# taz.de -- Russische Angriffe auf die Ukraine: Stell Dir vor, es ist Krieg | |
> Jetzt, da Putin seine Drohung wahr gemacht hat, ist alles ganz anders. | |
> Ich muss erkennen: Meine Vorstellungskraft reicht nicht aus für diesen | |
> Krieg. | |
Bild: Eine Frau versucht auf dem Bahnhof in Kiew mit einem Zug die Stadt zu ver… | |
Niemand durfte von der Nachricht überrascht gewesen sein, dass russische | |
Truppen die [1][Invasion] in die Ukraine begonnen haben. Schon am | |
Mittwochabend war die Einschätzung aus den US-Krisenstäben gesickert und | |
das in völlig eindeutiger Tonlage: Eine Invasion der [2][Ukraine] stehe | |
bevor, entweder schon gegen Mitternacht mitteleuropäischer Zeit oder zur | |
selben Zeit in der Nacht auf Freitag. Erwartet worden waren Bodentruppen, | |
Angriffe auf Kiew wie andere Städte und Cyberattacken. Cyberattacken | |
könnten außerdem auch jene Staaten treffen, die sich hinter die Ukraine | |
stellen. | |
Und dann liefert [3][Wladimir Putin] pünktlich, was er versprochen hat, man | |
konnte es in der Nacht live verfolgen. Und es ist plötzlich alles ganz | |
anders. Die Drohung mit Krieg und der Beginn einer Invasion sind völlig | |
unterschiedliche Sachen; in allererster Linie natürlich für die Menschen in | |
der Ukraine, aber auch für verstörte Beobachter und Beobachterinnen, für | |
ratlose Politikerinnen, für engagierte aber ebenso ratlose Journalistinnen. | |
Noch gestern Abend schien mir die wüsteste Erwartung, das russische Militär | |
könne Kiew angreifen, bizarr und einen Schritt zu weit in der hilflosen | |
Interpretation dessen, wohin Putin die Eskalation treiben würde. | |
Und exakt das macht Wladimir Putin. Er verschiebt Tag für Tag das | |
Vorstellbare nach schematischer Planung, bis nichts mehr unvorstellbar ist. | |
Das ist der Punkt, an dem er die Ukraine und ihre Unterstützerinnen, an dem | |
er die Nato haben will. | |
Heute scheint sogar ein Krieg über die Ukraine hinaus vorstellbar. Die | |
baltischen Staaten, die Putin schon am Montagabend mit Nadelstichen in | |
Sorge gestürzt hat, können sich ihrer autonomen Staatlichkeit nicht mehr | |
sicher sein. Die Energieversorgung in Westeuropa könnte gestört werden, | |
genauso wie andere infrastrukturelle Bereiche und der Finanzsektor. Mit | |
welchen Waffen das russische Militär agieren wird, auf diese Vorstellung | |
will ich mich (noch) nicht einlassen. | |
Das mittel- bis langfristige Ergebnis des Putinschen Feldzuges wird sehr | |
wahrscheinlich eine demilitarisierte Zone rund um einen ausgedehnten | |
russischen Einflussbereich sein, eine Marionette in Kiew und eine handzahme | |
Nato, deren Erweiterung nicht nur mittelfristig nicht auf der Tagesordnung | |
steht. | |
Aber vielleicht reicht meine Vorstellungskraft einfach auch nicht für mehr. | |
24 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Junge | |
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