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# taz.de -- Johnny Depp gegen Amber Heard: Widerlicher Hass auf Frauen
> Ein Jahr nach dem Prozess zwischen Johnny Depp und Amber Heard
> entschuldigen sich viele dafür, die Schauspielerin verhöhnt zu haben.
> Leider zu spät.
Bild: Plötzlich trendet der Hashtag #IStandWithAmberHeard
Es gibt ein Thema, über das ich schon länger schreiben wollte, und die
Nachricht, dass [1][Amber Heard] nach Madrid gezogen sein soll, nehme ich
zum Anlass, das endlich zu tun. Erst mal: Good for her, wenn das stimmt,
Madrid ist eine tolle Stadt und Abstand zu Hollywood, Los Angeles und zur
ganzen Filmbranche zu bekommen, ist für sie im Moment bestimmt das Beste,
was sie tun kann. Mir geht es hier aber weniger um Amber Heard denn um die
öffentliche Wahrnehmung von ihr.
[2][Der schreckliche Heard/Depp-Prozess] ist genau ein Jahr her. Ich habe
damals (so gut es ging als Person, die daueronline ist) versucht zu
vermeiden, mir die Videos anzuschauen, zum einen, weil die Details, die
über Johnny Depp zutage kamen, so dermaßen widerlich waren, vor allem aber,
weil die Reaktionen auf Heard so dermaßen widerlich waren.
Es wurde inzwischen viel darüber geschrieben, wie daneben es war, dass sich
so viele Johnny-Stans und Heard-Anti-Fans, andere Promis und Unternehmen
über ein Opfer von Missbrauch und häuslicher Gewalt lustig gemacht haben,
auch ich habe das nach Ende des Prozesses getan, also muss ich das nicht
wiederholen. Wir alle erinnern uns gut genug, es war ja kaum möglich, dem
Thema zu entgehen.
Mir war ehrlich gesagt bereits damals klar, dass viele derjenigen, die
Heard verhöhnten, früher oder später eine 180-Grad-Wendung machen würden.
Ich wusste das nicht, weil ich so ein toller und schlauer Mensch bin,
sondern weil das immer so ist, Geschichte wiederholt sich einfach.
## Digitale Wiedergutmachung
Ich hätte allerdings erwartet, dass es länger dauert, fünf Jahre
vielleicht, und nicht, dass das ein Jahr später schon der Fall ist.
Plötzlich trendet der Hashtag #IStandWithAmberHeard, plötzlich wird die
Schauspielerin als „Mother“ (in bestimmten Szenen das höchste Lob)
bezeichnet, plötzlich feiern die Leute Amber und sagen viele, es täte ihnen
leid, nicht vorher erkannt zu haben, dass Amber das Opfer war und nicht
Johnny.
„Ich schulde euch allen eine Entschuldigung“, schrieb beispielsweise eine
Userin auf Twitter. „Jetzt sehe ich anhand weiterer Beweise, dass Amber
Heard tatsächlich das Opfer war. Und ich bereue alles, was ich letztes Jahr
über den Fall gesagt habe.“
Ich stehe dieser ganzen digitalen Wiedergutmachung zwiegespalten gegenüber.
Einerseits bin ich froh, dass es überhaupt geschieht (und wie gehabt früher
als von mir erwartet), andererseits ist es frustrierend, dass es wieder so
weit kommen musste. [3][Britney Spears], [4][Paris Hilton], [5][Monica
Lewinsky]: So oft wurden Frauen in der Öffentlichkeit aufs Schlimmste
verunglimpft, bis der Gesellschaft irgendwann ihr Verhalten bewusst wurde
und das große Bereuen einsetzte samt dem impliziten Versprechen, so was
würde nie wieder passieren.
Aber der Heard/Depp-Prozess hat gezeigt: Wir haben nichts gelernt. Und
deswegen bleibe ich frustriert. Weil ich nicht glaube, dass wir dieses Mal
dazulernen. Weil es eine nächste Amber Heard geben wird, und eine nächste.
15 May 2023
## LINKS
[1] /Amber-Heard-und-Johnny-Depp/!5858738
[2] /Depp-gegen-Heard-vor-Gericht/!5850663
[3] /US-Popstar-Britney-Spears/!5874859
[4] /Doku-This-is-Paris-ueber-Paris-Hilton/!5714326
[5] /20-Jahre-Lewinsky-Affaere/!5479018
## AUTOREN
Isabella Caldart
## TAGS
Kolumne Gossip Girl
Popkultur
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Sexismus
Machtmissbrauch
Missbrauch
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Schwerpunkt #metoo
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