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# taz.de -- Weltweite Rüstungsausgaben 2021: Europa legt am schnellsten zu
> Noch nie seit Ende des Kalten Kriegs wurde weltweit so viel Geld für
> Militär ausgegeben wie 2021, so das SIPRI-Institut. Und: Neue Gefahren
> drohen.
Bild: Immer noch wahr: Ostermarschierer:innen mit Schild „Waffen töten“
Stockholm taz | Bei [1][Konzernen wie Raytheon, Airbus oder Thales kann man
sich die Hände reiben]. Nicht nur, weil die neue Aufrüstungswelle für die
kommenden Jahre Rekordaufträge verspricht. Denn die Trendwende hat schon
vor Russlands Krieg gegen die Ukraine begonnen. Das zeigt ein Bericht zu
den weltweiten Ausgaben für Waffen und Rüstung 2021, den das Stockholmer
Friedensforschungsinstitut SIPRI am Montag präsentiert.
Erstmals seit 1988 – als SIPRI anfing, die Daten zu erheben – gaben die
Staaten im vergangenen Jahr mehr als 2 Billionen US-Dollar dafür aus. Exakt
beziffert sie der [2][World Military Expenditure-Bericht] auf
2.113.000.000.000 US-Dollar. Das ist eine Verdopplung binnen 25 Jahren.
„Sogar angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie
erreichten die weltweiten Militärausgaben 2021 Rekordhöhen“, so Diego Lopes
da Silva, Forscher beim SIPRI-Programm für Militärausgaben und
Waffenproduktion. Inflationsbereinigt lagen sie 0,7 Prozent höher als 2020.
Wie immer entfällt der Löwenanteil mit 801 Milliarden Dollar oder 38
Prozent auf die USA, geschätzte 14 Prozent auf China. Es folgen Indien mit
3,6, Großbritannien mit 3,2 und Russland mit 3,1 Prozent. Deutschland und
Frankreich haben einen Anteil von je 2,7 Prozent, was Ausgaben in Höhe von
gut 56 Milliarden Dollar entspricht. Zusammen mit Saudi-Arabien, Japan und
Südkorea stehen diese Staaten für Waffen- und Ausrüstungskäufe in Höhe von
1,578 Billionen Dollar, drei Viertel der weltweiten Rüstungsausgaben.
Betrachtet man die Regionen, verzeichnete Europa das größte Wachstum. Auch
langfristig zeigt sich dieser Trend: Sanken die Ausgaben in den USA seit
2012 um 6,1 Prozent, stiegen sie in Europa um 19 Prozent. Zugleich nahm
hier auch der Anteil der Rüstungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BNP) am
meisten zu.
## Russland nähert sich Israel
Die europäischen Nato-Staaten steigerten ihre Militärausgaben 2021 um 3,1
Prozent auf zusammen 342 Milliarden US-Dollar. Laut SIPRI entspricht das
dem Fünffachen der russischen Ausgaben, die zwischen 2020 und 2021 um 2,9
Prozent kletterten.
Setzt man diese Ausgaben ins Verhältnis zum BNP, [3][kommt Russland mit
einem Anteil von 4,1 Prozent auf ein Niveau, das nur von einigen Staaten im
Mittleren Osten wie Israel oder Saudi-Arabien übertroffen wird]. 2020 hatte
dieser sogar bei 4,3 Prozent gelegen.
Möglich gewesen sei diese Steigerung im Rüstungsetat wegen der hohen
Einnahmen aus dem Gas- und Ölexport, sagt die SIPRI-Forscherin Lucie
Béraud-Sudreau. Umgekehrt sei die Periode sinkender russischer
Rüstungsausgaben zwischen 2016 und 2019 mit einer Phase niedriger Preise
für seine Fossilenergieexporte zusammengefallen. Moskaus
Kriegsvorbereitungen könne man auch an der Differenz zwischen den
ursprünglich budgetierten und den tatsächlichen Ausgaben für die „nationale
Verteidigung“ des Landes ablesen, konstatiert SIPRI: Letztere lagen 2021 um
14 Prozent über dem Haushaltsplan.
## Plus 142 Prozent in der Ukraine
Und die Ukraine? Sie hatte auf die russische Annexion der Krim 2014 mit
einer kräftigen Erhöhung des Militärbudgets reagiert. Für die vergangene
Zehnjahresperiode errechnet das Stockholmer Institut eine Steigerung von
142 Prozent. Hatte der BNP-Anteil der Rüstungsausgaben 2012 bei 1,6 Prozent
gelegen, war er bis 2020 auf 4,1 Prozent gestiegen und lag im vergangenen
Jahr bei 3,2 Prozent.
[4][Deutschland steckte mit 1,3 Prozent einen vergleichsweise geringen
BNP-Anteil in seine Rüstung.] Damit gehört es zu den 18 der 26 europäischen
Nato-Staaten mit eigenem Militär, die den auf dem Nato-Gipfel 2014
beschlossenen Anteil von mindestens 2 Prozent noch nicht erreicht haben.
Rechnet man zusammen, welche Erhöhungen ihrer Rüstungsausgaben diese Länder
bis Ende März angekündigt haben, um die Marke noch zu schaffen, ergibt das
eine Summe von 69 Milliarden Dollar. 20 Prozent mehr als ihre Ausgaben im
Jahre 2021. Der Großteil des Geldes werde wohl in den Kauf neuer
Waffensysteme fließen, schätzt SIPRI. Die kommenden Jahresberichte dürften
also in Bezug auf Europa von einer neuen massiven Aufrüstungsspirale
handeln.
Und vermutlich auch von einer steigenden atomaren Gefährdung. Angesichts
der jüngsten Entwicklungen könne Moskau sich veranlasst sehen, mehr in sein
atomares Arsenal zu investieren, vermutet Kristian Søby Kristensen vom
Zentrum für Militärstudien der Universität Kopenhagen: „Es könnte eine
Änderung der russischen Atomdoktrin geben. Ein Absenken der Schwelle für
den Gebrauch solcher Waffen.“
25 Apr 2022
## LINKS
[1] /Geschaefte-mit-der-EU-Grenzabschottung/!5821155
[2] https://www.sipri.org/
[3] /Russlands-Aussenpolitik/!5845227
[4] /Generaldebatte-im-Bundestag/!5843805
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Rüstung
Friedensforschung
Militärausgaben
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Mexiko
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