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# taz.de -- Geflüchteter ersucht weiter Asyl: Brief an Innensenatorin Spranger
> Unterstützer versuchen, dass der schwerbehinderte Raheel Afzal nicht
> abgeschoben wird. Ob es klappt, ist unklar.
Bild: Brief an die Innensenatorin Iris Spranger (SPD): Ihre Entscheidung zählt
Berlin taz | Raheel Afzal flüchtete vor acht Jahren aus Pakistan nach
Berlin. Afzal hat schwere Epilepsie und psychische sowie kognitive
Beeinträchtigungen. Aufgrund dieser Vielzahl von Erkrankungen ist er als zu
70 Prozent schwerbehindert eingestuft.
Im Oktober [1][berichtete die taz] über seinen Fall. Seine Duldung sollte
am 19. Oktober 2021 ablaufen, kurz darauf hätte er nach Pakistan
abgeschoben werden sollen. Zahlreiche Personen wehrten sich gegen diese
Vorhaben. Sozialberaterin Lynn Klinger von Xenion e. V., einem Hilfsdienst
für politisch Verfolgte, leitete Raheel Afzals Fall im Januar 2021 an die
Härtefallkommission weiter. Durch diese können ausreisepflichtige
Flüchtlinge mit besonderen humanitären Härten doch noch einen
Aufenthaltstitel erhalten – vorausgesetzt, der amtierende Innensenator
stimmt der Entscheidung der Kommission zu.
Die Härtefallkommission beriet den Fall im vergangenen Jahr und entschied
positiv. Das letzte Hindernis auf dem Weg zum Aufenthaltstitel wäre die
Zustimmung des ehemaligen Innensenators Andreas Geisel (SPD) gewesen. Er
lehnte ein humanitäres Bleiberecht allerdings – [2][entgegen der Empfehlung
der Härtefallkommission – ab.]
Lynn Klinger habe man bei einem Telefonat mit dem Petitionsausschuss als
Begründung genannt, dass Raheel Afzal die Integrationskriterien nicht
erfülle. Obwohl es gewisse Maßstäbe für die Integration gibt –
beispielsweise Sprachkompetenzen oder die Teilhabe am Wirtschaftssystem und
an Bildungsangeboten –, wird letztendlich jeder Einzelfall geprüft.
## Keine behindertengerechten Kurse
Das Besondere an Afzals Fall ist, dass jahrelang verpasst wurde, seine
speziellen Bedürfnisse anzuerkennen und somit entsprechende
Integrationsmöglichkeiten anzubieten. In der Flüchtlingsunterkunft, wo
Afzal zuvor gewohnt hatte, wurde auf die augenfälligen Bedarfe eingegangen:
ein Bett, Essen und eine erste medizinische Versorgung. Auf seine
kognitiven Beeinträchtigung wurde allerdings nicht reagiert, da diese bei
seiner Ankunft im Flüchtlingszentrum im Jahr 2014 nicht diagnostiziert
wurde. Somit belegte Afzal nicht behindertengerechte Deutschkurse und Jobs
– und scheiterte. Erst 2019 hatte er deshalb Kontakt zu Xenion.
Erst dort erhielt er die Möglichkeit, im Rahmen seiner Behinderungen zu
arbeiten. Er fand so ein WG-Zimmer und eine behindertengerechte
Beschäftigung in der Buchbinderei der Stephanus-Stiftung. Diese würde ihn
gerne auch fest anstellen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein
Aufenthaltstitel. Dr. Sabine Speiser, Härtefallberaterin, engagiert sich
mittlerweile ehrenamtlich für Raheel Afzal. „Seine Geschichte steht nur
exemplarisch für viele weitere ähnliche Schicksale“, sagt sie. Sie wünscht
sich, dass im Einstiegsprozedere in verschiedenen Flüchtlingszentren auch
kognitive Beeinträchtigungen gesehen werden.
Nun gibt es eine neue Chance für Raheel Afzal und für die Berliner
Flüchtlingspolitik. Nach der Entscheidung des Innensenators Geisel gegen
einen humanitären Aufenthaltstitel im Oktober war Afzal suizidgefährdet und
verbrachte deswegen sechs Wochen in der psychiatrischen Abteilung eines
Krankenhauses.
## Briefe an den Senat für Inneres
Daraufhin stellte die Härtefallberatung des Berliner Flüchtlingsrats im
November 2021 erneut einen Antrag bei der Härtefallkommission. Gleichzeitig
wandten sich mehrere Personen – sowohl privat als auch im Rahmen ihrer
beruflichen Tätigkeit – mit Briefen an den ehemaligen Innensenator. Damit
konnten sie erreichen, dass Afzals Fall im vergangenen Dezember ein zweites
Mal vor der Härtefallkommission beraten wurde. Die Kommission entschied
sich erneut positiv und im Sinne Afzals.
Nun liegt die Entscheidung bei der n[3][euen Berliner Innensenatorin Iris
Spranger] (SPD). Für die Berliner Flüchtlingspolitik und für ihren Umgang
mit Härtefällen könnte die Entscheidung richtungsweisend sein. Sabine
Speiser und Afzals gesamter Unterstützerkreis haben mit dem Vorstand des
Flüchtlingsrats, Xenion, der Stephanus-Stiftung und vielen Engagierten in
der letzten Woche erneut einen Brief an die Senatsverwaltung für Inneres
gerichtet. Wann eine Entscheidung von Spranger fallen wird, ist derzeit
unklar.
26 Jan 2022
## LINKS
[1] /Schwerbehindertem-droht-Abschiebung/!5805383
[2] /Abschiebung-von-Menschen/!5690041
[3] /Rot-gruen-roter-Senat-in-Berlin/!5823098
## AUTOREN
Sara Guglielmino
## TAGS
Asylverfahren
Härtefallkommission
Härtefall
Schwerbehinderter
Innensenatorin Iris Spranger
Andreas Geisel
Abschiebung
Pakistan
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