle.
Psychische Störungen in Sozialen Medien: Stigma und Vorurteil
Beim Prozess zwischen Johnny Depp und Amber Heard werden psychische
Diagnosen einseitig öffentlich geteilt. Für Betroffene ist das schädlich.
Umgang mit Depressionen: Die endlose Liste des Schämens
Menschen mit Angststörungen oder Depressionen neigen dazu, sich wegen ihrer
Erkrankung zu schämen. Das kostet wahnsinnig viel Energie.
Kurt Krömer über Rassismus im Humor: „Ich weiß, wo ich herkomme“
Von Neukölln nach Afghanistan: Fernsehkomiker Kurt Krömer über seinen
Truppenbesuch, sein Verhältnis zu Heinz Buschkowsky und Rassismus im
deutschen Humor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.