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# taz.de -- Vor dem Bundesparteitag der CDU: Quotierung? Erneut vertagt
> Erstmals kandidieren mehr Frauen als Männer für den CDU-Bundesvorstand.
> Trotzdem könnten die Männer nach dem Parteitag in der Überzahl sein.
Bild: Die für den stellvertretenden CDU-Vorsitz kandidierende Karin Prien
Berlin taz | In der CDU, das ist vor dem Bundesparteitag am Samstag klar,
werden künftig alle Spitzenpositionen von Männern besetzt sein.
[1][Friedrich Merz wird im dritten Anlauf Parteichef], Mario Czaja aus dem
Osten Berlins sein Generalsekretär. Vorsitzender der Bundestagsfraktion
bleibt Ralph Brinkhaus, sollte nicht Merz selbst danach greifen. Den Posten
der stellvertretenden Generalsekretärin, den Merz einführen will, wird es
vorerst nicht geben. Dazu müsste auf einem Präsenzparteitag die Satzung
geändert werden, doch ein solcher ist wegen Corona nicht in Sicht.
Und selbst unter den fünf stellvertretenden Parteichef:innen, von denen mit
der schleswig-holsteinischen Bildungsministerin Karin Prien und Silvia
Breher, der familienpolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion, zwei
Frauen sein werden, könnte ein Mann die erste Geige spielen: Carsten
Linnemann, der ehemalige Chef des Wirtschaftsflügels, soll die
Programmkommission der Partei leiten und damit für die inhaltliche Arbeit
zuständig sein.
## Mehr Personen als Posten
Fragt man in diesen Tagen in der CDU nach dem Geschlechterverhältnis, hört
man vor allem einen Satz: „Erstmals in der Geschichte der CDU kandidieren
mehr Frauen als Männer für den CDU-Bundesvorstand.“ Das sei „richtig gut�…
freut sich Breher. „Die Einsicht, dass man als moderne Volkspartei nur dann
[2][Erfolg hat, wenn man Parität] auch lebt, ist jetzt auch beim Letzten
angekommen“, urteilt Prien. Oder vielleicht hofft sie das auch eher. Denn
fraglich ist, ob nach der Wahl nicht doch wieder mehr Männer als Frauen in
den Führungsgremien sitzen werden. Sowohl für das kleinere Präsidium als
auch für den deutlich größeren Bundesvorstand kandidieren mehr Personen,
als es Posten gibt.
Klar ist, dass Anna Kreye nicht mehr dabei sein wird. Noch vor einem Jahr
hatte der Landesverband Sachsen-Anhalt sie neben Ministerpräsident Rainer
Haseloff ins Rennen geschickt. Kreye, heute 27, ist Juristin und
Landeschefin der Jungen Union. Als sie gemeinsam mit zwei weiteren
JU-Frauen in den Bundesvorstand gewählt wurde, schmückte sich die Partei
gerne mit den Nachwuchspolitikerinnen. Kreye war es, die Armin Laschet in
der denkwürdigen Sitzung des Bundesvorstands gesagt hatte, dass er mit
Blick auf ihre Landtagswahl nicht der richtige Kanzlerkandidat sei.
## Frauen ziehen gegen machtbewusste Männer den Kürzeren
Doch jetzt will neben Haseloff auch Landeschef Sven Schulze,
Wirtschaftsminister und möglicher Nachfolger als Ministerpräsident, in den
Bundesvorstand. Und mit den zwei Männern sind die Plätze, auf die die CDU
Sachsen-Anhalt proporzmäßig hoffen kann, besetzt – und für Kreye keiner
übrig. „Wir haben uns geeinigt“, sagt sie – und dass sie Mitglied der
Programmkommission werden solle. Doch es klingt auch durch, dass sie wohl
gerne weitergemacht hätte. Aber gegen den Landeschef in einer
Kampfkandidatur um die Nominierung antreten? Das versuchte sie erst gar
nicht.
So ist es in der CDU noch immer: Wenn machtbewusste Männer wollen, zieht
die Frau häufig den Kürzeren. Dabei sagt selbst der designierte Parteichef
Merz, dass die CDU dringend mehr junge Frauen braucht – also solche wie
Kreye.
Der Frauenanteil unter den CDU-Mitgliedern liegt bei gut 26 Prozent, bei
den Neueintritten nur minimal darüber. Und bei den Wählerinnen ist die CDU
bei der letzten Bundestagswahl dramatisch eingebrochen. Die Partei, das ist
allen klar, muss für Frauen attraktiver werden.
Um Entscheidungen wie in Sachsen-Anhalt zu erschweren, könnte eine
Frauenquote helfen. Nach zähem Ringen hat sich die Struktur- und
Satzungskommission im September 2020 auf eine stufenweise Einführung einer
Quote bei Vorstandswahlen ab der Kreisebene geeinigt. Der damalige
Bundesvorstand, noch unter Leitung von Annegret Kramp-Karrenbauer, hatte
dies unterstützt, auf dem Parteitag später sollte diskutiert und abgestimmt
werden.
## Abstimmung wurde erneut verschoben
Dann kam Corona, der Präsenzparteitag fiel aus, die Abstimmung steht bis
heute aus. Sie sollte eigentlich auf dem Parteitag an diesem Wochenende auf
der Tagesordnung stehen – und wurde erneut verschoben, weil auch dieser
Parteitag digital durchgeführt wird.
„Ich habe die klare Erwartungshaltung, dass der Vorschlag der Struktur- und
Satzungskommission auf dem nächsten Parteitag zur Abstimmung gestellt
wird“, sagt die künftige Parteivize Karin Prien, eine bekennende
Verfechterin der Quote. Auch Silvia Breher geht davon aus, dass das Paket
nicht noch einmal aufgeknüpft wird. Beide Frauen sagen aber auch, dass sich
der neue und möglicherweise stark veränderte Bundesvorstand mit dem Thema
noch einmal beschäftigen wird. Merz ist bekanntermaßen kein Anhänger der
Quote.
Da wäre es ein schlechtes Signal, wenn ausgerechnet die Vorsitzende der
Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz, die seit Langem für die Einführung der
Quote wirbt, dem künftigen Präsidium nicht mehr angehören würde – doch
genau das könnte passieren. Für die sieben Plätze in dem Gremium gibt es
bislang acht Bewerber:innen. Widmann-Mauz hat bei der letzten Abstimmung
mit 54 Prozent schlecht abgeschnitten. Nun hat zudem die JU mit Ronja
Kemmer eine Frau nominiert, die wie Widmann-Mauz aus Baden-Württemberg
stammt.
Konkret dazu will sich die Vorsitzende der Frauen-Union nicht äußern. „Ich
freue mich über die große Zahl von Kandidatinnen für den Bundesvorstand der
CDU. Dieses breite Angebot an starken Frauen zeigt: Alle in der CDU haben
verstanden, dass die Partei weiblicher, jünger und vielfältiger werden
muss“, lässt sie nur als Zitat übermitteln.
Kemmer allerdings ist anders als viele JU-Frauen nicht gegen die Quote. Sie
habe ihre Position dazu überdacht, sagte die 32-Jährige jüngst der taz:
„Früher war ich der festen Überzeugung, dass sich Leistung am Ende bewährt.
Aber das scheint nicht immer so zu sein.“
21 Jan 2022
## LINKS
[1] /Friedrich-Merz-und-die-CDU/!5818112
[2] /Paritaet-und-Frauenpolitik/!5814265
## AUTOREN
Sabine am Orde
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