Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Haftstrafe für Frankreichs Ex-Premier: Fillon muss ins Gefängnis
> Frankreichs Ex-Premier ist wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe
> verurteilt worden. Seit dessen Skandal taumelt seine konservative Partei
> gen Abgrund.
Bild: Auf dem Weg ins Pariser Gericht: François Fillon im Februar 2020
Paris taz | Das Pariser Berufungsgericht hat in seinem Urteil am Montag den
Schuldspruch gegen den ehemaligen französischen Premierminister François
Fillon und gegen dessen Gattin Penelope bestätigt. Nach dem
Berufungsprozess im November ist Fillon jetzt wegen Unterschlagung
öffentlicher Gelder zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden, davon ein
Jahr ohne Bewährung. Seine Frau erhält zwei Jahre auf Bewährung. Damit
fällt das Strafmaß nur geringfügig milder aus als beim Urteil der ersten
Instanz. Beide waren bei der Urteilsverkündung im Gerichtssaal nicht
anwesend.
Bereits [1][vor der ersten Gerichtsverhandlung] hatte sich Fillon aus der
Politik zurückgezogen. Ende Februar musste er zudem nach dem russischen
Angriff auf die Ukraine auf Druck der Öffentlichkeit auch seine Posten in
den Aufsichtsräten der beiden russischen Erdölkonzerne Sibur und
Zarubezhneft niederlegen.
Im sogenannten Penelopegate wurde Fillon, der als nominierter Kandidat der
Konservativen noch zu Beginn des Jahres 2017 als aussichtsreichster
Kandidat für die Nachfolge des Sozialisten François Hollande galt,
weitgehend diskreditiert.
Erst nach seinem Absturz gelang es seinem bis dahin chancenlosen
Konkurrenten, dem jungen und noch wenig bekannten Ex-Wirtschaftsminister
Emmanuel Macron, als Präsidentschaftskandidat in eine [2][Stichwahl] zu
kommen, die er dann klar gegen die Rechtsextreme Marine Le Pen gewann. Ohne
Übertreibung kann man sagen, dass Macron ohne diese Affäre niemals
Präsident geworden wäre.
Wenige Wochen vor den damaligen Präsidentschaftswahlen publizierte die
Wochenzeitung Le Canard enchaîné eine erste Enthüllung, die den
konservativen Kandidaten Fillon, der bis dahin als klarer Favorit galt, in
ein schiefes Licht stellte. Dem Artikel zufolge hatte Fillon seiner Gattin
Penelope für eine „fiktive“, das heißt inexistente und nicht belegbare
Tätigkeit als persönliche parlamentarische Assistentin mehr als 1 Million
Euro überwiesen. Weitere kompromittierende Publikationen folgten und
bestärkten den Verdacht der Begünstigung und Bereicherung.
## Penelopegate verursachte Krise bei Koservativen
Laut Fillons Aussagen vor Gericht war es vor 2017 durchaus üblich, dass
Abgeordnete der Nationalversammlung Familienangehörige als Assistenten
anstellten. Dies war nicht explizit verboten – als Gegenleistung für das
Gehalt musste aber eine konkrete und belegbare Arbeit erbracht werden, um
den Verdacht auszuräumen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag um einen
bloßen Vorwand handelt.
Weder in der ersten Verhandlung noch im Berufungsprozess gelang es der
Verteidigung des Ehepaars Fillon, glaubwürdige Unterlagen als Beweis für
eine echte Arbeit der Gattin Penelope vorzulegen. Der Fillon-Prozess dient
der Justiz nun dazu, exemplarisch zu definieren, [3][was in diesem Bereich
legal oder illegal ist].
Fillons Absturz wegen des Penelopegates bewirkte auch die Krise seiner
Partei, Les Républicains (LR). Zahlreiche Mitglieder, die sich zur
bürgerlichen Mitte zählen, zogen es in der Folge vor, sich dem neuen
[4][starken Mann] im Zentrum, Emmanuel Macron, anzuschließen. Macrons
erster Premierminister Edouard Philippe, und auch dessen Nachfolger Jean
Castex sowie Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und Innenminister Gérald
Darmanin kamen aus den Reihen der LR.
Nach diesem politischen Aderlass mit zahlreichen Abgängen und
katastrophalen Ergebnissen bei den Wahlen seither befindet sich LR in einer
Existenzkrise. Das besonders schlechte Abschneiden der konservativen
LR-Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse mit nur 4,79 Prozent bei den
[5][Wahlen am 10. April] lieferten die Illustration dafür.
9 May 2022
## LINKS
[1] /Justiz-in-Frankreich/!5665564
[2] /Wahl-in-Frankreich/!5403300
[3] /Parlament-in-Frankreich/!5437921
[4] /Praesidentenwahl-in-Frankreich/!5846148
[5] /Praesidentschaftswahl-in-Frankreich/!5850171
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
François Fillon
Veruntreuung
Konservative
Nicolas Sarkozy
Parlamentswahlen Frankreich
Paris
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Jean-Luc Mélenchon
Schlagloch
Schwerpunkt Emmanuel Macron
## ARTIKEL ZUM THEMA
Parlamentswahl in Frankreich: Wie, Wahl?
Im französischen Präsidialsystem haben die Abgeordneten meist wenig zu
sagen. Dennoch sind die Sitze in der Nationalversammlung begehrt.
Neue Regierung in Frankreich: Macron setzt auf Kontinuität
Der wiedergewählte Präsident Emmanuel Macron gibt seine neue Regierung
bekannt: Viele sind ihm verbunden, Überraschungen gibt es kaum.
Neue Regierungschefin in Frankreich: Erfahren und loyal
Elisabeth Borne wird neue Premierministerin Frankreichs. Zuvor bekleidete
sie verschiedene Ministerposten. Macron dürfte sie nicht in den Schatten
stellen.
Linksbündnis in Frankreich: Aufbruch mit ungewissem Ausgang
Der Linkspopulist Mélenchon möchte in Frankreich Premier werden. Doch sein
Bündnis ist wackelig – und er selbst unter linken Wählern umstritten.
Le Pens Klientel: Die Wut von Franzosen
Europa hat für die sich öffnende Schere von Arm und Reich keine Lösungen.
Statt Wohnungspreise zu regulieren, hält die EU Spekulanten die Tür auf.
Präsidentschaftswahl in Frankreich: Brüssel macht sich Sorgen
Präsident Macron hatte ehrgeizige Ziele für Frankreichs EU-Ratsvorsitz.
Sein knapper Sieg bei der Präsidentschaftswahl könnte das jetzt bremsen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.