Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Afghanische Ortskräfte auf der Flucht: Rettungsanker § 22 AufenthG
> Masoud Azami hat für die Bundeswehr gearbeitet. Er und seine Familie
> haben Hamburg erreicht, endlich. Doch Tausende warten noch in
> Unsicherheit.
Die Kamera wackelt. Hinter dem Autofenster zieht eine karge Landschaft
vorbei, brauner Sandboden, eine Straße im Nirgendwo. Im Auto, auf der
Rückbank sitzt eine Frau mit schwarzem Kopftuch und blauer OP-Maske über
Mund und Nase, ihre Augen sind geschlossen. An ihrer Schulter lehnt ein
Mädchen, auf ihrem Schoß liegen der Kopf eines Jungen und ein Kleinkind.
Ihre Köpfe wackeln im Takt der Fahrt, sie schlafen. „Sie sind alle total
fertig“, sagt eine Männerstimme auf Deutsch.
Es ist der Vater der Familie, Masoud Azami. Er filmt vom Beifahrersitz aus
ihre Fahrt in die Freiheit. In Sicherheit. Aber auch Azami sieht nicht
erleichtert aus. Kleine Augen in einem schlaffen Gesicht.
Es ist Mitte Januar, als Azami das Video aufnimmt, kurz hinter der
afghanisch-iranischen Grenze, schon auf iranischer Seite. Zwei Tage hat er
mit seiner Familie am Grenzposten angestanden. Zusammen mit rund 2.000
anderen Afghanen, umgeben von bewaffneten Taliban. Er habe im vergangenen
halben Jahr häufig Angst gehabt, erzählt Azami drei Wochen später, als er
schon in Deutschland angekommen ist. Aber selten sei seine Angst so groß
gewesen wie an diesen beiden Tagen an der Grenze.
Es war kalt und laut, stundenlang ging es nicht vorwärts. Frauen und Männer
standen in getrennten Reihen, Handys waren verboten. Damit er seine Frau
erreichen konnte, hatte er sein Telefon im Rucksack seines vierjährigen
Sohnes versteckt. Die Nacht haben sie mit all den anderen Wartenden in
einer Ruine verbracht, geschlafen haben sie auf dem Betonboden. Seine
Tochter hat das auf Video aufgenommen. Am nächsten Morgen haben sie sich
wieder angestellt, nach Stunden schaffte es seine Frau zu den Männern an
der Grenze. Die Pässe wurden gestempelt, die Azamis durften gehen.
Auf der anderen Seite der Grenze stieg die Familie in ein Taxi, das sie in
die nächste iranische Provinz brachte und von dort aus weiter nach Teheran.
## Das Versprechen an die Ortskräfte
[1][Masoud Azami] hat acht Jahre lang für die Bundeswehr in Afghanistan
übersetzt. Er ist mit deutschen Soldaten auf Patrouille gefahren, hat die
Ausbildung von afghanischen Polizisten begleitet. Er ist eine jener
Ortskräfte, über die die frühere CDU-Verteidigungsministerin Annegret
Kramp-Karrenbauer gesagt hat, es gebe das „ganz klare Commitment, dass die
rauskommen“. Von den Taliban erhielt er schon 2014 Morddrohungen. Auf seine
Aufnahmezusage aus Deutschland musste er trotzdem lange warten.
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist Afghanistan in den
Hintergrund gerückt. Medien berichten nur noch selten. Der
Untersuchungsausschuss, der im Frühjahr starten und Deutschlands Rolle in
dem Krieg beleuchten sollte, wurde verschoben. Weil das Auswärtige Amt mit
dem Ukraine-Krieg beschäftigt ist, soll er erst nach der Sommerpause
beginnen.
