# taz.de -- Demo vor russischer Botschaft: Jugend demonstriert gegen Putin | |
> Der Protest gegenüber Russland wird auch in Berlin lauter. Am frühen | |
> Dienstagabend wurde vor der russischen Botschaft demonstriert. | |
Bild: Im Vergleich zu 2014 sind die Demonstrant*innen jünger und durchmischter | |
Berlin taz | Es muss schon ein bedeutsames Ereignis sein, dass die | |
Jugendorganisationen von CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen gemeinsam auf die | |
Straße gehen. Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, wirkte am | |
Dienstagabend glatt wie ein politischer Aktivist, als er mitten im Pulk den | |
Sprechchor „Stand with Ukraine“ in das Mikrofon anstimmte. | |
Vor der russischen Botschaft hatten sich rund 600 Menschen versammelt, um | |
ihre Solidarität mit der Ukraine und Forderungen an die russische Regierung | |
zu bekunden. Gekommen sind, wie schon zu vorherigen Protesten, größtenteils | |
junge Menschen. Einige sprechen ukrainisch miteinander, viele aber auch | |
deutsch oder englisch. | |
Ukrainische Nationalflaggen werden geschwenkt oder über die Schultern | |
gelegt. Auf dem engen Grünstreifen vor der Botschaft kommt eine hektische | |
Stimmung auf und immer wieder ertönen laute Sprechchöre, unterstützt von | |
Trommelschlägen – gerufen wird im Wechsel: „Stand with Ukraine“, „Stop | |
Putin, Stop Wars“, „Raus aus Donbass“ und „Sanktionen gegen Russland | |
jetzt“. In den Stimmen und der Lautstärke der Demonstrierenden ist ihre Wut | |
auf das Verhalten Russlands in der Ukraine deutlich spürbar. | |
„Wir sind dankbar, dass sich Deutschland heute auf unsere Seite gestellt | |
hat und [1][Nord Stream 2 vorerst gestoppt] hat“, verkündet Eva, eine | |
Sprecherin von vitsche Berlin, einer jüngst gegründeten Initiative junger | |
Menschen, die sich mit der Ukraine solidarisieren. Danach halten jeweils | |
Vertreter der Jugendorganisationen der großen Parteien kurze Reden – den | |
Anfang macht der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban. Er spricht von | |
einem gemeinsamen Appell junger Politiker*innen, den es in der Form schon | |
lange nicht mehr gegeben habe. Seine Forderung ist ein klares Signal der | |
deutschen Regierung gegenüber Wladimir Putin. Er fügt hinzu: „Zu lange | |
haben wir unsere Freunde im Stich gelassen.“ | |
## „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ | |
Im Anschluss sprechen der Bundessprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, | |
der stellvertretende Vorsitzende der Jusos, Lasse Rebbin, und Maximilian | |
Reiter, Mitglied des Bundesvorstands der Jungen Liberalen. Sie alle fordern | |
eine starke Haltung Deutschlands und der EU gegenüber Russland. Die | |
momentane Absage in Sachen Nord Stream 2 und die geplanten Sanktionen | |
unterstützen sie dabei alle. Gleichzeitig sehen sie es als notwendig an, | |
dass [2][Wladimir Putin „zurück an den Verhandlungstisch“] kommt. Die | |
Voraussetzung dafür müsse aber sein, dass Putin die Anerkennung der | |
Separatistengebiete als unabhängig zurücknimmt. | |
Für Lasse Rebbin (Jusos) ist es die Pflicht der jungen Generation, die in | |
einem friedlichen Europa aufwächst, dafür zu sorgen, dass die militärische | |
Aggression Russlands endet. Und tatsächlich sind viele junge Menschen vor | |
Ort. So wie die 21-jährige Demonstrantin Celina Isenbart, für die die | |
Demonstration am Dienstag schon der sechste Ukraine-Protest innerhalb | |
kurzer Zeit ist. Und für den 22-jährigen Lukas (Junge Union) ist es gar die | |
erste Demo überhaupt. Er gibt zu, dass das Auftreten auf Demonstrationen | |
