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# taz.de -- Weidetierhalter gegen Nabu: Wölfen geht's an den Pelz
> Der Wolf soll in Niedersachsen ins Jagdrecht aufgenommen werden. Nun
> wollen sowohl Wolfsfreunde als auch Weidetierhalter Flagge zeigen.
Bild: Ist das Lachen oder schon Zähne fletschen? Ex-Landwirtschaftsministerin …
Göttingen taz | Ein politisches Zeichen hatte der der Agrarausschuss des
niedersächsischen Landtags bereits am Mittwoch gesetzt, als er die
[1][Aufnahme des Wolfs ins Jagdrech]t beschloss. Nun muss der Antrag der
rot-schwarzen Landesregierung noch in die begleitenden Ausschüsse und dann
ins Plenum. An dem bestehenden, strengen Schutzstatus für Wölfe ändert das
zunächst nichts.
In [2][Niedersachsen] geht derweil der Streit um den Umgang mit Wölfen in
eine neue Runde. An diesem Wochenende wollen die Kontrahenten öffentlich
für ihre jeweiligen Anliegen werben. Während der wolfsfreundliche
Naturschutzbund (Nabu) zum „Tag des Wolfes“ am 30. April Aktionen und
Exkursionen ankündigt, planen Weidetierhalter bereits am heutigen Freitag
publikumswirksame Proteste gegen die Ausbreitung der Wölfe.
Vielerorts, so auch in Hannover und Uelzen, wollen sie mit ihren Tieren
durch die Innenstädte ziehen. In der Landeshauptstadt sollen Schafe, Ziegen
und Pferde von 11 bis 13 Uhr vor dem Landtag in Hannover „stellvertretend
für ihre vielen Artgenossen die Weide mit dem Asphalt tauschen, um auf ihre
Situation aufmerksam zu machen“, sagt der Vorsitzende des Fördervereins der
Deutschen Schafhaltung, Wendelin Schmücker. „Die ungebremste Ausbreitung
der Wölfe und die Untätigkeit der Bundespolitik fordern immer mehr Opfer.“
Viele [3][Weidetierhalte]r gäben auf, weil sämtliche Herdenschutzmaßnahmen
nicht nur versagten, sondern die ständig steigenden Anforderungen an die
Tierhalter nicht mehr zu stemmen seien. Schmücker zufolge weist Deutschland
mittlerweile die weltweit dichteste Wolfspopulation auf.
## Gefährdung von Menschen?
Dies führe nicht nur zur Bedrohung und Tötung der Weidetiere, sondern auch
zu einer Gefährdung von Menschen: „Das beweisen die ständig steigenden
Risszahlen und auch die zunehmenden Sichtungen in den Dörfern und Städten:
Spaziergänger, Jogger und Erholungsuchende werden von Wölfen verfolgt. Wer
dies als Panikmache abtut, handelt verantwortungslos.“
Schmücker, der im Kreis Harburg selbst Schafe züchtet, gilt seit Langem als
extremer Gegner wild lebender Wölfe und fordert ihre konsequente Bejagung.
Erst am Mittwoch berichtete er über einen Wolfsangriff auf eine seiner
Herden in Tönnhausen mit sieben getöteten und 18 verletzten Schafen.
Einen Tag nach der von Schmücker und seinen Mitstreitern so genannten
„Kundgebung der Tiere“ will der Nabu zeigen, wie aus seiner Sicht Wölfe,
Weidetiere und Menschen auskömmlich zusammenleben könnten. Nabu-Landeschef
Holger Buschmann sagt, „dass der Fokus weiter auf Herdenschutz gelegt
werden muss“. Nutztierrisse gingen in Regionen mit Herdenschutz
nachweislich zurück.
Darüber hinaus zeige eine Feldstudie des Nabu-Projektes Herdenschutz
Niedersachsen, dass dauerhaft installierte wolfsabweisende Zäune für kleine
Säugetiere wie Feldhasen und Rehe durchlässig seien. Wolf und Wildschwein
querten diese Art von Zaun jedoch nicht. „Für das Wolfsmanagement ist
relevant, dass Weidetierhalterinnen und -halter finanziell und materiell
unterstützt werden, eine Bejagung von Wölfen stellt keine Lösung dar“,
meint Buschmann.
## Tag des Wolfes
Im Internet und auf Flugblättern verbreitet der Nabu zugleich „Die Wahrheit
über Rotkäppchen und den bösen Wolf“. Anders als in dem berühmten Märchen
erzählt, gehe von Wölfen deutlich weniger Gefahr aus als beispielsweise von
Wildschweinen. Auch mehr als 20 Jahre nach Wiederbesiedlung gebe es in
Deutschland keine Wolfsangriffe auf Menschen. Dagegen seien jedes Jahr rund
20 Tote durch Wild, vor allem durch Wildschweine, zu beklagen.
Zum Tag des Wolfes hat der Nabu auch eine aktuelle interaktive Karte über
Wolfsvorkommen in Europa veröffentlicht. Aufkleber im Postkartenformat mit
dem Portrait eines heimischen, frei lebenden Wolfes sind ebenfalls zu
haben.
In Scheeßel im Kreis Rotenburg/Wümme können Interessierte auf Einladung des
Nabu am „Tag des Wolfs“ ein Herdenschutzprojekt besichtigen. Die Schäferei
Wümmeniederung betreibt dort Landschafts- und Biotoppflege mit vom
Aussterben bedrohten Schaf- und Ziegenrassen. Gleichzeitig ist der Betrieb
Zucht- und Ausbildungsstätte für Herdenschutzhunde.
Ungeachtet allen Streits bleibt die Zahl der in Niedersachsen in freier
Wildbahn lebenden Wölfe stabil. Wie die Landesjägerschaft am gestrigen
Donnerstag mitteilte, wurden im ersten Quartal dieses Jahres 44
Wolfsterritorien in dem Bundesland bestätigt: 38 Wolfsrudel, 2 Wolfspaare
und 4 residente Einzelwölfe. Dies entspricht exakt den Zahlen aus dem
vierten Quartal 2021.
Zugleich wurden in Niedersachsen 19 Wölfe tot aufgefunden. Die meisten von
ihnen starben durch Verkehrsunfälle. Zwei Wölfe wurden mit Genehmigung des
niedersächsischen Umweltministeriums erschossen.
29 Apr 2022
## LINKS
[1] /Klatsche-fuer-Niedersachsens-Ministerium/!5840263
[2] /Klage-gegen-Verordnung-in-Niedersachsen/!5820357
[3] /Jungtier-Abschuss-in-Niedersachsen/!5825185
## AUTOREN
Reimar Paul
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