Dabei hat sich die Lage in dem Land in den letzten Monaten extrem
verschlechtert. Tausende Menschen hungern, die Taliban schränken die
Freiheit von Frauen und Mädchen weiter ein. An Männern, die mit
ausländischen Militärs zusammengearbeitet haben, nehmen die Islamisten
brutal Rache. Die Bundesregierung hat eingeräumt, dass „einzelne“
Afghan*innen, die eine Aufnahmezusage für Deutschland hatten, aber noch auf
ihre Ausreise nach Deutschland gewartet haben, zu Tode gekommen sind.
Die taz hat mehrfach über [2][Masoud Azami berichtet] – im August, als er
im Gedränge vor dem Kabuler Flughafen hoffte, dass ihn eines der letzten
Bundeswehrflugzeuge mitnimmt. Im Oktober, als Azami sich mit seiner Familie
in Kabul vor den Taliban versteckte und seine Dokumente wieder und wieder
an die Bundeswehr, die Ministerien und Politiker*innen schickte. Im
Dezember, als Azami erfuhr, dass er schon längst in Deutschland sein
könnte, die Bundeswehr aber eine veraltete Telefonnummer von ihm hatte und
ihn nicht erreichte.
Jetzt ist er in Deutschland.
Masoud Azami ist den Taliban entkommen. Seine Geschichte könnte eine
hoffnungsvolle sein, mit Happy End. Aber es ist auch die Geschichte eines
Mannes, der Glück hatte und die richtigen Kontakte.
Er lächelt, als wir uns vor seinem Haus in Hamburg treffen. Es ist Anfang
Februar, in Hamburg weht ein kalter Wind, Azami trägt nur eine dünne Jacke.
„Für eine dickere war kein Platz“, sagt er und zieht die Schultern hoch.
Mit drei Rucksäcken sind sie vor fünf Tagen in Hamburg gelandet, für jedes
Familienmitglied haben sie einmal Wechselsachen dabei und dicke Jacken für
die Kinder.
Früh am Morgen waren sie in Teheran abgeflogen, mit einer Maschine von
Turkish Airlines über Istanbul nach Hamburg. Am Hamburger Flughafen
empfängt sie die Polizei, ein Dolmetscher und eine Mitarbeiterin der Stadt.
In der Halle warten Azamis Schwester und der Mitarbeiter einer
Hilfsorganisation, ein Fernsehteam begleitet sie. Unter Tränen fallen sie
sich in die Arme.
Mit einem Taxi fährt die Familie in ihre neue Wohnung. Ein Neubauviertel am
Rande der Stadt, umgeben von Bahngleisen, einem Naturschutzgebiet und
Kleingärten. Nichts hier erinnert an die trostlosen Hallen, in denen
Hamburg im Sommer die ersten Ortskräfte untergebracht hatte. Die Azamis
beziehen eine Zweizimmerwohnung eines städtischen Sozialunternehmens. Als
sie aus dem Taxi steigen, klebt ihr Name schon an der Klingel und am
Briefkasten.
[3][Masoud Azami] hat Glück, das weiß er. Viele seiner ehemaligen Kollegen
sind noch in Afghanistan. Sie können das Land nicht verlassen, weil sie
keine Aufnahmezusage für Deutschland haben oder keine Pässe, mit denen sie
ausreisen können. Die meisten leben in Verstecken, erzählt Azami. Über
Whatsapp hält er Kontakt zu ihnen. Täglich liest er dort von Männern, die
von den Taliban bedroht werden, deren Familienangehörige verschwinden, die
sich von Deutschland im Stich gelassen fühlen.
## Uneingelöste Versprechen
Die Ampel-Regierung hat im [4][Koalitionsvertrag] versprochen, das
Ortskräfteverfahren zu reformieren, um gefährdete Ortskräfte und ihre
Familien unbürokratischer in Sicherheit zu bringen. Kurz vor Weihnachten
wandte sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an die Ortskräfte in
Afghanistan. „Sie sind nicht vergessen“, sagte sie. Baerbock stellte einen
Aktionsplan vor, der vorsieht, die Ausreisen zu beschleunigen und Hürden
bei der Visavergabe abzubauen.
