| # taz.de -- Uni Göttingen: Semesterticket durchgefallen | |
| > Das Bus-Semesterticket ist gescheitert – zu wenig Studierende stimmten | |
| > dafür. Nun will das Studierendenparlament die Entscheidung kippen. | |
| Bild: Darf man eine Wahl einfach ignorieren? Beim Busticket haben Göttinger St… | |
| Göttingen taz | Bei den Hochschulwahlen an der Göttinger Universität hat | |
| die Fortführung des Semestertickets für Stadt- und einige Regionalbusse | |
| überraschend die notwendige Zahl an Ja-Stimmen verfehlt – wenn auch knapp. | |
| Seit 2015 war das nicht mehr vorgekommen. Das Angebot müsste damit | |
| eigentlich zum kommenden Wintersemester auslaufen. Doch das | |
| Studierendenparlament (Stupa) plant nun, das Ergebnis der Abstimmung zu | |
| kippen. | |
| Das Busticket ermöglicht Studierenden kostenlose Fahrten mit den | |
| Stadtbussen im Göttinger Nahverkehr und in einigen anliegenden | |
| Ortschaften[1][. Die Kosten für das Semesterticket] sind in dem | |
| halbjährlich zu entrichtenden Semesterbeitrag enthalten und müssen von | |
| allen Studierenden gezahlt werden – egal ob sie das Ticket nutzen oder | |
| nicht. Bislang kostete das Bus-Semesterticket 50,90 Euro, zum | |
| Wintersemester 2022/23 hätte sich der Betrag auf 53 Euro erhöht. | |
| Ausnahmeregelungen gibt es allerdings für finanzielle Härtefälle und | |
| Schwerbehinderte. | |
| Neben dem Busticket gibt es auch noch das landesweite Bahnticket und das | |
| Kulturticket, mit dem Studierende vergünstigten oder sogar freien Eintritt | |
| zu Theatern, Museen oder Musik-Events erhalten. Für eine Fortsetzung | |
| braucht es jeweils mehr Ja- als Nein-Stimmen bei der jährlichen | |
| Urabstimmung. Außerdem müssen mindestens 15 Prozent der Studierendenschaft | |
| mit Ja stimmen. In diesem Jahr wären das 4.252 Studierende. | |
| ## Scheitern an der 15-Prozent-Hürde | |
| Das Bahn- und das Kulturticket wurden bei der Abstimmung in der vergangenen | |
| Woche angenommen. Das Bus-Semesterticket erhielt aber nur 4.100 Ja-Stimmen | |
| – fast doppelt so viele wie die Nein-Stimmen, aber dennoch knapp zu wenig | |
| für die 15-Prozent-Hürde. | |
| [2][Eine in den sozialen Medien] kursierende Erklärung lautet, dass viele | |
| Studierende die Busse ja gar nicht nutzten. Es sei deshalb nicht gerecht, | |
| wenn alle dafür zahlen müssten. Diese Argumentation gilt im Prinzip | |
| allerdings auch für die anderen Semester-Tickets: Längst nicht alle | |
| Studentinnen und Studenten fahren Bahn oder nutzen das Kulturangebot – | |
| schon gar nicht während der Pandemie. | |
| Derweil ist nicht ausgeschlossen, dass es mit dem Bus-Semesterticket doch | |
| weitergeht. Die Vorsitzende des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses | |
| (Asta), Pippa Schneider von der Grünen Hochschulgruppe (GHG), hat | |
| angekündigt, dass das neu gewählte Studierendenparlament das Ergebnis der | |
| Urabstimmung revidieren könnte. | |
| Schneider sieht die Gründe für das nicht erreichte Quorum in der geringen | |
| Wahlbeteiligung und vielen fehlerhaft ausgefüllten Wahlzetteln bei der | |
| Online-Wahl. „Beim Busticket ist die Entscheidung so ausgefallen, dass | |
| zwei Drittel der Studierenden, die abgestimmt haben, für die Einführung | |
| eines Bustickets sind“, sagt sie. Das Quorum sei nur „ganz knapp verfehlt“ | |
| worden. | |
| Mit 22 Prozent Beteiligung liegt Göttingen bei der Wahl der universitären | |
| Gremien [3][deutschlandweit übrigens im vorderen Feld –] auch wenn die | |
| Beteiligung seit der letzten Wahl um fünf Prozentpunkte gesunken ist. Nach | |
| Angaben des Recherche-Kollektivs „Correctiv“ beteiligen sich bundesweit im | |
| Schnitt nur etwa 15 Prozent an den Abstimmungen. | |
| Dabei geht es bei diesen Wahlen ja nicht nur um demokratische | |
| Mitbestimmung, sondern auch um viel Geld. Teilweise haben | |
| Studierendenschaften mehr als eine Million Euro im Jahr frei zur Verfügung. | |
| Dazu kommt – in Göttingen und an vielen anderen Unis – das Geld für das | |
| Semesterticket, das sie verwalten. | |
| ## Zu wenig Zeit zum Wählen? | |
| Der Politikwissenschaftler Thomas Waldvogel von der Universität Freiburg | |
| erklärt die seit Jahren schwache Wahlbeteiligung so: Die Studierenden | |
| suchten in ihrer neuen Umgebung erst einmal nach Orientierung und | |
| Austausch. Zudem falle bei Universitätswahlen vieles weg, was etwa Landes- | |
| oder Bundeswahlen charakterisiere: beispielsweise die Bindung an eine | |
| Partei sowie an eine Kandidatin oder einen Kandidaten. Außerdem brauche es | |
| Zeit – sowohl für eine Kandidatur als auch für das Wählen selbst, um sich | |
| mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich angemessen zu informieren. Diese | |
| Ressource fehle vielen Studierenden. | |
| Aktuell, so Asta-Vorsitzende Schneider, komme hinzu, dass „viele wegen | |
| Corona und finanzieller Belastungen einfach anderes im Kopf haben als die | |
| Uni-Wahlen“. Wegen der Pandemie habe es anders als früher auch keinen | |
| „Präsenz-Wahlkampf“ an der Uni mit Flyern und Wandzeitungen geben können. | |
| Um das Bus-Semesterticket doch noch möglich zu machen, wäre laut | |
| Organisationssatzung der Studierendenschaft entweder eine neuerliche | |
| Urabstimmung oder ein Beschluss des Stupa mit Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. | |
| Die scheint erreichbar. Mit verschiedenen Fraktionen „laufen gute | |
| Gespräche“, so Schneider. | |
| 29 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
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| [3] /FU-waehlt-Studierendenparlament/!5023989 | |
| ## AUTOREN | |
| Reimar Paul | |
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