| # taz.de -- Neues Gesetz der Ampel-Koalition: Keine Kündigung für Whistleblow… | |
| > Justizminister Buschmann legt einen Gesetzentwurf vor, der Angestellte | |
| > schützen soll, die Skandale aufdecken. Geplant sind tausende | |
| > Meldestellen. | |
| Bild: Will Whistleblower schützen: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) | |
| Freiburg taz | Erstmals sollen Whistleblower in Deutschland gesetzlich | |
| geschützt werden. Das sieht ein Gesetzentwurf von Justizminister Marco | |
| Buschmann vor, der der taz vorliegt. Wer in seinem Unternehmen einen | |
| Skandal aufdeckt, [1][soll vor Kündigung und anderen Nachteilen geschützt | |
| sein.] Der Rauswurf ist dann unwirksam und der Whistleblower kann | |
| Schadensersatz verlangen. Das ist der Grundgedanke des geplanten | |
| „Hinweisgeberschutzgesetzes“. | |
| Das Gesetz soll nicht nur in der Privatwirtschaft gelten – von VW über | |
| McDonald’s bis zur Deutschen Bank –, sondern auch im öffentlichen Dienst, | |
| von der Verwaltung über Polizei und Justiz bis zur Bundeswehr. Überall | |
| werden gelegentlich Gesetze missachtet und überall gibt es Mitarbeiter, die | |
| das mitbekommen und einen Beitrag zur Abhilfe leisten können. | |
| Wenn Whistleblower geschützt sein wollen, müssen sie sich allerdings auch | |
| an gewisse Regeln halten, die das Gesetz definiert. Dessen Ziel ist eine | |
| möglichst nichtöffentliche Klärung der Vorwürfe. Die Hinweisgeber müssen | |
| sich deshalb an bestimmte Meldestellen wenden. | |
| Dabei haben die Hinweisgeber die freie Wahl, ob sie sich einer Meldestelle | |
| ihres Arbeitgebers anvertrauen oder eine externe staatliche Meldestelle | |
| kontaktieren. Anders als nach der bisherigen Rechtsprechung der | |
| Arbeitsgerichte gibt es also keinen Vorrang der unternehmensinternen | |
| Aufklärung. Das ist ein wichtiger Fortschritt. | |
| ## Pro Jahr rund 90.000 Hinweise prognostiziert | |
| Direkt an die Öffentlichkeit darf ein Hinweisgeber nur in wenigen | |
| Ausnahmefällen gehen, etwa wenn Menschen kurzfristig zu Schaden kommen | |
| könnten. Dann dürfen sofort Medien informiert oder Beweisfotos in sozialen | |
| Netzwerken gepostet werden. Künftig werden alle Unternehmen mit mehr als | |
| fünfzig Beschäftigten verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. | |
| Insgesamt geht es um rund 90.000 Unternehmen. Etwa die Hälfte von ihnen ist | |
| aber bereits entsprechend ausgestattet. | |
| Buschmann schätzt, dass bundesweit pro Jahr rund 90.000 Hinweise auf | |
| illegales Handeln eingehen werden, wovon etwa 70 Prozent eine nähere | |
| Prüfung erfordern. Für die Wirtschaft werde das Mehrkosten von 200 | |
| Millionen Euro pro Jahr verursachen, heißt es im Gesetzentwurf. Bei Bund, | |
| Ländern und Gemeinden müssen weitere rund 25.000 Meldestellen für deren | |
| Beschäftigte aufgebaut werden. Der öffentlichen Hand bringt dies Mehrkosten | |
| von 220 Millionen Euro. | |
| Davon zu unterscheiden ist die externe Meldestelle, an die sich alle wenden | |
| können, die sich nicht an die Meldestelle ihres Arbeitgebers wenden wollen | |
| oder die in einem Kleinunternehmen arbeiten. Diese externe Meldestelle soll | |
| beim Bundesamt für Justiz in Bonn entstehen. Buschmann rechnet dort mit nur | |
| rund 3.000 Hinweisen pro Jahr. | |
| Laut Gesetzentwurf sind auch Whistleblower geschützt, deren Hinweise sich | |
| letztlich als falsch herausstellen – wenn sie nachvollziehbaren Grund zur | |
| Sorge hatten. Nur wer den Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig | |
| falsch anschwärzt, kann anschließend gekündigt werden und muss auch noch | |
| Schadensersatz zahlen. | |
| Das Gesetzesvorhaben ist dringend, weil eine EU-Richtlinie zum | |
| Whistleblower-Schutz umgesetzt werden muss [2][und die Frist schon Ende | |
| 2021 ablief.] Die Große Koalition konnte sich damals nicht einigen. Die | |
| CDU/CSU wollte die EU-Richtlinie nur eins zu eins umsetzen, sie hätte dann | |
| nur für die Aufdeckung von Verstößen gegen EU-Recht gegolten. Die SPD | |
| wollte Whistleblower auch dann vor Kündigung und Repressalien schützen, | |
| wenn sie Verstöße gegen deutsches Recht melden. Der Buschmann-Entwurf ist | |
| nahe an der SPD-Linie. Whistleblower sollen im Kern immer dann geschützt | |
| sein, wenn sie auf strafbares Handeln hinweisen oder auf Verstöße in | |
| wichtigen Gebieten wie Umwelt- oder Lebensmittelrecht. | |
| 6 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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