Baerbock hat die Evakuierung der Ortskräfte zur Priorität gemacht. Das
Team, das die Evakuierung organisiert, wurde direkt der Ministerin
unterstellt. Kurze Wege für schnelles Handeln.
Seitdem hat sich die Zahl der Visa für Afghan*innen enorm gesteigert:
Mehr als 17.000 Visa seien bislang ausgestellt worden, mehr als die Hälfte
davon allein seit Baerbocks Aktionsplan Ende Dezember. Das sind die
Menschen, die Afghanistan bereits verlassen haben und in einer deutschen
Botschaft in einem der Nachbarländer ein Visum bekommen haben. Das heißt
aber nicht, dass sie schon in Deutschland sind. Gut 3.000 Ortskräfte sind
bislang in Deutschland angekommen. Zählt man ihre Familien mit, kommt man
auf gut 14.100 Personen. Dazu kommen noch gut 1.000 Personen und ihre
Familien, die zwar keine Ortskräfte waren, die die Bundesregierung aber als
besonders gefährdet anerkannt hat, Menschenrechtsaktivsten,
Journalistinnen, Richter.
Für Hilfsorganisationen sind diese Zahlen trotzdem eine Enttäuschung. Sie
schätzen, dass die Zahl der Menschen, denen Deutschland die Rettung
schuldet, viel höher ist.
## Private Initiativen helfen in der Not
Quais Nekzai arbeitet für das [5][Patenschaftsnetzwerk afghanischer
Ortskräfte]. Der Verein organisiert privat die Evakuierung von Ortskräften.
320 Menschen hat das Patenschaftsnetzwerk im vergangenen halben Jahr
evakuiert, auch Masoud Azami und seine Familie. „Ohne uns wäre Familie
Azami nicht hier“, sagt Nekzai.
Von Deutschland aus hat er deren Ausreise organisiert: Die Termine bei der
deutschen Botschaft im Iran gemacht, bei einem Reisebüro ihre Visa für den
Iran besorgt, den Flug aus Kabul an die afghanische Grenze gebucht, das
Taxi nach Teheran, das Hotel in Teheran. Nur den Flug nach Deutschland, den
hat die deutsche Entwicklungshilfeorganisation [6][GIZ] gezahlt, sagt Quais
Nekzai. Den Rest habe das Patenschaftsnetzwerk mit Spenden finanziert.
1.200 Dollar koste eine Evakuierung etwa pro Person. Nekzai sagt, das
Patenschaftsnetzwerk brauche dringend öffentliche Gelder, dann könnte es
noch mehr Menschen evakuieren.
Das Patenschaftsnetzwerk hat zusammen mit [7][Pro Asyl] und [8][Kabul
Luftbrücke] im Februar einen Aufruf gestartet. Die Hilfsorganisationen
fordern Direktflüge aus Kabul und Visa on arrival, also Visa, die an
deutschen Flughäfen erteilt werden und nicht wie bisher in den Botschaften
von Afghanistans Nachbarstaaten.
Direktflüge sind zurzeit nicht möglich. In Kooperation mit Katar hatte
Deutschland bis Ende letzten Jahres Menschen aus Kabul über Doha
ausgeflogen. Doch die Taliban haben die Flüge ausgesetzt. Die Idee der Visa
on arrival ist auch nicht neu. Selbst der ehemalige Innenminister Horst
Seehofer (CSU) hatte in den Wirren der Evakuierungsmission im August noch
gesagt, wenn es hart auf hart komme, würden Visa on arrival für Ortskräfte
ausgestellt. Praktiziert wurde das allerdings kaum, unter anderem weil das
Innenministerium die Menschen überprüfen will, bevor sie nach Deutschland
kommen.
