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# taz.de -- Reden über MeToo: Das Privatleben der anderen
> Wer hat das Recht, Traumata zu Kunst zu verarbeiten? Nur das Opfer oder
> auch Täter? Ein Fall im Literaturbetrieb sorgt für eine Debatte.
Bild: Wer erzählt was? Amber Heard und Johnny Depp bei ihrem Prozess im Mai 20…
Seit ein paar Tagen kann man auf Netflix die Dokuserie „Depp vs. Heard“
streamen; fast zeitgleich erlebt der deutsche Literaturbetrieb einen großen
MeToo-Skandal.
Über den [1][Gerichtsprozess von Amber Heard] und Johnny Depp im Frühjahr
2022 wurde auf allen Kanälen ausführlich berichtet. Über den MeToo-Skandal
im deutschen Literaturbetrieb [2][hat auch die taz berichtet:] Valentin
Moritz hat im von ihm mit herausgegebenen Buch „Oh Boy“, in dem sich 18
Autor*innen kritisch mit (ihrer) Männlichkeit auseinandersetzen, über
einen sexualisierten Angriff von ihm geschrieben.
Jetzt kam raus, dass die Geschichte nicht nur wahr ist (das wird in Text
und Autorenbio, der „die eigene Übergriffigkeit“ eingesteht, stark
angedeutet), sondern dass sein Opfer diese Tat explizit nicht in einem Text
verarbeitet sehen wollte, was Moritz und der Verlag wussten.
Diese Fälle sind anders gelagert und nur schwer miteinander zu vergleichen.
Aber sie werfen beide eine wichtige Frage auf, die wir uns immer wieder
stellen müssen: Wer darf eigentlich welche Geschichte erzählen – gerade
wenn es um traumatische Erlebnisse von Einzelpersonen geht? Mit dem Erbe
von toten Promis wird eh wild umgegangen, was zu katastrophal schlechten
Filmen wie „Blond“ über Marilyn Monroe oder biografisch haarsträubend
falschen wie „Bohemian Rhapsody“ über Freddie Mercury führt. Ich fürchte
allerdings, sich darüber zu ärgern ist verlorene Liebesmüh.
## Sensiblerer Umgang gewünscht
Doch wenigstens mit jenen, die am Leben sind, sollte sensibler umgegangen
werden. Wenn eine Privatperson Nein sagt, ist es wirklich komplett
unverfroren, sie trotzdem zum Zentrum eines Essays zu machen. Und auch das
Privatleben von Personen der Öffentlichkeit gehört uns nicht – und dann den
gleichen Spott, mit dem Amber Heard überzogen wurde, ein Jahr später erneut
auszuschlachten ist in meinen Augen ebenfalls total verwerflich. Ich
verstehe einfach nicht, warum es Leuten nicht in den Kopf geht, dass andere
Respekt verdienen und ihre Traumata nicht medial ausgeschlachtet werden
sollten.
Das hier ist die letzte Ausgabe meiner „Gossip Girl“-Kolumne, und da ist es
passend, dass ich nochmal Anlass hatte, wie schon in der ersten über Amber
Heard zu schreiben. Ich hoffe, ich konnte in diesen zwölf Monaten
vermitteln, dass sich mit Prominenten zu beschäftigen nicht nur schlicht
Klatsch und Tratsch bedeuten muss, sondern dass wir durch die Art, wie
Celebritys auf die Öffentlichkeit reagieren und wie wir wiederum Celebritys
wahrnehmen und behandeln, zugleich viel über uns als Gesellschaft aussagt
und die Richtung, in die wir uns bewegen.
Das kann bei großen Themen wie Rassismus oder Queerfeindlichkeit der Fall
sein oder bei jenen, über die man nicht sofort stolpert. Vielen Dank für
euer Interesse an „Gossip Girl“, wir lesen uns an anderer Stelle wieder!
21 Aug 2023
## LINKS
[1] /Johnny-Depp-gegen-Amber-Heard/!5931836
[2] /Kritik-am-Buch-ueber-kritische-Maennlichkeit/!5950704
## AUTOREN
Isabella Caldart
## TAGS
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