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# taz.de -- Russische Reaktionen auf Verhandlungen: „Frieden versprechen und …
> Die russische Öffentlichkeit ist über die Verhandlungen in Istanbul
> gespalten. Alle Seiten relativieren die Ansage einer militärischen
> Beruhigung.
Bild: Russischer Verhandler Medinski mit ukrainischem Verhandler Arakhamia in I…
Moskau taz | In den Hauptnachrichten des russischen Staatssenders Erster
Kanal lächelt die Moderatorin nahezu triumphierend, als sie die Meldungen
des Tages verliest. Die [1][russisch-ukrainischen Verhandlungen in
Istanbul] nennt sie einen Durchbruch. Ein wichtiger Kompromiss sei gefunden
worden. Endlich habe die Ukraine Dokumente mit klaren Formulierungen
vorgelegt: die Neutralität der Ukraine, die Abwendung Kiews von einem
Nato-Beitritt. Gegen einen EU-Beitritt der Ukraine, so heißt es wiederum,
habe Russland nichts einzuwenden.
Mehrere Minuten widmet die Sendung den „Verhandlungen in der Sonne vom
Bosporus“. Der russische Verhandlungsführer Wladimir Medinski spricht dabei
von der „[2][Verringerung der Aktivitäten der russischen Armee] bei Kiew
und Tschernihiw“ und beeilt sich sogleich zu sagen, dass es sich dabei
keineswegs um einen Waffenstillstand handele. Der Stalin-Verehrer erklärt
vor der Kamera den vermeintlichen Durchbruch. „Wir verstehen nun, wie wir
uns zu einem Kompromiss hin bewegen können. Die weiteren Schritte liegen an
Kiew.“ Das klingt nicht nach dem Erfolg, den das Staatsfernsehen zu
verkaufen versucht.
Der Kremlsprecher Dmitri Peskow widerspricht dann auch am Tag darauf diesen
Durchbruchszenarien. Die Position Russlands sei „allseits bekannt und
logisch“, sagt er. Geändert habe sich daran nichts. „Wir fahren mit der
Arbeit fort, Emotionen überlassen wir unseren Widersachern.“ Die Position
Russlands sei die „Denazifizierung“ und die „Demilitarisierung“ des
Nachbarlandes. So hatte es Putin in seiner hasserfüllten Rede am 24.
Februar formuliert, mit der er den Marschbefehl für die sogenannte
„militärische Spezialoperation“ in der Ukraine gab. Medinski hatte das Wort
„Denazifizierung“ vor den Kameras in Istanbul nicht mehr in den Mund
genommen. Zuvor hatte er sich mehrfach beklagt, dass Kiew nicht darüber
verhandeln wolle.
Indem Russland stets betont, nicht von seinen Zielen abzurücken – und die
Ziele sind nach wie vor „die Befreiung des Donbass“, auch wenn die
russischen Truppen die gesamte Ukraine bombardieren – wirft die angebliche
Annäherung von Istanbul viele Fragen auf. Zumal es sich dabei lediglich um
ukrainische Vorschläge handelt, auf die Moskau noch nicht offiziell
reagiert hat. Es bleibt unklar, wie die von Kiew geforderten
Sicherheitsgarantien anzuwenden wären. Die Staaten, von denen eine solche
Sicherheitsgarantie abhinge (unter anderem Großbritannien, die Türkei,
Frankreich), würden ähnliche Risiken tragen wie bei einem Nato-Beitritt der
Ukraine.
Auch fordert Kiew, dass die russischen Truppen sich auf die Stellungen von
vor dem 24. Februar zurückziehen. Was genau das für den Donbass, aber auch
für Gebiete wie Cherson oder Mariupol hieße, ist aus russischer wie auch
aus ukrainischer Sicht völlig unklar. Die Krim solle zunächst ausgespart
werden, sagt Kiew. Moskau hält die Krim für „nicht verhandelbar“, weil es
„russisches Territorium“ sei.
Der russische Militärexperte Pawel Lusin hält den russischen Auftritt in
Istanbul für ein Ablenkungsmanöver Moskaus. „Es kann eine Zermürbungstaktik
sein“, sagte er dem in Russland blockierten russischen Online-Medium The
Insider. „Sie versprechen Frieden und schießen weiter. Solange Russland
seine Truppen nicht abzieht und die Bombardierungen nicht einstellt, darf
man an keine Aussagen aus Russland glauben.“
Die kriegsbefürwortenden „Patriot*innen“ in Russland relativieren Medinskis
Aussagen ebenfalls, nur aus einer anderen Warte. Der „verrückt gewordene“
Verhandlungsführer sei nicht ernst zu nehmen. „Verräter! Bescheuerter
Demokrat! Zum Teufel mit ihm!“, kommentieren Nutzer*innen im
Staatssender RT den „Durchbruch“ von Istanbul.
30 Mar 2022
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## AUTOREN
Inna Hartwich
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