# taz.de -- Klimaschutz oder Greenwashing?: Hamburg Airport jetzt klimaneutral | |
> Der Hamburger Flughafen hat sich Klimaneutralität bescheinigen lassen. | |
> Das gilt jedoch nur für den Betrieb am Boden und nicht für den | |
> Flugverkehr. | |
Bild: Beitrag zum Klimaschutz: Fluggastbrücken mit Solarpaneels | |
Hamburg taz | Der Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel wirtschaftet als erster | |
großer Verkehrsflughafen in Deutschland CO2-frei. Ein entsprechendes | |
Zertifikat hat ihm jetzt der europäische Flughafenverband Airports Council | |
International ausgestellt. [1][Umweltschützer weisen allerdings darauf hin, | |
dass der Betrieb von Flughäfen das geringere Problem] für das Weltklima | |
sei. Hauptproblem sei das Fliegen an sich. | |
Der Hamburger Airport hat es nach eigenen Angaben geschafft, seinen | |
Kohlendioxidausstoß seit 2009 um 80 Prozent zu drücken: von 40.000 auf | |
8.700 Tonnen im Jahr. Um das hinzukriegen, betreibt er ein eigenes | |
Blockheizkraftwerk, das 70 Prozent der Wärme und 30 Prozent des benötigten | |
Stroms liefert. Die Raumluft wird je nach Jahreszeit vorgewärmt oder | |
vorgekühlt, indem sie durch das Erdreich unter dem Flughafen geleitet wird. | |
Der Flughafen arbeitet mit Ökostrom, hat seine Beleuchtung auf stark | |
stromsparende LEDs umgestellt, betreibt Fahrzeuge mit Ökostrom und | |
Wasserstoff sowie die Fahrgastbrücken mit Solarzellen. [2][Als CO2-Fresser | |
hat er einen Wald von 750 Hektar Größe angelegt]. Und weil das immer noch | |
nicht reicht, um auf null zu kommen, kauft er für die letzten 20 Prozent | |
[3][Ausgleichszertifikate aus dem internationalen Emissionshandel]. | |
Der Naturschutzbund (Nabu) anerkennt diese Anstrengungen. „Dass Flugzeuge | |
beispielsweise ihre Turbinen ausstellen und am Boden mit grünem Strom | |
versorgt werden, hat Vorbildcharakter“, lobt der Landesvorsitzende Malte | |
Siegert. Es dürfe aber in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entstehen, | |
dass Fliegen kein Problem mehr sei, nur weil der Flughafen selbst | |
klimaneutral operiere. | |
Der Umweltverband BUND bezeichnete das Zertifikat als „riesige | |
Mogelpackung, ein Greenwashing, wie es perfider kaum geht“. Und die | |
Fluglärmgegner aus der Nachbarschaft, der Initiativkreis Klima- und | |
Fluglärmschutz und die Arbeitsgruppe Luftverkehr, kritisierten die | |
Präsentation des Zertifikats, zu der der Finanz- und der Wirtschaftssenator | |
kamen, als „Showveranstaltung, die in keiner Weise der Klimakrise gerecht | |
wird“. | |
Die Fluglärmbetroffenen weisen darauf hin, dass der Flugverkehr in Hamburg | |
ein Vielfaches der Emissionen verursacht, die der Flughafenbetrieb am Boden | |
emittiert. Dabei muss jede Tonne CO2 wegen der besonderen Effekte des | |
Luftverkehrs dreifach gewertet werden, die Maßeinheit dafür sind | |
„CO2-Äquivalente“. | |
Dem Statistikamt Nord zufolge hat der Luftverkehr Hamburg im | |
Vor-Corona-Jahr 2019 insgesamt 1,1 Millionen Tonnen CO2 emittiert, zu denen | |
aber auch der Flugverkehr des Airbus-Werks beiträgt. Der Hamburger | |
Flughafen sei 2019 global für mehr als 2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente | |
verantwortlich, rechnet der BUND vor. | |
Die Flughäfen dagegen haben ihr eigenes Rechensystem und weisen sich nur | |
den [4][CO2-Ausstoß bei Starts und Landungen] zu. Fuhlsbüttel kam nach | |
dieser Rechnung auf gut 120.000 Tonnen. | |
Für Malte Siegert vom Nabu ist jedenfalls klar, dass es darum gehen muss, | |
die Zahl der Flüge zu reduzieren. Es sei „absolut unvereinbar mit den | |
klimapolitischen Zielen des Senats, auf ein Wachstum am Flughafen zu | |
setzen, an dem die Stadt beteiligt ist“. Politisches Ziel müsse es sein, | |
auf die Schiene umzusteigen. | |
26 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Greenwashing-beim-Flughafen-Hamburg/!5766080 | |
[2] /Hamburger-Flughafen-bietet-Ablasshandel/!5658489 | |
[3] /Klimakompensation/!5193410 | |
[4] https://www.hamburg-airport.de/de/unternehmen/umwelt/so-berechnen-sich-die-… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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