# taz.de -- Hamburgs FDP in schwerer See: Ein Parteichef schlägt Haken | |
> Hamburgs FDP versinkt im überwunden geglaubten Chaos. Schuld daran ist | |
> vor allem der Parteivorsitzende Michael Kruse. | |
Bild: Mit Zankapfel: Erst stritten FDP-Chef Michael Kruse und die Julis über d… | |
HAMBURG taz | „So gerne“: Als er [1][vor ein paar Wochen] auf dem | |
Landesparteitag sprach, benutzte Hamburgs FDP-Chef Michael Kruse viel den | |
Konjunktiv: „So gerne“ also hätte er mit den Parteifreundinnen und | |
-freunden den Einzug in die Bundesregierung gefeiert, hätte berichten | |
wollen vom „erfolgreichen Abschluss der Koalitionsgespräche“, den „tollen | |
Fachsprecherrollen“. Von denen hat er selbst eine ergattert: Im Bundestag | |
ist der studierte Volkswirtschaftler energiepolitischer Sprecher der Freien | |
Demokraten, wirklich nicht unwichtig in diesen Tagen. | |
In Hamburg war Kruse seit 2017 Fraktionschef – bis die FDP dort 2020 [2][an | |
der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte]. Und verglichen mit jenem Jammertal, | |
aber auch den früheren, teils erbittert geführten Streits innerhalb des | |
Landesverbandes hätte er nun wirklich frohe Kunde zu bringen gehabt. Was | |
dem im Weg stand? Der russische Angriff auf die Ukraine, der zu einer | |
kurzfristigen Änderung des Parteitagsprogramms führte; aber auch | |
parteiinterne Querelen, die eben doch kein reines Ding der Vergangenheit | |
sind. | |
Ausgerechnet mit den Jungen Liberalen (Julis), in deren Bundesvorstand er | |
selbst einst saß, hat sich Kruse dieser Tage in einen nicht ohne Weiteres | |
zu verstehenden Streit verheddert. Den er, wenn es sowas denn gibt, am Ende | |
verloren haben dürfte. | |
## Streit um Coronapolitik | |
Der Auslöser: Kruse wollte juristisch dagegen vorgehen, dass Rot-Grün | |
Hamburg [3][zum Coronahotspot erklärt], um damit Pandemiemaßnahmen zu | |
verlängern. So weit, so Freiheitspartei – hätte nicht Carl Cevin-Key Coste | |
Einspruch erhoben, bis vor Kurzem Vorsitzender der örtlichen Julis, aber | |
vor allem der rechtspolitische Sprecher der Hamburger FDP. Er nannte Kruses | |
angekündigte Klage einer Rechtsstaatspartei nicht würdig und forderte, | |
solche PR-Stunts doch der AfD zu überlassen. Die ist mit ihrem | |
entsprechenden Eilantrag inzwischen gescheitert. | |
Womit die FDP sich der Versöhnung hätte zuwenden können: Costes juristische | |
Bedenken scheinen nicht völlig frei von Relevanz. Aber mehr noch das | |
Politische: Wen hätte es wohl überzeugen können, in so einer Sache hinter | |
der AfD herzudackeln? Stattdessen enthob der Parteivorstand lieber den | |
angeblichen Querulanten Coste seines Amtes. | |
## Flotte Eskalation | |
Und in kürzester Zeit eskalierte die Sache weiter: Gleich gegen vier Julis | |
wurden Schiedsgerichtsverfahren mit dem Ziel des Parteiausschlusses | |
eingeleitet. Neben Coste traf es dessen Nachfolgerin an der Juli-Spitze, | |
Theresa Bardenhewer, und ihre Vizes Nils Knoben und Gloria Teichmann. | |
Die Gegängelten holten sich prominente Unterstützung gegen die „politische | |
Säuberung“: die Kanzlei von Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum, also DEM | |
prominenten Vertreter eines Liberalismus-Verständnisses, das sich nicht | |
erschöpft in der Ablehnung von Ladenschlusszeiten oder Autobahn-Tempolimit. | |
Kruse ist nun erkennbar darauf aus, die Sache einzuhegen: Mehrfach sprach | |
er von seiner ausgestreckten Hand, wollte aber eine Entschuldigung hören, | |
auch der Parteiausschluss der vier Julis wird nun nicht mehr verfolgt. Eine | |
Entschuldigung verlangen aber auch die: Kruse solle öffentlich feststellen, | |
„dass wir durch den Entzug der Mitgliedsrechte in diesen verletzt worden | |
sind“. | |
24 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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