# taz.de -- NATO-Beitritte von Schweden und Finnland: Milanovićs Erpressung | |
> Kroatiens Präsident stellt eine Bedingung für die Aufnahme: Das Wahlrecht | |
> in Bosnien soll sich zugunsten der dort lebenden Kroaten ändern. | |
Bild: Kämpft für ein ethnonational definiertes Wahlgesetz in Bosnien: Kroatie… | |
SPLIT taz | Zoran Milanović, seit 2020 Präsident des Nato- und EU-Mitglieds | |
Kroatien, stellt den Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens infrage. Erst | |
wenn EU und Nato das [1][„Wahlgesetz in Bosnien und Herzegowina“] zugunsten | |
der kroatischen Volksgruppe ändere, könne er grünes Licht für den Beitritt | |
der beiden Länder geben. | |
Damit löste der 56-Jährige Entrüstung in Skandinavien und Stirnrunzeln im | |
Nato-Hauptquartier aus. Denn ohne die Zustimmung aller Nato-Mitglieder ist | |
der Beitritt der skandinavischen Staaten nicht möglich. Zwar registrierte | |
man in Helsinki und Stockholm ein sofortiges Dementi der kroatischen | |
Regierung unter Premierminister Andrej Plenković. Doch Fragezeichen | |
bleiben. Auch die kroatische Regierung tritt für ein ethnonational | |
definiertes Wahlgesetz in Bosnien und Herzegowina ein, weist aber die | |
Erpressungsversuche des eigenen Präsidenten in Bezug auf die Nato zurück. | |
Deren Generalsekretär Jens Stoltenberg bekräftigte am Donnerstag die | |
Beitrittsperspektive für beide Länder. „Wenn sie einen Antrag stellen, | |
werden Finnland und Schweden mit offenen Armen empfangen“, sagte er. | |
Milanovićs Intervention bleibt in Brüssel eine Fußnote. Und doch wirft der | |
Vorgang die Frage auf, wie verlässlich einige der Bündnispartner sind. | |
Denn mit Viktor Orbán gibt es einen weiteren Kandidaten, der Sand ins | |
Getriebe der Nato streuen könnte. Denn die EU droht angesichts der | |
autokratischen Tendenzen des kürzlich wiedergewählten ungarischen | |
Regierungschefs [2][mit einer Kürzung der Subventionen in Milliardenhöhe] | |
für das Land. Das könnte in Budapest zu einer Trotzreaktion führen. | |
## Kroatische und serbische Extremisten sympathisieren mit Putin | |
Ohnehin unterstützt Ungarn auf dem Balkan seit Längerem nationalistisch | |
autokratische Positionen – so in Nordmazedonien und in Bosnien und | |
Herzegowina – und treibt damit einen Keil in die EU-Außenpolitik gegenüber | |
der Region. Mit Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi – der lange als | |
rechte Hand Orbáns galt – hat die EU für die Region einen Vertreter | |
gewählt, der mehr oder weniger offen die Positionen der | |
ethnonationalistischen Radikalen in Bosnien und Herzegowina unterstützt. | |
Mehr noch: Mit der kroatischen Lobby macht er in Brüssel Druck, das | |
Wahlgesetz in dem fragilen Land zugunsten der kroatischen Nationalisten zu | |
verändern. Die kroatische Regierung unter Premier Plenković, Milanović und | |
Orbán ziehen da an einem Strang. | |
Den Extremisten Bosniens kommt entgegen, dass die rechten Kräfte in Europa | |
eine Idee eint: Die „Christen“ Bosniens würden von den „Muslimen“, als… | |
Bosniaken, unterdrückt. Auch viele ausländische Diplomaten in Sarajevo | |
verstehen nicht, dass es die Bosniaken, die Nichtnationalisten und die | |
Minderheiten sind, die europäische Werte in Bosnien und Herzegowina | |
verteidigen. Demgegenüber lehnen die kroatischen und serbischen Extremisten | |
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ab. | |
Im Ukraine-Krieg zeige sich, dass Sarajevo und die Bosniaken aufseiten der | |
Ukraine stünden, während die extremistischen Führer der „Christen“ mit | |
Russlands Präsidenten Wladimir Putin sympathisierten, schreibt der Serbe | |
und bosnische Sozialdemokrat [3][Saša Magazinović] in einem am Donnerstag | |
veröffentlichten Brief an Milanović. Diesem wirft er vor, sich von einem | |
Sozialdemokraten zu einem extremistischen Rechten gewandelt zu haben. Er | |
habe keine Gelegenheit ausgelassen, die bosnische Mehrheitsbevölkerung zu | |
beleidigen, moniert er und hofft, dass Milanović zu seinen linken Wurzeln | |
zurückfinden möge. Dann könnte man auch wieder gemeinsam in Sarajevo Čevapi | |
essen. | |
29 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Kroatien-und-Bosnien-Herzegowina/!5763304 | |
[2] /EU-Sanktionen-gegen-Ungarn/!5847986 | |
[3] https://twitter.com/SasaMagazinovic | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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