| # taz.de -- Scholz vor Reise nach Kiew und Moskau: Auf schwieriger Mission | |
| > Am Montag reist Olaf Scholz nach Kiew, dann nach Moskau. Die Lage sei | |
| > „sehr, sehr ernst“, sagt der Kanzler. | |
| Bild: Hier noch in Berlin, ab Montag auf heikler Reise gen Osten: Kanzler Olaf … | |
| BERLIN taz | Es wird eine Reise in heikelsten Zeiten: Am Montag wird | |
| Bundeskanzler Olaf Scholz in die ukrainische Hauptstadt Kiew fliegen, tags | |
| darauf in Moskau Russlands Präsidenten Wladmir Putin treffen. Der | |
| Sozialdemokrat muss sich dort höchster Krisendiplomatie widmen. Hatten doch | |
| US-Geheimdienste zuvor von einer [1][russischen Invasion in der Ukraine | |
| bereits am Mittwoch gewarnt]. | |
| Scholz nannte den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine am Sonntag | |
| eine „sehr, sehr ernste Bedrohung des Friedens in Europa“. Im Fall eines | |
| militärischen Angriffs gegen die Ukraine käme es zu „harten Reaktionen und | |
| Sanktionen“, sagt der Sozialdemokrat in Berlin. Diese seien bereits von den | |
| Nato- und EU-Verbündeten vorbereitet und würden sofort wirksam. | |
| Scholz erklärte, er wolle mit seiner Reise nach Kiew und Moskau ausloten, | |
| „wie wir den Frieden in Europa sichern können“. Die Ukraine könne sich | |
| Deutschlands Solidarität sicher sein. Auch wirtschaftlich habe die | |
| Bundesrepublik die Ukraine von allen Ländern bisher am meisten unterstützt | |
| – und werde dies auch weiterhin tun. | |
| Hinter den Kulissen wurde am Sonntag in deutschen Regierungskreisen | |
| eingeräumt, dass die Sorge vor einem russischen Angriff größer geworden | |
| sei. Die Lage sei „sehr kritisch und sehr gefährlich“. Es sei aber nicht | |
| die Stunde der Resignation. Scholz werde in Kiew und Moskau „mit allen zur | |
| Verfügung stehenden Mitteln“ in die Gespräche gehen und versuchen einen | |
| Beitrag zur Entschärfung der Lage zu leisten. | |
| Dass Russland zuletzt von Deeskalation redete, sei ein erster Schritt, den | |
| man nicht kleinreden wollen, erklärten Regierungskreisen. Entscheidend aber | |
| sei, was am Boden passiere. 100.000 hochgerüstete Streitkräfte an der | |
| Grenze zur Ukraine, verbunden mit entsprechenden Manövern, wirkten per se | |
| destabilisierend. Man erwarte jetzt konkrete, deeskalierende Schritte von | |
| Russland. | |
| ## Bundespräsident richtet sich an Putin | |
| Auch der am Sonntag wiedergewählte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier | |
| warnte: „Wir sind inmitten der Gefahr eines militärischen Konflikts, eines | |
| Krieges in Osteuropa.“ Dafür trage Russland die Verantwortung. „Russlands | |
| Truppenaufmarsch kann man nicht missverstehen. Das ist eine Bedrohung der | |
| Ukraine und soll es ja auch sein.“ Steinmeier richtete sich direkt an | |
| Putin: „Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!“ Wer den Fried… | |
| zerstören wolle, „dem werden wir entschlossen antworten“. | |
| Scholz will am Montagmittag in Kiew Ukraines Präsident Wolodymyr Selensky | |
| treffen. Im Anschluss werden beide eine Pressekonferenz zur aktuellen | |
| Sicherheitslage geben. Am Mittwoch steht dann ein Treffen von Scholz mit | |
| Putin in Moskau an, sein erstes als Kanzler. | |
| Beide Treffen waren ursprünglich als Antrittsbesuche geplant – nun sind sie | |
| Teil der Krisendiplomatie. Die Lage werde sich danach wohl nicht | |
| grundlegend ändern, hieß es in Regierungskreisen. Das persönliche Treffen | |
| mit Putin aber sei schon ein Erfolg an sich. Scholz werde konkrete Schritte | |
| Russlands zur Deeskalation einfordern – und unterstreichen, dass ein | |
| Angriff auf die Ukraine erhebliche Konsequenzen haben würde. Zudem will | |
