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# taz.de -- Roman „Einhandsegeln“ als Theaterstück: „Das ist eine andere…
> Segeln als Metapher: Im Hamburger Thalia-Theater kommt der Roman
> „Einhandsegeln“ von Christian Kortmann als innerer Monolog auf die Bühne.
Bild: Reist vor allem in seiner Fantasie: Tim Porath allein am Thalia Theater a…
taz: Sind Sie Segler, Herr Kortmann?
Christian Kortmann: Nur in der Fantasie.
Aber Sie haben ein Buch über das Einhandsegeln geschrieben!
Es geht mir in dem Buch um Fragen, die uns grundsätzlich in dieser
Gesellschaft beschäftigen [1][Das Alleinsein und die Einsamkeit] sind bei
einem Einhandsegler das tägliche Brot, ja: die grundsätzliche
Arbeitsbedingung. Der Protagonist in meinem Buch sucht diese Einsamkeit und
macht sie enorm produktiv. In der Beschäftigung mit den Einhandseglern ist
mir auch das erste Mal der Begriff „Einsamkeitsliebe“ begegnet, den kannte
ich so vorher noch nicht.
Steht das Segeln hier für eine Flucht vor der Welt?
Das glaube ich nicht, der Ozean ist ja auch Teil der Welt. Es wird aber ein
anderer Teil der Welt erfahrbar gemacht. Es geht einerseits um eine
Reduktion der Komplexität, weil auf dem Ozean viele Dinge klarer sind,
andererseits ist vieles schwieriger, weil man ja den ganzen Tag beschäftigt
ist, auch mit existenziellen Fragen. Das ist einfach eine andere
Daseinsform. Viele Einhandsegler sagen: Hier auf See erlebe ich mich als
Mensch stärker und intensiver, als ich das an Land je könnte.
Die Sesshaftigkeit kommt dem Segler in Ihrem Buch sogar wie „ein Strafmaß“
vor.
Die ist sicher schwer auszuhalten, wenn man die absolute Freiheit des
Segeln erlebt hat. Die Reise nach Kap Horn steht hier als Bild für einen
großen Ausbruch und für eine Beschäftigung mit der eigenen Biografie. Das
ist auf See möglich: einen sehr intensiven Dialog mit sich selbst zu
führen, jenseits all der Ablenkungen an Land.
Das geliebte Alleinsein und die „Einsamkeitsstrapazenangst“, wie sie es
nennen, liegen nahe beieinander.
Das sind die beiden Pole – ohne das Risiko einzugehen und sich dem Schmerz
auszusetzen kann man auch das andere nicht haben!
Am Ende des Buches entpuppt sich die Reise als eine in Gedanken.
Ja, es geht in dem Buch auch immer wieder um die Frage: Passiert das jetzt
gerade wirklich? Der Ich-Erzähler verlässt am Ende zwar seine Wohnung, hat
mit dem Meer aber sonst nicht viel zu tun. Er hat einen Globus, Fantasie
und Bilder im Kopf aus der Vergangenheit. Das Meer ist hier das Medium des
Dialogs. Denn was wir im Leben nicht lernen: der Umgang mit uns selbst, mit
unseren eigenen Vergangenheit. Viele Menschen hadern da entweder – oder
verklären. Der Einhandsegler hält da elegant die Balance. Und er zeigt: Die
Fantasie ist wie die Literatur eine der großen Trostmöglichkeiten, die der
Mensch hat.
Ist der Traum selbst wichtiger als seine Umsetzung?
Einen Traum ausleben – das ist ja meist eine Paradoxie. Das bewusste
Träumen ist schon die Einlösung desselben. Denn beim Einlösen des Traums
scheitert man oft an der Schwerkraft der Realität.
Spricht aus Ihrem Einhandsegler auch eine Abneigung gegen soziale Medien
und die Hektik der digitalisierten Welt?
Es geht da eher um eine Abneigung gegen das Unehrliche, Aufgesetzte,
Manipulative, das mehr auf Schein als Sein bedacht ist. Mit dem Blendertum
haben wir ja überall zu kämpfen.
Aber als echter Einhandsegler kommt man damit nicht weit.
Ja, aber auch vor sich selbst kommt man damit oft nicht weit. Um mit sich
selbst klarzukommen, muss man auch mit sich selbst ehrlich sein.
Das Buch kommt nun auf die Bühne. Wie muss man sich diesen inneren Monolog
im Theater vorstellen?
Es ist ein Einmannstück, doch ich habe es selbst auch noch nicht gesehen.
Es wird aber eine sehr dynamische und lebendige Veranstaltung werden – das
garantieren Regisseur und Hauptdarsteller. Für mich war das Buch immer ein
Hybrid aus Monolog und Roman. Und den Dialog mit sich selbst, denn der
Einhandsegler führt, hat ja immer etwas Theatrales. Für mich ist es
folgerichtig, dass das Buch jetzt den Weg auf die Bühne findet.
13 Feb 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Jan Zier
## TAGS
Literatur
Roman
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