Von der Ampel-Regierung ist Quais Nekzai enttäuscht. Seit deren Amtsantritt
habe sich die Situation vieler Ortskräfte kaum verbessert, sagt er. Die
Regeln, wer nach Deutschland kommen darf und wer nicht, seien noch genauso
starr wie unter der alten Regierung. Damit hätten viele Menschen keine
Chance, überhaupt nach Deutschland zu kommen.
Denn eine Aufnahmezusage erhalten in der Regel nur diejenigen, die nach
2013 für die Bundeswehr, das Auswärtige Amt, das
Entwicklungshilfeministerium oder dessen Auftragsorganisation Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gearbeitet haben. Wenn sie aber
beispielsweise bei einem Subunternehmen angestellt waren oder statt eines
Arbeitsvertrags nur einen Werkvertrag besaßen, dürfen sie in den meisten
Fällen nicht nach Deutschland einreisen.
Die alte Bundesregierung hatte diese Regeln beschlossen, die Ampel hält
bislang an ihnen fest.
Einige Afghanen klagen dagegen vor deutschen Gerichten: ein Mann zum
Beispiel, der im Bundeswehr-Camp einen Kiosk betrieben hat und den die
Bundeswehr nicht als Angestellten anerkennt. Oder andere Männer, die für
die GIZ afghanische Polizeikräfte ausgebildet haben, aber nur über einen
Werkvertrag beschäftigt waren.
## Der Weg zur Aufenthaltsberechtigung
In Hamburg hält Masoud Azami seine Aktentasche fest in der Hand. Darin hat
er die Pässe seiner Familie, Anträge, Formulare, Unterlagen für sein neues
Leben. Alles, was sein altes Leben dokumentiert, Arbeitsverträge und
Zeugnisse der Bundeswehr hat er in Afghanistan gelassen. Er hatte Angst,
dass die Taliban sie finden würden.
Heute ist ein wichtiger Tag, sagt Azami und läuft los durch den Februarwind
im Neubaugebiet. Die Spielplätze sind leer, in einigen Fenstern hängt noch
Weihnachtsbeleuchtung. Die „Flüchtlingsstadt“ haben die Hamburger Medien
das Viertel genannt. Jetzt arbeitet die Stadt daran, dass mehr Deutsche
einziehen, für die bessere Durchmischung.
Trotzdem ist das Viertel ganz aufs Ankommen ausgelegt. Das örtliche Café
bietet Beratung für Flüchtlingsfamilien an und Medientraining für Frauen.
Azami kennt Hamburg, von 1997 bis 2005 hat er hier gelebt und gearbeitet.
Als sein Asyl damals endete, ist er zurück nach Afghanistan gegangen. Dort
fing er an für die Bundeswehr zu dolmetschen, er stieg auf, wurde
Schichtleiter, schrieb die Dienstpläne für die anderen Dolmetscher.
In Hamburg hat er Freunde und Verwandte. Azami mag die Stadt, aber die
Menschen hätten sich verändert. „Alle sehen so müde aus.“ Er glaubt, das
liege an Corona.
Masoud Azami hat einen Termin bei seiner Sozialmanagerin, einer
freundlichen Frau. Sie hilft ihm, sich durch die deutsche Bürokratie zu
wühlen. Formular um Formular legt sie ihm vor. Wohnungsgeberbestätigung,
Kostenfestsetzungsbescheid, Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels,
Anmeldung bei der Krankenkasse, Antrag auf ein Sozialticket für den
Nahverkehr. Sie sind vorausgefüllt, Namen, Adresse und Geburtsdaten der
Familie Azami sind akkurat eingetragen.
Azami soll sie prüfen. Er weiß, dass es hier auf Genauigkeit ankommt. Er
setzt seine Brille auf und zieht eine Klarsichthülle mit den Pässen aus der
Tasche. Ziffer für Ziffer vergleicht er deren Nummern mit denen auf den
Formularen. Mit seinem Stift fährt er über das Papier und stoppt: „Das
hier, das ist der wichtigste Punkt“, sagt er und liest vor: „Zweck des
Aufenthalts im Bundesgebiet: Evakuierung aus Afghanistan, [9][§ 22
AufenthG]“.
