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# taz.de -- Streit um Solaranlagen auf Baudenkmälern: Klimawandel im Denkmalsc…
> Solaranlagen auf Baudenkmälern? Das gibt oft Ärger, wie auch in diesem
> Fall in Hannover. Die Energiekrise verschärft den Konflikt.
Bild: Solaranlage auf denkmalgeschütztem Gebäude: Die Dorfkirche von Zernin i…
Hannover taz | Der [1][„Döhrener Jammer“] in Hannover ist etwas Besonderes.
Ab 1869 zog hier die Wollwäscherei eine Arbeitersiedlung hoch, also in der
Frühphase der Industrialisierung. Davon gibt es nicht mehr viele.
Die roten Backsteinhäuser, oft eher Häuschen, boten den Arbeitern und ihren
kinderreichen Familien Unterschlupf. Die Arbeiter hat man eigens aus dem
verarmten katholischen Eichsfeld angeworben. Sie hausten hier oft mit fünf
bis sieben Personen auf 30 Quadratmeter.
„Jammer“ hießen diese Arbeitersiedlungen auch anderswo, und das nicht ohne
Grund: Die Zusammenballung von Enge, Dreck und Armut wurde schon von
Zeitgenossen als besorgniserregend wahrgenommen.
Was heute noch von dieser Siedlung steht, sieht natürlich längst ganz
anders aus. Hübsch zurecht gemachte, pittoreske „Tiny Houses“ mit
verwunschenen Gärten in optimal erschlossener, zentrumsnaher Lage.
Wer hier Anfang der 80er-Jahre gekauft hat, hatte einen guten Riecher.
Damals verhökerte der berüchtigte Wohnungsbaukonzern Neue Heimat die
Häuser, nachdem die Proteste einer Bürgerinitiative dafür gesorgt hatten,
dass [2][die heruntergekommene, alte Arbeitersiedlung nicht abgerissen
werden durfte.]
## Einst „Jammer“, heute begehrte Wohnlage
Einer, der damals ein glückliches Händchen hatte, ist Klaus Dieter Jürgens.
Er kaufte keines der ganz kleinen Reihenhäuschen, sondern eine
Doppelhaushälfte und verbrachte die nächsten Jahre mit der Entkernung,
Sanierung und Renovierung.
Grundsätzlich kennt und schätzt er die Geschichte des Ortes, wie er sagt.
Er hat sich große Mühe gegeben, alle Anpassungen und Modernisierungen
optisch behutsam einzupassen. Umso unverständlicher fand er es, dass die
Stadt als untere Denkmalbehörde 2019 seinen Antrag ablehnte, eine kleine
Solarthermie-Anlage auf dem Dach montieren zu dürfen.
„Das sind vier Quadratmeter auf einer Dachfläche von 64 Quadratmetern, nur
zur Warmwassergewinnung“, argumentiert er. Und das Dach sei ja nicht einmal
original. Als er das Gebäude 1981 kaufte, war da noch das ursprüngliche
Flachdach mit Teerpappe drauf. Das ziegelgedeckte Satteldach kam erst
später dazu, aus wirtschaftlichen Gründen und optisch orientiert an den
übrigen Dächern.
Gegen den ablehnenden Bescheid der Stadt zog Jürgens also vor das
Verwaltungsgericht. Das ist der vorgesehene Weg, eine andere
Widerspruchsmöglichkeit als die Klage gibt es nicht. Dann schlug auch noch
Corona zu und so kam es, dass die Klage erst jetzt, drei Jahre später,
verhandelt werden konnte.
In der Zwischenzeit, sagt der Vorsitzende Richter Ingo Behrens gleich zu
Beginn der Verhandlung, haben sich die politischen Rahmenbedingungen
allerdings dramatisch geändert.
## Die Konfliktfälle häufen sich
Das, sagt Katrin Strube, die als Fachaufsicht für das niedersächsische
Landesamt für Denkmalpflege hinzugezogen wurde, mache sich auch in der
wachsenden Anzahl solcher Streitfälle bemerkbar. „Ich kann es nicht
beziffern, weil nicht jeder Fall bei uns landet, aber von den unteren
Denkmalbehörden höre ich schon, dass seit Kriegsbeginn wieder deutlich mehr
Anträge, vor allem [3][für Kleinanlagen auf den Dächern] eingehen“, sagt
die Oberkonservatorin.
Das stelle die Behörden jedes Mal vor schwierige Abwägungsfragen: „So wie
es das Gesetz im Moment vorsieht, muss in jedem Einzelfall geprüft werden,
wie groß der Eingriff ins Erscheinungsbild ist, ob es vielleicht technisch
bessere Möglichkeiten gibt, ob sich das wirtschaftlich darstellen lässt und
so weiter.“
Die Hersteller hätten da mittlerweile durchaus nachgezogen, es gebe etwa
Solardachziegel, die optisch weniger auffällig seien – aber natürlich auch
erheblich teurer.
## Eine gesetzliche Regelung lässt auf sich warten
Auch in Jürgens’ Fall hatte die Behörde erst einmal erwogen, ob eine
Montage auf dem Nebengebäude besser wäre. Das ist aber bei Solarthermie
nicht sinnvoll, weil die Kollektoren nah an der Abgabestelle sein müssen.
Am Ende fand man doch einen Kompromiss: Jürgens wird einen Röhrenkollektor
anstelle eines Flachkollektors einsetzen und eines der Veluxfenster im Dach
damit verdecken. Dieses „Opfer“ soll verhindern, dass die Nachbarn
nachziehen und dass aus dem schönen Backstein-Ensemble eine zerstückelte
Dachlandschaft mit x kleinteiligen Aufbauten wird.
Damit ist zwar Klaus Dieter Jürgens’ Problem gelöst, [4][der Grundkonflikt
aber noch lange nicht]. Möglicherweise, sagt der Richter, werde ja das
niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur seinen
entsprechenden Erlass noch einmal überarbeiten. Der letzte stammt aus dem
Jahr 2003. Doch dort wartet man erst einmal [5][die Beratungen zum
Klimagesetz ab].
25 May 2022
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%B6hrener_Jammer
[2] https://www.youtube.com/watch?v=Qqjkggg7Da4
[3] /Solardach-in-Zehlendorf/!5134505
[4] /Rechtsstreit-um-Sonnenenergie/!5174654
[5] /Solardachpflicht-in-Niedersachsen/!5840531
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Hannover
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