Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Paralympics mit Russland und Belarus: Krieg bei den Spielen
> Russische und belarussische Sportler dürfen bei den Paralympischen
> Spielen als neutrale Athleten teilnehmen. Lässt sich Sport
> entpolitisieren?
Bild: Ein ukrainischer Journalist erinnert in Peking an Biathlet und Kriegsopfe…
Von einflussreichen Akteuren war der Ausschluss Russlands und Belarus’ von
den am Freitag beginnenden Paralympischen Spielen in Peking gefordert
worden. Die nationalen paralympischen Komitees aus den USA, Kanada, England
und Deutschland hatten sich dafür wegen der Invasion Russlands in der
Ukraine ausgesprochen. Am Mittwoch entschied das Internationale
Paralympische Komitee (IPC) sich aber gegen einen Ausschluss der russischen
und belarussischen Sportler:innen.
Das IPC erklärte, dass [1][der Bruch der UN-Resolution], die rund um die
Olympischen und Paralympischen Spiele die Teilnehmer zum Waffenstillstand
verpflichtet, nicht unbestraft bleiben könne. Die Maßnahmen, für die man
sich entschlossen habe, seien aber vom Prinzip der politischen Neutralität
und dem Glauben an der verändernden Kraft des Sports geleitet gewesen.
Beschlossen hat das IPC, dass Athleten aus den beiden Ländern nur als
neutrale Athleten unter der paralympischen Flagge und ohne nationale Hymne
antreten dürfen. Zudem werden ihre Leistungen im Medaillenspiegel nicht
berücksichtigt. Die militärische Intervention Russlands 2014 auf der Krim
vor den Paralympischen Spielen in Sotschi hatte das IPC tatenlos
hingenommen.
„Ich erwarte nun von allen Teilnehmern, dass sie die neutralen Athleten wie
jeden anderen Athleten bei diesen Spielen behandeln, egal wie schwierig
dies auch sein mag“, sagte IPC-Präsident Andrew Parsons: „Im Gegensatz zu
ihren jeweiligen Regierungen sind diese paralympischen Athleten und
Funktionäre nicht die Aggressoren. Sie sind hier, um wie alle anderen an
einem Sportereignis teilzunehmen.“
## Hintertür vom IOC geöffnet
Am Sonntag hatte das Internationale Olympische Komitee noch empfohlen, dass
alle russischen und belarussischen Sportler und Funktionäre nicht mehr an
internationalen Wettbewerben teilnehmen sollten. Allerdings hatte man für
die Paralympischen Spiele bereits eine Hintertür offengelassen. Wo dies
kurzfristig oder aus juristischen Gründen nicht möglich sei, hieß es,
sollten diese als neutrale Athleten ohne Flagge und Hymne antreten. Unter
neutraler Flagge mussten [2][Russlands Ahtleten übrigens bereits 2018 bei
den Spielen in Pyeongchang] antreten. Das war damals einer der
Sanktionsmaßnahmen, die das Staatsdoping nach sich zog.
IPC-Chef Parsons versuchte an diesem Mittwoch präventiv dem Vorwurf zu
großer Milde entgegenzutreten: „Wofür wir uns entschieden haben, ist die
härteste Bestrafung, die wir im Rahmen unserer Verfassung und der aktuellen
IPC-Regeln verhängen können.“
Dass nicht nur die knappe Frist zum Beginn der Paralympischen Spiele ein
Problem ist, sondern es auch um Grundsätzliches geht, das machte Andrew
Parsons im Vorfeld des Beschlusses deutlich. Er sagte: „Wir sehen die
Gefahr, dass wir anfangen, politisch zu werden oder uns von politischen
Meinungen oder politischen Entscheidungen leiten zu lassen.“ Die Frage sei,
wo man die Grenze ziehe, warum man den einen Konflikt so und einen anderen
auf andere Weise bewerte.
Die Entscheidung des IPC wird bei vielen Sportler:innen für großen Unmut
sorgen. In einem offenen Brief, der von zahlreichen Sportler:innen aus
der Ukraine unterschrieben wurde, hatte die Athletenvereinigung Global
Athlete mit Blick auf die Paralympischen Spiele die sofortige Suspendierung
der Verbände Russlands und Belarus’ verlangt: „Wenn das IOC und das IPC
sich weigern, tätig zu werden, ermutigen Sie die Verletzung internationaler
Gesetze sowie ihrer eigenen Charta durch Russland und Belarus.“
Entsetzt über die Zulassung von Russen und Belarussen bei den Paralympics
zeigte sich Friedhelm Julius Beucher, der dem Deutschen
Behindertensportverband vorsteht: „Das ist enttäuschend und mutlos.
Angesichts der täglichen Kriegsgräuel in der Ukraine hätten wir einen
solchen Beschluss nicht für möglich gehalten.“ Der Beschluss sende ein
„völlig falsches Signal“.
In der IPC-Pressemitteilung wird die Niederländerin Jitske Visser, die
Vorsitzende des IPC-Athletenrats, wie folgt zitiert: „Ich hoffe jetzt, dass
nach dieser Entscheidung der Fokus wieder auf den Sport gerichtet werden
kann …“ Mit den Hoffnungen der 20 paralympischen ukrainischen Athletinnen
und Athleten, die an den Spielen in Peking teilnehmen, wird sich das
vermutlich nicht decken. Der Krieg wird auch bei den Paralympischen Spielen
ein Thema bleiben, erst recht nach dieser Entscheidung.
2 Mar 2022
## LINKS
[1] /Erklaerung-zum-Olympischen-Frieden/!5647285
[2] /Kolumne-Russisch-Brot/!5471656
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
Schwerpunkt Paralympics 2024
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
American Pie
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Russische Sportler bei Olympia: Schwieriger Kompromiss
Dürfen russische Sportler zu den Olympischen Spielen kommen? Das IOC sucht
Kompromisse. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt: Ein Ausschluss ist
wahrscheinlicher.
Sportwelt und Weltpolitik: Das Zeitalter der Haltung
Sportler:innen müssen für das Gute einstehen: gegen Krieg, für
Menschenrechte. Nur: Ändert das den Sport überhaupt?
Paralympics 2022 in Zeiten des Kriegs: Frontlinie bei den Spielen
Am Samstag werden die ersten paralympischen Medaillen vergeben. Fünf
wissenswerte Dinge über die Pekinger Winterspiele.
Russland von Paralympics ausgeschlossen: Jetzt doch politisch
Das Internationale Paralympische Komitee behauptet, Sport und Politik
trennen zu wollen. In Wirklichkeit agiert es politisch, wenn es gerade
passt.
Rolle von Belarus im Ukraine-Krieg: Schützenhilfe für Putin
Die Ukraine fürchtet einen Großangriff durch das Nachbarland Belarus. Doch
dort könnte es auch Verbündete geben.
Debatte in NHL über Rauswurf der Russen: Putin on Ice
Alexander Owetschkin ist der beste Russe in der NHL. Weil er ein Fan des
russischen Präsidenten ist, wird nun über den Rauswurf aller Russen aus der
Liga diskutiert.
Fifa und Uefa schließen Russland aus: Schiefe Brücken
Die Fifa und Uefa ringen sich zum Ausschluss Russlands durch. Für die
verbindende Kraft des Sports standen die beiden Verbände ohnehin nie.
Russische Schachspieler gegen Krieg: Schwärzester Donnerstag
Einige russische Schachgroßmeister wenden sich gegen den Krieg in der
Ukraine. Die Olympiade in Moskau sagt der Weltverband ab.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.