Mit deutschen Paragrafen kennt sich Masoud Azami kaum aus. Aber den 22er,
den kennt er. Er besagt, dass Azami und seine Familie aus humanitären
Gründen eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland bekommen. Acht Monate hat
er auf diesen Satz gewartet. Jetzt steht er da.
Azami atmet tief ein, dann unterschreibt er.
Drei Jahre darf die Familie nun erst einmal in Deutschland bleiben. Sie
muss kein Asylverfahren durchlaufen, die Eltern dürfen arbeiten, die Kinder
zur Schule gehen. So lange sie kein eigenes Geld verdienen, erhalten sie
Grundsicherung und ihre Wohnung wird bezahlt. Azami will arbeiten und in
eine eigene Wohnung ziehen, so schnell wie möglich. „Meine Kinder sollen
sehen, dass wir hart arbeiten müssen, um für uns selbst zu sorgen“, sagt
er.
Wenige Tage später, da sind die Azamis gerade einmal eine gute Woche in
Hamburg, erhält Azami einen Brief: Seine Tochter hat einen Platz an der
nächstgelegenen Grundschule.
Wenn man Familie Azami in ihren ersten Tagen in Hamburg begleitet, bekommt
man das Gefühl, ihr Aufnahmeprozedere sei eine gut geölte Maschine.
Bürokratisch, aber sie läuft: das Jobcenter, die Schulbehörde, die
Krankenkasse, der Kinderarzt, der die Kinder auf Masern testen soll – alles
greift ineinander.
Und dann beginnt der Krieg in der Ukraine.
Das Auswärtige Amt, die Kommunen, die Medien – alle schwenken um und
richten den Blick auf die Menschen, die aus der Ukraine fliehen. Am
Berliner Hauptbahnhof kommen zeitweise täglich 10.000 Menschen aus der
Ukraine an, in Hamburg sind es bis zu 1000.
## Die Ukrainer kommen
Für die Kommunen ist das eine Herausforderung. Das Amt für Migration in
Hamburg ist durch die vielen Ukrainer*innen teilweise überlastet.
Geflüchtete, die neu in der Stadt sind, müssen sich hier melden. In den
ersten Märzwochen bilden sich lange Schlangen, teilweise harren Menschen
Nächte aus vor dem Amt. Weil Ukrainer*innen vorrangig bearbeitet werden,
müssen andere Geflüchtete zeitweise länger auf ihre Termine warten,
bestätigt das Amt für Migration gegenüber der taz.
Untergebracht werden viele Ukrainer*innen kurzfristig vor allem in
Hotels, Hostels und Turnhallen. Kein Afghane habe deswegen auf eine
Unterkunft verzichten müssen, sagt Susanne Schwendke, Sprecherin des
städtischen Sozialunternehmens Fördern und Wohnen. Knapp 450 Ortskräfte und
deren Familien hat Hamburg bislang aufgenommen. Hamburg sei vorbereitet auf
stark schwankende Flüchtlingszahlen, sagt Schwendke. Aus dem Sommer 2015,
als Tausende Menschen aus Syrien und Afghanistan kamen, habe Hamburg
gelernt, schnell viele Unterkünfte bereitzustellen.
Anfang April wehen blau-gelbe Flaggen in der Kleingartenanlage vor Azamis
Haus. Der Rasen vor seiner Terrasse leuchtet grün in der Frühlingssonne.
