# taz.de -- Verdrängung in Berlin: Dem Ausverkauf entgegenstellen | |
> Autobahnen, Hochäuser, Bürokomplexe – wo Investor*innen | |
> Verwertungsmöglichkeiten sehen, muss Alternativkultur weichen. Doch es | |
> gibt Widerstand. | |
Bild: Polizist:innen bei der Räumung des kurzzeitig wiederbesetzten Köpi-Wage… | |
Wer durch die Straßen Berlins läuft, wird an vielen Ecken Zeug*in von | |
Verdrängung. Seit Beginn der Pandemie wurden in der einstigen Hochburg für | |
Hausbesetzer*innen so viele linke Strukturen zerstört wie lange nicht. | |
Unter ihnen auch der Köpi-Wagenplatz, [1][der vor einem halben Jahr von | |
einem Großaufgebot der Polizei geräumt wurde.] Mehr als 20 Jahre lang | |
lebten dort Menschen aus allen Teilen der Welt auf einem 2.600 Quadratmeter | |
großen Grundstück ihre selbstverwaltete Utopie. Für sie war der Wagenplatz | |
nicht nur ein kleines Dorf mit vielen verschiedenen Kulturen und Sprachen, | |
in dem sich alle gegenseitig helfen und voneinander lernen, sondern auch | |
ein Freiraum für Künstler*innen und Freaks, die sich der | |
kapitalistischen Normalität widersetzen. | |
Rund 30 Menschen verloren bei der Räumung im Oktober vergangenen Jahres ihr | |
Zuhause – und Berlin war um einen weiteren autonomen kulturellen Ort ärmer. | |
Seitdem steht das Gelände leer, bewacht von einem Sicherheitsmitarbeiter. | |
Der konnte am vergangenen Freitagabend jedoch wenig gegen die | |
Aktivist*innen ausrichten, [2][die den ehemaligen Köpi-Wagenplatz für | |
einige Stunden besetzten,] bevor sie von der Polizei geräumt wurden. | |
Mittlerweile ist der Platz wieder eine der vielen ungenutzten Brachen in | |
Berlin, die aus Spekulationsgründen leer stehen – und das in einer Stadt, | |
in der linke Freiräume zunehmend Mangelware werden. | |
Anderen Orten in Berlin droht ein ähnliches Schicksal wie dem | |
Köpi-Wagenplatz. [3][So ist etwa die Gegend rund um das Ostkreuz und die | |
Rummelsburger Bucht massiv von Aufwertung bedroht] und viele linke | |
Locations wie der Club „://about blank“ drohen verloren zu gehen oder | |
wurden, wie das Kulturzentrum „Zukunft am Ostkreuz“, bereits gekündigt. | |
Statt lebendiger Kultur sollen dort in Zukunft triste Bürokomplexe und eine | |
Autobahn entstehen, die keine*r braucht und die klimapolitischer Wahnsinn | |
ist. | |
Um über die Situation vor Ort zu informieren und Widerstand zu | |
organisieren, finden am Donnerstag am Markgrafendamm verschiedene Aktionen | |
gegen die geplante Verdrängung statt. Mit Küfa, Aktionsworkshops, | |
Gesprächen mit Betroffenen und Mucke bis in den frühen Morgen soll | |
Kiezkultur gefeiert und ihre Zerstörung verhindert werden. Der genaue Ort | |
ist noch geheim, Interessierte können sich an | |
[4][[email protected]] wenden, um zu erfahren, wo sich die | |
„kleine Oase“ befindet, an der das Ganze stattfinden soll (Donnerstag 21. | |
April, 19.30 Uhr Markgrafendamm). | |
## Inspiriert & vernetzt | |
Berlin war jedoch nicht immer in Abwehrkämpfen um linke Strukturen | |
gefangen, in den 1980er und 90er Jahren gehörten Hausbesetzungen vielmehr | |
zum Alltag der Hauptstadt. Auch wenn heute in den meisten Gegenden nicht | |
mehr viel davon übrig ist, ist die Geschichte vielerorts noch präsent. So | |
war Schöneberg in den 80ern eines der Zentren der Besetzer*innenbewegung. | |
Wer mehr darüber erfahren und sich von der Geschichte inspirieren lassen | |
will, [5][den lädt die linke Hochschulgruppe Risse im Asphalt (RIA) am | |
Samstag dazu ein], durch Schöneberg zu spazieren und die historischen Orte | |
zu erkunden. Den genauen Treffpunkt gibt es nach einer Anmeldung unter | |
[6][[email protected]] (Samstag 23. April, 15 Uhr, Schöneberg). | |
Der Blick in die Vergangenheit von Berlins vielfältigen und vehementen | |
Kämpfen um Freiräume ist jedoch nur der erste Schritt. Wer sich in der | |
Gegenwart für konkrete Veränderungen gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn | |
einsetzen will, kann am Montag bei einer [7][Podiumsdiskussion mit | |
Vertreter*innen aus dem Berliner Mieter*innenkampf] über | |
nachhaltige Strategien für eine Stadt für alle diskutieren. Denn wenn | |
Berlin eine lebendige Stadt mit vielfältigen Kultur- und Wohnprojekten | |
bleiben soll, in der auch Menschen mit wenig Geld oder mit alternativen | |
Lebenskonzepten gut leben können, müssen sich ihre Bewohner*innen dem | |
Ausverkauf der Stadt entgegenstellen (Montag 25. April, 18.30 Uhr in der | |
Zwille in der Fasanenstr. 1). | |
20 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Raeumung-des-Koepi-Wagenplatzes-in-Berlin/!5808168 | |
[2] /Wiederbesetzung-des-Koepi-Wagenplatzes-in-Berlin/!5849379 | |
[3] /Bedrohtes-Kulturzentrum-Zukunft/!5820380 | |
[4] /[email protected] | |
[5] https://www.facebook.com/events/1337477426754377?ref=newsfeed | |
[6] /[email protected] | |
[7] https://stressfaktor.squat.net/node/212179 | |
## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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