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# taz.de -- Hamburgs FDP im Wahlkampffinale: Jubeln gegen liberale Angst
> Hamburgs FDP rief, und Parteifreund*innen aus dem ganzen Bundesgebiet
> kamen. Die kollektiv zur Schau gestellte Zuversicht war beinahe
> überzeugend.
Bild: Luftballons heben ab (und vielleicht ja auch die Laune): FDP-Aktion am Ha…
Hamburg taz | Der Aktionstag ist gut bewacht: Beinahe egal, aus welcher
Richtung man sich an diesem Samstagmittag auf den Hamburger Jungfernstieg
zubewegt, es ist Polizei da, viel Polizei. Mal stehen die Beamt*innen
einfach so in der Gegend herum, mal sitzen sie in immer neuen, aufgereihten
Mannschaftswagen. Und sind das da vorne nicht dieselben beiden Wasserwerfer
wie am Abend zuvor vor dem Millerntorstadion, beim Zweitliga-Risikospiel
des FC St. Pauli gegen Dynamo Dresden?
Und dieser ganze Aufwand, weil Hamburgs FDP die letzte Woche des laufenden
Wahlkampfs eröffnet, in Gestalt eines „bundesweiten Aktionstages“ mit
Bühnenprogramm, in der Innenstadt zum samstäglichen Shopping-Hoch?
Dass die Freien Demokraten dieser Tage, [1][als Folge des Eklats von
Erfurt], ein [2][erhöhtes Sicherheitsbedürfnis verspüren] könnten, das ist
ja plausibel. Ein paar Tage ist es her, dass die Partei einen
Wahlkampftermin im Schanzenviertel kurzfristig abgesagt hat. Eine
Diskussion zum genuin liberalen Thema Cannabis-Politik [3][war unter
anderem von der örtlichen Interventionistischen Linken] kritisiert worden.
Wie zwingend diese Absage aber war – und wie viel Inszenierung als Opfer
politischer Extremist*innen? Schwer zu sagen.
Das Rennen um die Hamburgische Bürgerschaft ist die einzige Landtagswahl in
diesem Jahr. Eine Prüfung daher ist es für die örtliche
[4][Spitzenkandidatin Anna von Treuenfels], aber mindestens so sehr für die
Gelben-Granden in Berlin, vorneweg Parteichef Christian Lindner. Der ist
diesmal nicht unter den angereisten Parteipromis, aber die
Bundestagsabgeordnete und Landeschefin Katja Suding ist wieder dabei, wie
schon beim Wahlkampfauftakt, auch Generalsekretärin Linda Teuteberg.
## Unterstützung von auswärts
Aus Niedersachsen ist Parteichef Stefan Birkner gekommen, aus Bremen der
Vizevorsitzende Magnus Buhlert, dazu Fraktionschef*innen, etwa aus Bayern
und Berlin, und noch ein paar hohe und weniger hohe Funktionsträger*innen.
Vielleicht aber noch wichtiger: „zu Hunderten“, so heißt es von der Partei
selbst, sind ganz normale Parteifreund*innen dem Ruf gefolgt, aus Hessen
und Nordrhein-Westfalen, unter anderem; auch wenn Letztere sich verspäten –
was, klar, an der miesen rot-grünen Verkehrspolitik liegen müsse. Die Basis
wird am Nachmittag, bestückt mit Treuenfels-Flyern (für Unentschlossene)
und Verpflegungsgutscheinen (gegen den eigenen Hunger), ausschwärmen: In
Stadtteile wie Harburg und Blankenese, auf Marktplätze und in
Fußgängerzonen – Wahlkampf machen.
Ein paar dieser entfernteren FDP-Familienmitglieder sind auch am späten
Sonntagvormittag dabei, beim eher kurzfristig anberaumten Landesparteitag
in den Räumen der örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung. Auch da geht es
vor allem ums Beschwören eines „Jetzt erst recht!“.
Und das scheint nötig: Die Umfragewerte der FDP sind zuletzt kontinuierlich
gebröckelt. Am Freitag erst kamen die vermutlich letzten vor der Wahl am
kommenden Wochenende heraus, und sie waren düster für die FDP: bei nur noch
4,5 Prozent sah sie [5][die repräsentative Erhebung im Auftrag des ZDF].
Für eine echte Prognose ist das wohl zu knapp unter der entscheidenden
Fünf-Prozent-Hürde. Aber Sorge muss bereiten, dass die vom ZDF Befragten zu
mehr als drei Vierteln die „Politik in Hamburg“ als ausschlaggebend für
ihre Parteipräferenz benennen; die sonstige, also Bundespolitik, kommt auf
19 Prozent.
## Thüringen ein Fehler
Dass „Thüringen ein Fehler“ gewesen sei, also die Wahl des
FDP-Ministerpräsidenten Kemmerich mit Hilfe der dortigen, ganz besonders
ausdrücklich rechtsradikalen AfD: Das auszusprechen bedeutet in Hamburg
kein großes Risiko; [6][die soeben vom Spiegel berichteten] parteiinternen
Grabenkämpfe spielen offenbar vorerst anderswo. Auch Christian Lindner
dürfte am kommenden Freitag sein Amt wohl noch innehaben: Dann kommt er
doch noch mal nach Hamburg, zum letzten großen Wahlkampftermin, in einem
Konzertschuppen an der Reeperbahn.
Inzwischen ist die blanke Zerknirschung aber einer etwas anderen Rhetorik
gewichen: Zuverlässig folgt auf Die-Fehler-Einräumen und
Die-Kritik-ernstnehmen-Wollen eine leicht auswendig gelernt wirkender
Gegenangriff: Schlimm sei doch auch, wenn nun politische Mitbewerber*innen
die liberale Konkurrenz ein für allemal loszuwerden suchten. Ja, gegen
Anfeindungen und Hass verwahre man sich eben auch, das sagen Suding und
Teuteberg und Treuenfels in annähernd denselben Worten.
Die Antifa lässt die FDP übrigens in Ruhe an diesem Samstagmittag in der
Hamburger Innenstadt. Und die Polizei bewacht die Liberalen auch nur unter
anderem: Ganz in der Nähe hat die sogenannte „Bürgerbewegung Pax Europa“
eine Bühne aufgebaut, um gegen den politischen Islam zu wettern, oder gegen
das, was sie als solchen darstellen kann. Und hier finden sich dann auch
ein paar Protestierende ein: „Geh' doch auf den Jungfernstieg“, ruft
irgendwann einer im schwarzen Kapuzenpulli dem Redner zu – „zur FDP!“
Vielleicht noch schlimmer aus liberaler, aus Markenwiedererkennungssicht:
Auf der anderen Straßenseite, gleich neben dem regelmäßig dort zu findenden
Infostand gegen staatlichen Organraub in China, verabschiedet eine andere
Partei auswärtige Wahlkampfhelfer*innen in den Samstagnachmittag: Es sind
die Grünen.
16 Feb 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Landtagswahl-2019-in-Thueringen/!t5016731/
[2] /Auswirkungen-der-Thueringen-Wahl/!5663219/
[3] http://www.scharf-links.de/47.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=72527&…
[4] https://vontreuenfels-frowein.com/
[5] https://www.zdf.de/politik/politbarometer/spd-trotz-drohender-deutlicher-ve…
[6] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/fdp-nach-dem-thueringen-debakel-…
## AUTOREN
Alexander Diehl
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