| # taz.de -- Schutz gegen Wölfe: Ein Schäfer ist kein Cowboy | |
| > Ein niedersächsischer Hirte darf seine Schafe nicht mit der Flinte gegen | |
| > Wölfe verteidigen. Das Verwaltungsgericht Lüneburg wies seine Klage ab. | |
| Bild: Sollte nicht im Zielfernrohr eines Schäfers landen: Wolf | |
| taz | Lüneburg Keine Flinte für den Schäfer. Am Dienstag hat das | |
| Verwaltungsgericht Lüneburg die Klage des niedersächsischen Schäfers | |
| Wendelin Schmücker gegen die Stadt Winsen (Luhe) gleich am ersten | |
| Prozesstag abgewiesen. Der Berufsschäfer hatte 2018 gegen die Stadt | |
| geklagt, weil diese ihm verwehrt hatte, seine Schafe mit einer Schusswaffe | |
| gegen Wolfsangriffe zu verteidigen. Konkret hatte er beantragt, eine Flinte | |
| des Kalibers zwölf besitzen, führen und gegen Wölfe nutzen zu dürfen. | |
| [1][Wendelin Schmücker] sieht man an, dass er es ernst meint mit seinem | |
| Beruf. Schon von weitem ist er an seiner Schäferkluft inklusive Stock, | |
| Weste und Hut zu erkennen. In einem Fernseh-Interview auf dem | |
| Gerichtsparkplatz redet er laut über die norddeutsche Kulturlandschaft, die | |
| durch die Schafhaltung geprägt wird. | |
| Unter den Leuten ist auch Ulrike Galler, eine Schäferin aus Lüneburg. Sie | |
| trägt eine Jacke mit der Aufschrift „Wir lieben Schafe“. Galler ist | |
| ebenfalls Mitglied im Förderverein der Deutschen Schafhaltung (FDS), dessen | |
| Vorsitzender der Kläger ist. | |
| Schmücker ist geübt im Umgang mit den Medien. Unter den | |
| Journalist:innen vor dem Gerichtsgebäude trifft er einige bekannte | |
| Gesichter. Eine Journalistin duzt ihn. „[2][Die Wölfe sollen im Wald | |
| bleiben], da haben wir nix gegen“, sagt er lächelnd in eine Kamera. Seine | |
| Erfolgsaussichten beurteilt er nicht gerade optimistisch. „Die Chancen sind | |
| eher gering, aber schauen wir mal, was die Richter sagen“. | |
| ## Geld und Emotionen | |
| Den Prozess beginnt der vorsitzende Richter Sebastian Luth mit dem Hinweis | |
| darauf, dass es eine politische Frage sei, wie mit den steigenden | |
| Wolfszahlen in Deutschland umzugehen ist und dass das nicht im Gericht | |
| entschieden werde. | |
| Erkennbar nervös, seine Hände fest ineinander verschlungen hält der Schäfer | |
| sein Plädoyer. Seine Knöchel treten weiß hervor, textlich ist er jedoch gut | |
| vorbereitet. Fast wie auswendig gelernt rattert er los, spricht von seinen | |
| Unterhaltungen mit anderen Schäfer:innen „in der ganzen Welt“ – | |
| Frankreich, Österreich und der Schweiz, konkretisiert er. | |
| Bis zu acht Schafsherden besitzt der Berufsschäfer. Etwa 75 Prozent seines | |
| Einkommens erzielt er durch den Verkauf von Lammfleisch. Wolfsangriffe | |
| bedrohten seine Existenz. Die Entschädigungszahlungen, welche das Land den | |
| Schäfer:innen für gerissene Tiere zahle, seien keine Alternative, betont | |
| sein Hamburger Anwalt Heiko Granzin. | |
| Die emotionale Bindung des Schäfers an seine Schafe sei einfach zu groß, um | |
| eine finanzielle Kompensation für die toten Tiere akzeptieren zu können. | |
| Dass genau dieser Handel seine berufliche Existenz begründet, wird im | |
| Prozess nicht erwähnt.„Mein Mandant ist Landwirt und liebt Tiere. Es geht | |
| ihm nicht darum, Tiere zu töten“, erklärt Granzin beschwichtigend. | |
| Für das reine Verscheuchen reiche eine Schreckschusswaffe, entgegnet | |
| Stadtsprecher Theodor Peters gereizt. „Wenn Herr Schmücker nicht töten | |
| wollte, könnten wir hier aufhören“. | |
| Schmücker scheint die Aufmerksamkeit zu genießen. Die Stadt Winsen, wirft | |
| ihm genau das vor. Peters behauptet, der Kläger habe den Rechtsstreit | |
| provoziert, wolle lediglich auf sein Anliegen aufmerksam machen. Nicht | |
| einmal den notwendigen Sachkundenachweis habe er für den Antrag erbracht. | |
| Darauf hat die Klägerseite keine Antwort. | |
| Ende April sei es bei einer seiner Herden zu einem nächtlichen Wolfsangriff | |
| gekommen, bei dem 25 Tiere gerissen wurden, berichtet Schmücker. Er selbst | |
| sei nicht zugegen gewesen. Um nachts seine Herde bewachen zu können, habe | |
| er sich mittlerweile sogar einen Wohnwagen besorgt. | |
| Für die effektive Überwachung sei der Schusswaffengebrauch aber als | |
| „letztes Mittel“ unbedingt notwendig. [3][Andere Herdenschutzmaßnahmen] | |
| seien nicht wirtschaftlich, zu aufwendig, Herdenschutzhunde zu teuer, zu | |
| laut für die Nachbar:innen, betont auch seine Schäferskollegin Galler. | |
| Schmückers Klage wurde letztlich abgewiesen, weil er schlicht das | |
| „erforderliche waffenrechtliche Bedürfnis“ nicht nachweisen konnte. Zwar | |
| erkannte das Gericht an, dass ihm die Wolfsangriffe wirtschaftlich | |
| geschadet hätten. Es stellte den [4][Schutz des Wolfes] jedoch über die | |
| ökonomischen Interessen des Schäfers. | |
| Auch ein erst im Verfahren gestellter Antrag, wenigstens Gummigeschosse | |
| nutzen zu dürfen, lehnte das Gericht ab. Einen entsprechenden Antrag müsse | |
| er bei der Stadt Winsen stellen. | |
| Für Schmücker war der Prozess vor allem ein wirtschaftliches Anliegen, | |
| erklärt er nach der Sitzung. Er werde in Berufung gehen, vorausgesetzt, | |
| seine Rechtsschutzversicherung übernimmt die Kosten. | |
| 7 Sep 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rueckkehr-des-Wolfes-nach-Niedersachsen/!5529459 | |
| [2] /Neue-Studie-zur-Verbreitung-von-Woelfen/!5679974 | |
| [3] /Problemwoelfe-im-Norden/!5547091 | |
| [4] https://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/im_fokus/der_wolf_in_nieders… | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Fründt | |
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