# taz.de -- Journalist*innen aus dem Beruf gedrängt: Afghanische Medien in Tr�… | |
> Der lebhafte Journalismus droht nach der Machtübernahme der Taliban | |
> auszusterben. Reporter ohne Grenzen bekommt fast täglich Hilferufe. | |
Bild: Banafsha Binesh arbeitet als eine von wenigen Frauen unter den Taliban we… | |
Natürlich waren sie nie weg gewesen aus Afghanistan. Dennoch: Die Wucht und | |
Schnelligkeit, mit der die Taliban das Land überrannten und am 15. August | |
2021 die Hauptstadt Kabul einnahmen, hat überrascht. Und veränderte die | |
Situation für Journalist*innen dramatisch: Sie wurden zu Zielen, mehr | |
als je zuvor. | |
In den Wirren Mitte August hatte das Auswärtige Amt damit begonnen, | |
gefährdete Personen auf eine Liste schutzbedürftiger Personen setzen zu | |
lassen. Insgesamt [1][147 hoch gefährdete afghanische Medienschaffende] und | |
ihre Familien haben konkrete Aufnahmezusagen durch die Bundesregierung | |
bekommen. | |
Reporter ohne Grenzen (RSF) hatte diese Fälle an das Auswärtige Amt | |
übermittelt. Doch mit dem Abzug der internationalen Streitkräfte Ende | |
August wurde diese Liste bereits wieder geschlossen – die Bedrohung für | |
Journalistinnen und Reporter hörte damit aber nicht auf. | |
Im Gegenteil: RSF hat viele Übergriffe auf Medienschaffende dokumentiert. | |
Inzwischen sind fast alle der 147 von RSF unterstützten | |
Journalist*innen in Deutschland angekommen – samt Familien, etwa 500 | |
Personen. Sie werden hier weiter von RSF beraten. | |
## Unerträgliche Situation | |
Längst ist die akute Lebensgefahr für Journalist*innen in Afghanistan | |
aus hiesigen Schlagzeilen verschwunden. Für die Betroffenen bleibt die | |
Situation jedoch unerträglich. Noch immer leben viele von ihnen trotz | |
konkreter Bedrohung in der Schwebe und sie hoffen auf Schutz. | |
RSF erhält weiterhin fast täglich Hilferufe. Seit dem Fall von Kabul sind | |
etwa 15.000 Anfragen eingegangen. Dass es weniger werden, ist | |
unwahrscheinlich: Im Schatten des Ukrainekriegs begannen die Taliban eine | |
landesweite Offensive gegen den Journalismus, in den ohnehin gefährdeten | |
Provinzen wie auch in der Hauptstadt. | |
Sie bestellen einzelne Medienschaffende ein, drohen ihnen, erlegen Frauen | |
wie Männern Bekleidungsvorschriften auf. Die neuen „Regeln für den | |
Journalismus“ sind zum Teil offene Zensur. | |
Seit Ende 2001 hatte sich eine breitgefächerte Medienlandschaft entwickelt. | |
Das ist vorbei. Schon bis Dezember hatten einer Erhebung von RSF und der | |
afghanischen Partnerorganisation AIJA zufolge 43 Prozent der afghanischen | |
Medien ihre Arbeit eingestellt. | |
## 84 Prozent der Journalistinnen gaben ihren Beruf auf | |
Am stärksten betroffen sind Frauen: 84 Prozent der Journalistinnen sind | |
nicht mehr in ihrem Beruf tätig. RSF fordert deshalb ein | |
Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Medienschaffende und deren | |
Familien. | |
Einmal in Deutschland, brauchen die afghanischen Journalist*innen eine | |
sichere Perspektive: einen unbefristeten Abschiebestopp samt Bleiberecht. | |
Denn die Taliban werden sich an der Macht einrichten. Sie betrachten den | |
unabhängigen Journalismus als Feind. | |
Dieser Text ist Teil einer Beilage der taz Panter Stiftung und von Reporter | |
ohne Grenzen in der taz vom 3. Mai 2022, dem Internationalen Tag der | |
Pressefreiheit. | |
3 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Christopher Resch | |
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