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# taz.de -- Prozess wegen Beleidigung der Polizei: Juristisches Nachspiel ohne …
> Ein Antifaschist aus Fulda soll die Polizei bei einer Demo 2019 beleidigt
> haben. Nun steht er zum vierten Mal vor Gericht.
Bild: Die Polizei ist mit Christopher W. beleidigt
Frankfurt am Main taz | „Bullen morden, der Staat schiebt ab, alles ein
Rassistenpack!“ – diese Parole skandierte Christopher W. im April 2019 auf
einer Demonstration in Fulda. Gemeinsam mit anderen protestierte er am
Todestag des afghanischen Geflüchteten Matiullah J., den Polizisten 2018 im
Fuldaer Westend erschossen hatten, [1][gegen rassistische Polizeigewalt].
Der heute 27-jährige Christopher W. wurde wenig später angeklagt. Der
Vorwurf: Mit der Parole soll er Polizeibeamte beleidigt haben. Der Fall ist
bis heute nicht abgeschlossen. An diesem Freitag beginnt vor dem
Landgericht Fulda bereits der vierte Prozess gegen Christopher W.
In erster Instanz hatte ihn ein Amtsrichter freigesprochen. Die
Staatsanwaltschaft legte Sprungrevision zum Oberlandesgericht Frankfurt
ein. Das ordnete ein neues Verfahren bei einem anderen Amtsrichter an. Der
verhängte eine „Geldstrafe mit Strafvorbehalt“: Hätte sich Christopher W.
zwei Jahre lang nichts zuschulden kommen lassen, wäre die Sache erledigt
gewesen; im anderen Fall wäre eine Geldbuße von 1.800 Euro fällig geworden.
Doch der Staatsanwaltschaft war das nicht genug. Sie legte Berufung ein.
Auch im nun vierten Anlauf wird die Verteidigung erneut Freispruch
beantragen. Die Parole des Demonstranten sei von der Meinungsfreiheit
gedeckt, plädiert die Anwältin Annabelle Voßberg, die Christopher W.
verteidigt. Sie argumentiert mit einer Textzeile aus einem Song der
[2][Band Feine Sahne Fischfilet]. Da heißt es: „Nazis morden weiter, und
der Staat schiebt fleißig ab – es ist und bleibt schlussendlich das gleiche
Rassistenpack!“ [3][Dieser Song stehe nicht auf dem Index] und werde
offensichtlich als freie Meinungsäußerung geduldet, so die Rechtsanwältin
zur taz.
Die Staatsanwaltschaft widerspricht dem Eindruck, sie verfolge diesen Fall
besonders hartnäckig: „Die Staatsanwaltschaft misst diesem Verfahren keine
besondere Bedeutung bei. Wie in jedem anderen Verfahren auch werden die
ergangenen Entscheidungen und Urteile geprüft und sodann über die
Erforderlichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln entschieden“, so eine
Sprecherin der Behörde.
AktivistInnen der Antifa in Fulda sehen das anders: „Vor dem Hintergrund,
dass die Fuldaer Justiz in den letzten Jahren neonazistische Straftaten
mit niedrigen Geldstrafen belegte oder die Täter im Fall eines gewaltsamen
Angriffs auf einen Antifaschisten vor dem Fuldaer Kaufland gar freisprach,
ist verständlich, wo für die Fuldaer Justiz der Feind steht“, teilte ein
Aktivist der taz mit.
Im Zusammenhang mit Protesten nach dem [4][Tod des Geflüchteten Matiullah
J.] wird weiteren Personen der Prozess gemacht, unter anderem Autoren und
Herausgebern der Belltower.News, eines Onlinemagazins. Das
Berufungsverfahren gegen Christopher W. ist also nur der Auftakt zu
weiteren Verfahren gegen KritikerInnen der Polizei in Hessen.
21 Jan 2022
## LINKS
[1] /Berater-ueber-rassistische-Polizeigewalt/!5671660
[2] /CDU-nach-Feine-Sahne-Fischflilet-Konzert/!5630583
[3] https://www.youtube.com/watch?v=h9KnjyNRyyE
[4] /Berater-ueber-rassistische-Polizeigewalt/!5671660
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Demonstration
Polizei
Beleidigung
Schwerpunkt Antifa
Feine Sahne Fischfilet
Antifaschismus
Beleidigung
Hamburg
Prozess
Atomausstieg
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