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# taz.de -- Filmabend mit Enteignungsaktivisten: Müde Revolutionäre im Kino
> Immer wieder montags zeigt das Acud-Kino einen Film zum Thema
> Verdrängung. Diese Woche waren Enteignungsaktivisten zum Gespräch mit
> dabei.
Bild: Die Forderung bleibt dieselbe
Berlin taz | Das Acud-Kino am Weinbergspark wurde Montagabend Treffpunkt
frustrierter Revolutionäre. Ungefähr 20 MitstreiterInnen von „Deutsche
Wohnen enteignen“ hatten es sich in den Reihen des kleinen Kinos gemütlich
gemacht, um Fredrik Gerttens Film [1][„Push – Für das Grundrecht auf
Wohnen“] zu schauen. Danach wurde diskutiert und lamentiert mit Rouzbeh
Taheri, Mitbegründer der Kampagne, und der Linken-Abgeordneten Franziska
Brychcy. Vor allem Letztere musste sich dabei einiges anhören.
Jeden zweiten Montag im Monat zeigt das Acud-Kino einen Film zum Thema
Verdrängung. „Push“ folgt Leilani Farha, der UN-Sonderberichterstatterin
für das Menschenrecht auf Wohnen. In allen kapitalgetriebenen
Industriestaaten, von den USA bis Südkorea, findet Farha verdrängte
Mieterinnen, leerstehende Wohnviertel und zu Spekulationsobjekten
verkümmerte Lebenswelten. Der Film ist 2019 erschienen und in Berlin
unterhält sich Farha so noch mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister
Michael Müller. Fast wehmütig lachen die ZuschauerInnen im Kino und nehmen
später auf ihn und den damals anstehenden Mietendeckel Bezug. „Das sei eine
gute Zeit gewesen, in der es Hoffnung gab“, sagt eine.
Heute sieht es anders aus: Die meisten ZuschauerInnen sind frustriert. Fast
60 Prozent haben sie im Volksentscheid erreicht und trotzdem wurde das
Vergesellschaftungsvorhaben auf die lange Bank geschoben. Sie sind wütend
auf die Linke, die die Enteignung nicht zur unumstößlichen Bedingung für
die Koalition gemacht hat. Und sie erzählen, wie schwierig es gewesen sei,
die Leute zu mobilisieren, von denen viele schon lange nicht mehr wählen
gehen. „Ich glaube nicht, dass wir das noch einmal hinkriegen. Die denken
doch jetzt, es bringt eh nichts“, meldet sich eine Frau mit roten Haaren zu
Wort. „Tut es ja auch nicht!“, rufen Leute aus dem Publikum.
Die Begeisterung über die [2][Kommission, die jetzt ein verfassungsmäßiges
Enteignungsgesetz prüfen soll], hält sich gelinde gesagt in Grenzen.
Franziska Brychcy hatte bei den letzten Treffen dafür geworben, dass sich
die Initiative an der Kommission beteiligt. Es sei eine einmalige Chance,
mitzugestalten, meint sie auch jetzt noch. Rouzbeh Taheri sieht das
kritischer: Zwei Verfassungsrechtlerinnen und eine Geografin hat „Deutsche
Wohnen enteignen“ in das Gremium entsendet. Dadurch sei es eine reine
ExpertInnenkommission geworden. Ohne jemanden, der die Realität der
Berliner Mieterinnen vor Ort kennt: „So hat die Juristerei das Ganze
entpolitisiert.“
Die meisten Anwesenden stimmen ihm zu. Sie fürchten, die Initiative würde
durch ihren Platz am Tisch den Druck von außen nicht aufrechterhalten
können. Genau das sei aber dringend notwendig. Da sind sich Taheri und
Brychcy einig. Vor allem Letztere ruft immer wieder dazu auf, dieses Jahr
immer weiter auf die Straße zu gehen. Nur so habe die Linke in der
Regierung genügend Druck, um das Enteignungsgesetz auf den Weg zu bringen.
Aber auch andere wie die Regierende Bürgermeisterin müssten in den Blick
genommen werden. „Giffey muss damit rechnen, dass sie überall, wo sie
auftaucht, an die Entscheidung der Berlinerinnen erinnert wird, die sie
ignoriert“, sagt Taheri. „Mal sehen, ob sie das fünf Jahre durchhält.“
10 May 2022
## LINKS
[1] /Doku-ueber-Immobilienspekulation/!5598296
[2] /Enteignungs-Kommission-in-Berlin/!5844870
## AUTOREN
Hanno Rehlinger
## TAGS
Kino Berlin
Michael Müller
Volksentscheid
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Zweckentfremdungsverbot
Mietendeckel
Mieten
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