| Scholz ausloten, welche Wege es zurück zum direkten Dialog mit Russland | |
| gibt, etwa über die OSZE, den Petersburger Dialog oder den | |
| Nato-Russland-Rat. | |
| Bei seinem Besuch in der Ukraine möchte Scholz zeigen, dass Deutschland an | |
| der Seite des Landes steht. Gleichzeitig soll aber verdeutlicht werden, | |
| dass es keine deutsche Sonderrolle geben wird, sondern die Bundesrepublik | |
| in dem Konflikt abgestimmt mit den USA, Frankreich und den EU-Staaten | |
| handelt. | |
| ## Reisewarnung für deutsche Bürger | |
| Bereits am Samstag hatte nun auch die Bundesregierung deutsche Staatsbürger | |
| aufgerufen, die Ukraine zu verlassen. „Wenn Sie sich derzeit in der Ukraine | |
| aufhalten, prüfen Sie ob Ihre Anwesenheit zwingend erforderlich ist. Falls | |
| nicht, reisen Sie kurzfristig aus“, schrieb das Auswärtige Amt in einer | |
| Reisewarnung. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte, die | |
| Botschaft in Kiew werde offenbleiben, das Personal aber reduziert. | |
| Familienangehörigen des Botschaftspersonals sollten das Land verlassen. | |
| Zuvor hatten bereits die USA, Großbritannien, Dänemark, Australien, | |
| Lettland und Estland ihre Staatsbürger zur Ausreise aufgefordert. | |
| Aus deutschen Regierungskreisen hieß es am Sonntag, man sei sich bewusst, | |
| dass diese in der Ukraine als Alarmsignal gedeutet werden könnte. Man habe | |
| aber auch eine „Riesenverantwortung“ für die in der Ukraine lebenden | |
| deutschen Staatsbürger und sich in der Abwägung und vor dem Hintergrund der | |
| sich zuspitzenden nachrichtendienstlichen Erkenntnislage dafür entschieden, | |
| dass deren Sicherheit höchste Priorität habe. | |
| Auch Baerbock warnte Russland: „Wir sind bereit zum Dialog, aber eine | |
| erneute Aggression gegen die Ukraine hätte einen drastischen Preis. Denn | |
| wir sehen auf militärischer Ebene keine Zeichen von Deeskalation, im | |
| Gegenteil.“ Auch ihr Parteikollege und Vizekanzler Robert Habeck erklärte: | |
| „Es kann sein, dass wir kurz vor einem Krieg in Europa stehen.“ Die Reise | |
| von Scholz nach Kiew und Moskau sei deshalb ein wichtiges Zeichen. | |
| ## Ukraine fordert mehr Solidarität | |
| [2][Ukrainische Vertreter] forderten vor dem Scholz-Besuch derweil mehr | |
| Unterstützung für ihr Land ein. Für die Ukraine gehe es jetzt um alles, | |
| sagte Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland, dem | |
| Deutschlandfunk. „Entweder überleben wir diesen neuen Einmarsch, diesen | |
| Angriff, oder wir gehen zugrunde.“ Melnyk forderte erneut Waffenlieferungen | |
| von Deutschland, ein milliardenschweres Hilfspaket für die ukrainische | |
| Wirscahft und eine politische Partnerschaft auf Augenhöhe. Auch Kiews | |
| Bürgermeiser Vitali Klitschko warnte in der Bild: „Der Westen sollte | |
| wissen, dass nach der Ukraine die baltischen Staaten dran sein werden. Wir | |
| sind nur der Anfang.“ | |
| Am Freitagabend hatte US-Präsident Joe Biden mit mehreren Regierungschefs, | |
| darunter Scholz, Telefonkonferenzen geführt und vor einer bevorstehenden | |
| russischen Invasion gewarnt. Berufen wurde sich auf | |
| Geheimdienstinformationen. Russland wies das als „Alarmismus“ und | |
| „Propagandakampagne“ zurück – die USA blieben Beweise für ihre Behauptu… | |
| schuldig. Auch Ukraines Präsident Selenskyj warnte vor Panikmache. „Der | |
| beste Freund für die Feinde ist Panik in unserem Land.“ Die | |
| Telefongespräche zwischen den Regierungschefs setzten sich am Wochenende | |
| fort. | |
| 13 Feb 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
| Konrad Litschko | |
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