Seit zwei Monaten ist Masoud Azami jetzt in Deutschland. Er hat Teppiche
gekauft und damit seine Zweizimmerwohnung ausgelegt. Auf dem Balkon stehen
ein Kinderfahrrad und zwei Roller, im Schlafzimmer stapeln sich Spiele und
Kinderkleidung in Tüten – Spenden aus der Nachbarschaft. Azami hat sich
einen Fernseher gekauft, abends guckt er jetzt manchmal Nachrichten. Aber
die Bilder aus der Ukraine, sagt er, die halte er kaum aus. Die erinnerten
ihn zu sehr an Afghanistan.
„Es geht uns gut“, sagt Azami. Er sieht ausgeruht aus, wacher als noch
Anfang Februar. Seine 11-jährige Tochter ist gerade aus der Schule
gekommen. Seit drei Wochen gehen sie und der neunjährige Sohn auf eine
Grundschule und lernen Deutsch. Der Vierjährige besucht die benachbarte
Kita, Azamis Frau beginnt demnächst einen Deutschkurs. Azami hat beim
Jobcenter angegeben, dass er gern als Busfahrer arbeiten würde: Die Stadt
kennenlernen, mit Menschen zu tun haben, das reizt ihn.
Ein Happy End also, nach der langen Zeit? Masoud Azami überlegt. „Ich hoffe
eher, es wird ein Happy Anfang für meine Frau und meine Kinder.“
Für ihn könne es beides nicht sein – weder Ende noch Anfang. Afghanistan
sei seine Heimat. Er ist froh, nach den schweren Monaten jetzt endlich in
Sicherheit zu sein. Aber er hofft, dass er irgendwann nach Afghanistan
zurückkehren kann, in ein friedliches, demokratisches Land.
9 May 2022
## LINKS
[1] /Schicksal-einer-Ortskraft-in-Afghanistan/!5804025
[2] /Endlich-ein-Anruf-von-der-Bundeswehr-in-Kabul/!5818085/
[3] /Rettung-aus-Afghanistan/!5794135
[4] /Aufnahme-von-Menschen-aus-Afghanistan/!5851590
[5] https://www.patenschaftsnetzwerk.de/
[6] https://www.giz.de/de/html/index.html
[7] https://www.proasyl.de/?gclid=Cj0KCQjw1N2TBhCOARIsAGVHQc4QqZM4kRbjVNb2tCwmM…
[8] https://www.kabulluftbruecke.de/
[9] https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__22.html
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Afghanistan
Ortskräfte
GNS
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ortskräfte der Bundeswehr in Afghanistan: „Ich weiß, dass sie mich suchen“
Vor einem Jahr eroberten die Taliban Afghanistan. Noch immer hat
Deutschland nicht alle ehemaligen Ortskräfte der Bundeswehr gerettet.
Bundesaufnahmeprogramm für Afghanen: Hilfe für die Helfer
Hakim M. und seine Familie beherbergten Ortskräfte in Kabul und gerieten
ins Visier der Taliban. Nach langem Warten könnte Berlin jetzt bald helfen.
Aufnahmeprogramm für Afghanistan: Zu wenige, zu langsam
Der Haushaltsausschuss gibt Gelder frei, um jährlich 5.000 Afghan*innen
aufzunehmen. Pro Asyl und Linksfraktion kritisieren das als unzureichend.
Aufnahme von Menschen aus Afghanistan: Rettung nur für 5.000 im Jahr
Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Koalition Hilfe für gefährdete Menschen
in Afghanistan versprochen. Diese soll mit einer Obergrenze kommen.
Schicksal einer Ortskraft in Afghanistan: „Warum haben sie uns vergessen?“
Masoud Azami war Ortskraft in Afghanistan. Seit Wochen versteckt er sich in
Kabul, hat Angst um sich und seine Kinder. Wie konnte das passieren?
Rettung aus Afghanistan: In der Hölle
Tausende Menschen in Afghanistan haben gehofft, ausfliegen zu können. Viele
von ihnen haben für Deutschland gearbeitet, jetzt sitzen sie fest. Vier
Protokolle.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.