# taz.de -- Ukraine in der Gegenoffensive: Soldat soll vor Gericht | |
> Ukraine kündigt Prozess gegen russischen Kriegsgefangenen an. | |
> UN-Menschenrechtsrat hält Sondersitzung über russische Kriegsverbrechen | |
> ab. | |
Bild: Menschen in einer Warteschlange für humanitäre Hilfe in Charkiw, am 11.… | |
BERLIN afp, rtr, taz | Die Ukraine hat einen ersten Kriegsverbrecherprozess | |
gegen einen russischen Soldaten angekündigt. Der 21-jährige Wadim | |
Schischimarin wird beschuldigt, aus einem gestohlenen Auto heraus einen | |
Zivilisten erschossen zu haben. | |
Das Büro der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa in Kiew | |
veröffentlichte ein unscharfes Foto des Beschuldigten. Der 21-jährige | |
Soldat wollte den Angaben zufolge nach einem Angriff auf seinen Konvoi in | |
der nordukrainischen Region Sumy am 28. Februar mit vier Kameraden in einem | |
gestohlenen Auto fliehen. Das Opfer, ein 62-jähriger unbewaffneter | |
Zivilist, war demnach mit seinem Fahrrad unweit seines Hauses im Dorf | |
Tschupachiwka unterwegs. Laut Staatsanwaltschaft schoss der russische | |
Soldat auf Befehl eines seiner Kameraden auf den Mann, da dieser Zeuge des | |
Autodiebstahls geworden war. Schischimarin droht eine lebenslange | |
Haftstrafe wegen Kriegsverbrechen und Mord. | |
Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft machte keine Angaben zu den | |
Umständen seiner Gefangennahme sowie dem Schicksal der übrigen vier | |
russischen Soldaten. Ein Termin für den Beginn des Prozesses wurde nicht | |
genannt. | |
Die ukrainische Vize-Außenministerin Emine Dschaparowa schaltete sich am | |
Donnerstag per Video zu einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrates in | |
Genf dazu. „Tausende haben in meinem Land [1][ihr Leben verloren]. Die | |
Bombardements und der russische Beschuss sind Teil unseres täglichen Lebens | |
geworden“, sagte Dschaparowa. „Folter, Verschleppungen, sexuelle Gewalt – | |
die Liste der russischen Verbrechen ist endlos.“ | |
## Die ukrainische Gegenoffensive geht weiter | |
UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet erklärte, allein in der | |
Region um Kiew seien bislang rund 1.000 Leichen geborgen worden. Es gebe | |
mittlerweile Informationen über rund 300 extralegale Hinrichtungen. Viele | |
der überprüften Menschenrechtsverletzungen könnten als Kriegsverbrechen | |
eingestuft werden. „Das Ausmaß illegaler Hinrichtungen einschließlich der | |
Hinweise auf Massenexekutionen in den Gebieten nördlich von Kiew ist | |
schockierend“, sagte Bachelet. | |
Der UN-Menschenrechtsrat hielt seine Sondersitzung auf Antrag Kiews ab. Am | |
Ende sollte in einer Erklärung der 47 Mitgliedstaaten eine internationale | |
Untersuchung zu den ab Ende Februar und im März verübten Gewalttaten in den | |
Regionen von Kiew, Tschernihiw, Charkiw und Sumy gefordert werden. Der | |
UN-Menschenrechtsrat vollzieht [2][bereits eine Untersuchung durch eine | |
Expertenkommission], die vergangene Woche vierzehn Orte in den zeitweise | |
russisch besetzten Gebieten der Nordukraine besuchte. | |
Derweil ging nördlich der Millionenstadt Charkiw die ukrainische | |
Gegenoffensive weiter. Die ist mittlerweile der Grenze zu Russland so nahe | |
gekommen, dass der Gouverneur der russischen Grenzregion Belgorod, | |
Wjatscheslaw Gladkow, ukrainischen Einheiten den Beschuss des Dorfes | |
Solochi nahe der Grenze vorwarf. | |
12 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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