sonst nicht das Steckenpferd der CDU ist. „Aber wenn nicht jetzt, wann | |
dann?“, sagt er. Europa ist vor allem ein Thema für junge Menschen, hier | |
geht es um unsere Zukunft.“ | |
Eine Demonstrantin, die schon 2014 bei den vergleichsweise kleineren | |
Protesten dabei war, meint, ihr bedeute es viel, dass so viele verschiedene | |
Menschen sich mit der Ukraine solidarisieren und auf die Straße gehen. Sie | |
ist in der Ukraine geboren und lebt seit zehn Jahren in Berlin. Ihre | |
Familie und viele Freund*innen sind aber noch in der Ukraine. Natürlich | |
mache sie sich um sie alle Sorgen. Sie sagt, während 2014 noch die meisten | |
Teilnehmer*innen auf den Demos aus der „ukrainischen Community“ | |
gekommen seien, gehe es momentan deutlich gemischter zu: „Die | |
Ernsthaftigkeit dieses Konflikts ist endlich in Deutschland angekommen.“ | |
## Und was ist mit der Linksjugend? | |
Die Initiative vitsche möchte einen Beitrag leisten, die ukrainische | |
Community in Berlin sichtbarer zu machen. Ein Sprecher der Initiative, | |
Maxim Gyrych, bestätigt, dass die Demo-Teilnehmer*innen im Vergleich zu | |
2014 jünger geworden sind. Seiner Meinung nach liege das einerseits an | |
einem vermehrten Zuzug junger Ukrainer*innen nach Berlin seit 2014, | |
andererseits auch an der Mobilisierung zu Protesten auf Social Media. | |
Gyrych hofft, dass nach Putins Rede am Montag, in welcher er die | |
ostukrainischen Gebiete Donbass und Luhansk als unabhängig anerkannte, | |
„deutlich wird, dass es Putin nicht um die Nato, sondern um großrussischen | |
Imperialismus geht“. | |
Manche Demonstrant*innen fragten sich, warum die Linksjugend nicht | |
offiziell mit den anderen Jugendorganisationen auftrat. Auf Twitter ließen | |
sie verkünden, dass das auch daran lag, dass die Junge Union ein | |
Kooperationsverbot mit ihnen habe. Demnach bedauern sie es, dass diese | |
„Ausgrenzungstaktik“ erfolgreich war. | |
Ebenfalls auf Twitter stellte der Bundesverband der Linksjugend in einer | |
Stellungnahme einen internen Konflikt mit ihrem Berliner Ableger dar: Sie | |
kritisieren ein Statement vom Landesverband Berlin vom 22. Februar, in | |
welchem die These aufgestellt wurde, dass der Aggressor im Konflikt um die | |
Ostukraine die Nato sei. Für den Bundesverband ist klar, dass der Einmarsch | |
russischer Truppen in ukrainisches Gebiet einen „völlig inakzeptablen Bruch | |
des Völkerrechts“ darstellt und die Hauptschuld an der Eskalation beim | |
russischen Regime liegt. | |
Einer der Landessprecher Berlins, Bengt Rüstemeier, meint, dass die | |
Berliner Linksjugend in dem Konflikt sowohl die Osterweiterung der Nato | |
kritisiere wie auch den russischen Völkerrechtsbruch. Rüstemeier betont, | |
dass auch die Linksjugend Berlin keinesfalls das russische Vorgehen als | |
„gut oder besser als die Nato“ in dem Konflikt sehe. | |
Gleichwohl sind am Dienstag auch Mitglieder der Linkspartei vor Ort – wenn | |
auch vorwiegend etwas älteren Semesters. Die Berliner Landesvorsitzende | |
Katina Schubert ist dabei, ebenso der Berliner Linksfraktionsvorsitzende | |
Carsten Schatz und auch mehrere Bundestagsabgeordnete wie Pascal Meiser, | |
Caren Lay oder Martina Renner. Auf dem Transparent, um das sie sich | |
versammelt haben, steht: „Die Waffen nieder!“ Klaus Lederer, Berlins | |
Linksparteibürgermeister, twittert: „Es tut gut, mit so vielen vor der | |
Russischen Botschaft zu protestieren.“ | |
23 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Josua Gerner | |
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