Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Fraglos modern
> Im Kino Arsenal begeben sich Filmemacher*innen auf die Spuren
> Pasolinis. Das Zeughauskino zeigt die frühen Filme von Michael/Mihály
> Kertész.
Bild: „Futura“, 2021, Regie: Pietro Marcello
[1][Pier Paolo Pasolini] gehörte zu den bedeutenden Intellektuellen der
1960er Jahre, als Dichter, Schriftsteller, Journalist und Filmemacher
äußerte er sich viel und gern zu Themen wie Religion, Politik und
Sexualität. Als antiklerikaler Marxist und Homosexueller vertrat Pasolini
seinerzeit fraglos moderne Positionen, entsprechend wurde er von den
konservativen Kräften Italiens angefeindet.
Als Filmemacher ist sein Erbe sehr divers zu nennen: Er schuf
Neubearbeitungen antiker Stoffe wie „Medea“ (1969, mit der Opernsängerin
Maria Callas in der Titelrolle), drehte einen Jesus-Film („Il Vangelo
secondo Matteo“, 1964) und befragte in der essayistischen Dokumentation
„Comizi d’amore“ (1964) Italiener zu ihrer Einstellung zu Sexualität, Ehe
und Scheidung.
Oder er schickte Nino Davoli und den Komiker Toto in der Parabel
„Uccellacci e uccellini“ (1966) als Toren auf der Suche nach dem richtigen
Weg durch ländliche Gegenden und schäbige Neubaugebiete, ohne dass sie
dabei die notwendige Veränderung der Gesellschaft erkennen könnten.
Die Kritikerin Hannah Pilarczyk stellt diese Filme in der von ihr
kuratierten Reihe „[2][Comizi d'autore – Zeitgenössische italienische
Filmemacher*innen auf den Spuren von Pier Paolo Pasolini]“ aktuellen
Werken des italienischen Kinos gegenüber, die man im weitesten Sinne von
Pasolini beeinflusst nennen könnte.
So wird in Alice Rohrwachers Parabel „Glücklich wie Lazzaro“ (2018) der
Titelheld in einem bizarren spätfeudalistischen Setting skrupelloser
Ausbeutung bei seinen arglosen Versuchen, allen Menschen etwas Gutes zu
tun, zu einem unfreiwilligen Märtyrer und zu einer Art Heilandsfigur.
„Futura“ (2021) von Pietro Marcello, Francesco Munzi und Alice Rohrwacher
setzt hingegen die dokumentarische Tradition der Befragung fort, in diesem
Falle von jungen Leuten, die sowohl von Gegenwartsthemen sprechen – etwa
ihrem Umgang mit sozialen Medien –, als auch und vor allem davon, wie sie
sich die Zukunft für sich in Italien und auf der Welt vorstellen (4. – 29.
3., [3][Kino Arsenal], [4][www.arsenal-berlin.de]).
Wer sich für das Kino des klassischen Hollywood-Studiosystems interessiert,
kommt an dem aus Ungarn stammenden Regisseur Michael Curtiz nicht vorbei,
sein berühmtestes Regiewerk „Casablanca“ (1942) kennt vermutlich so gut wie
jede:r.
Doch Curtiz hatte als Mihály/Michael Kertész vor seiner Abfahrt nach
Amerika im Jahr 1926 bereits rund 60 Filme in seiner Heimat, in Österreich
und in Deutschland gedreht. Wie etwa das (Teil-)Monumentalwerk „Sodom und
Gomorrha“ (1922), den seinerzeit teuersten österreichischen Film, der
zwischen zwei Spielhandlungen um das Thema Unmoral in der Gegenwart und den
in der Bibel erwähnten, titelgebenden Städten hin- und herspringt.
Zu sehen ist dies in der kleinen Schau „[5][Mihály/Michael Kertész: Als
Curtiz noch Kertész war – seine frühen Filme]“ mit acht Stummfilmen aus d…
Frühzeit des Regisseurs (6. 3.,17 Uhr, Zeughauskino).
Schwindelfreie Freunde der Bergwelt werden sich möglicherweise mit „Der
Alpinist“ anfreunden können, einem dokumentarischen Porträt des 2018 bei
einem Lawinenunglück ums Leben gekommenen kanadischen Kletterers Marc-André
Leclerc.
Der Film weiß um die letztlich zweifelhafte Faszination für Bilder von
Menschen, die ungesichert in steilen Felswänden klettern und sich dabei in
eine tödliche Gefahr begeben, erklärt aber auch sehr schön, worin für die
Protagonist:innen selbst die Faszination ihres Sports besteht: dass man
in zumindest einem Aspekt seines Lebens die totale Kontrolle hat.
Jedenfalls bis zum möglichen Absturz (3. – 9.3., 13.30 Uhr, [6][B-ware!
Ladenkino], 6.-9.3, 18.15. Uhr, [7][Xenon]).
3 Mar 2022
## LINKS
[1] /Archiv-Suche/!5835351&s=pasolini&SuchRahmen=Print/
[2] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/comizi-dautore-zeitgenoessisch…
[3] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/comizi-dautore-zeitgenoessisch…
[4] http://www.arsenal-berlin.de
[5] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/mihaly-michael-kertesz/
[6] https://ladenkino.de/
[7] https://www.xenon-kino.de/
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
taz Plan
Kolumne Frisch gesichtet
Pier Paolo Pasolini
Filmreihe
Filmgeschichte
Märchen
taz Plan
taz Plan
taz Plan
Schwerpunkt Berlinale
Film
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kinderbuchverfilmung von Pietro Marcello: Die Welt der Magie retten
Der italienische Regisseur Pietro Marcello verfilmt mit „Die Purpursegel“
ein russisches Kinderbuch. Er inszeniert es als märchenhafte Befreiung.
Wieder in Berliner Kinos: Die andere Macht
Vintage Star Wars-Abend, Sebastião Salgados Doku zur Lage der Erde, Charlie
Chaplin auf Rollschuhen und eine Gruppe Kinder, die zur Familie werden
Filmempfehlungen für Berlin: Doppelt verwandt
Wieder im Kino: Astaire/Rogers-Musicals der 30er und Familiendokus von Jide
Tom Akinleminu. Sergej Losnitzas „Donbass“ von 2018 erlangt neue Brisanz.
Kinotipp der Woche: Das Damals in Greifweite
Die Filmreihe „Materialität der Erinnerungen“ im Sinema Transtopia zeigt
postjugoslawisches Kino mit Ausflügen in die westdeutsche Filmgeschichte.
Spielfilm zur Geschichte des Anarchismus: Zwischen Spiel und Strenge
Anarchisten in einer Schweizer Uhrenfabrik sorgen für Unruhe in Cyrils
Schäublins Film. „Unrueh“ ist zu sehen in der Berlinale-Reihe Encounters.
Auf den Spuren Pier Paolo Pasolinis: Ein Strand wie eine Festungsanlage
Vor über sechzig Jahren fuhr der Regisseur Pasolini die italienische Küste
ab. Filmemacher Pepe Danquart tut es ihm gleich in „Vor mir der Süden“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.