# taz.de -- NDR-Podcast zu Shoa-Leugner: Faschistische Fußnote | |
> Der berüchtigte Nazi Thies Christophersen sah seinem Großvater so ähnlich | |
> – Grund für Claas Christophersen, nach Verbindungen zu forschen. | |
Bild: Alles übertrieben, behauptete Thies Christophersen bis zuletzt: Kinder i… | |
HAMBURG taz | „Das wissen sogar die Hühner“, sagt die Stimme eines nicht | |
mehr ganz jungen Mannes. „Wir wollen nämlich gar keine Freiheit, wir wollen | |
Ordnung.“ Der da spricht, ist [1][Thies Christophersen], und er war, was | |
man eine Legende nennen könnte, allerdings unter Norddeutschlands Neonazis. | |
Geboren 1918 in Kiel, gestorben 1997 in Molfsee, hat sich der Bauernsohn | |
und verhinderte Weltkriegsfrontsoldat eine ganz besondere Schlüsselrolle in | |
der rechten und ganz weit rechten Landschaft erworben. | |
Er veröffentlichte 1973 die Broschüre „Die Auschwitz-Lüge“ – ein Titel… | |
Christophersen Eingang in die Geschichtsbücher verschafft habe, so | |
formuliert es nun [2][der Potsdamer Rechtsextremismus-Experte Gideon | |
Botsch]: Eine „Fußnote Christophersen“ werden wir nach seiner Einschätzung | |
noch sehr lange „mit uns herumschleppen“. | |
Bin ich verwandt mit diesem Mann? Das fragte sich Claas Christophersen, 43, | |
wegen der bemerkenswerten Ähnlichkeit seines eigenen Großvater, Karl-Heinz | |
Christophersen, mit dem Holocaust-Leugner. In der Familie hieß es aber | |
stets, es gebe da zwei „Christophersen-Linien“, und mit diesem Thies habe | |
man nun wirklich nichts zu tun. Ob das stimmt, dem ist Claas in Gestalt | |
einer Radiosendung nachgegangen, die Anfang Februar NDR Info gesendet hat | |
und die weiterhin [3][als Podcast anzuhören] ist. | |
Zusammen mit Ko-Autor Norbert Zeeb will er aber auch herausarbeiten, welche | |
Rolle „Der ewige Faschist“– so der Titel – und seine Ideen heute noch | |
spielen, und das vielleicht nicht nur am äußersten rechten Rand. Die | |
„Spurensuche“, so heißt es im Untertitel, beginnt in Claas' Elternhaus: | |
Auch dort, erinnert er sich, gab es einst ein Exemplar von Thies' | |
berüchtigter Auschwitz-Broschüre. Warum, das wisse er nicht mehr, sagt sein | |
Vater; und dass er es irgendwann mal entsorgt habe. | |
## True-Crime-Kniffe | |
„Der ewige Faschist“ bedient sich einiger Kniffe des nicht nur, aber | |
insbesondere bei Podcasts enorm populären [4][„True Crime“-Genres]. Liefert | |
also Informationen mitunter spannungsdienlich verzögert – nutzt aber auch | |
ein Sounddesign, das manchmal hart an der Grenze des Spekulativen landet. | |
Braucht das alten Radiointerviews entnommene Gerede eines erkennbar | |
unbeirrten Hitler-Anhängers wirklich noch eingestreute merkwürdige | |
Synthieflächengruselakustik? | |
Es bleibt aber das Anhören wert, was da vier jeweils etwas über 20 Minuten | |
langen Folgen in Szene gesetzt wird (Regie: Alexander Schumacher). Und das | |
auch, weil die Scheu vor einem Denken und Reden, wie es Thies | |
Christophersen tat, heute ja eher bröckelt, als dass darauf Verlass wäre. | |
Was es nun mit der Verwandtschaft oder nicht auf sich hat zwischen dem Nazi | |
und dem Nachforschenden: Das sei ausnahmsweise nicht vorab verraten; | |
Spannung halt. | |
14 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /!s=%22Thies+Christophersen/ | |
[2] https://www.mmz-potsdam.de/dr-gideon-botsch.html | |
[3] https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcasts/podcast5324.html | |
[4] /True-Crime/!t5627221 | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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