| # taz.de -- Friedrich Merz und die CDU: Vorwärts in die Vergangenheit | |
| > Die CDU-Basis gibt Friedrich Merz ein eindeutiges Ja. Dass damit die | |
| > Machtkämpfe in der Union enden, ist allerdings unwahrscheinlich. | |
| Bild: Am Ziel: Friedrich Merz am 17. Dezember nach der Bekanntgabe der Ergebnis… | |
| Die CDU-Basis bekommt nun, was sie vielleicht schon lange wollte: einen | |
| westdeutschen Mann, kantig und ziemlich retro. Das Votum ist kristallklar. | |
| [1][Fast zwei Drittel für Merz], den [2][Anti-Merkel-Mann], und nur 12 | |
| Prozent für Helge Braun, den treuen Merkel-Vasallen. Es ist eine | |
| Abrechnung. [3][Friedrich Merz] hat eineinhalb Jahrzehnte gewartet, um | |
| jenen Platz zu besetzen, der ihm, nur ihm zusteht: an der Spitze der CDU. | |
| Die Geschichte von Merz und der Union hat etwas von einem Drama. Oder ist | |
| es eine Komödie? | |
| Die Union reibt sich seit drei Jahren in lodernden Machtkämpfen auf. Die | |
| CSU bekämpft die CDU, die Liberalen bekämpfen die Konservativen, | |
| Organisationspatrioten wie Schäuble, Populisten wie Söder. Dazu kommen | |
| persönliche Ränkespiele und Animositäten. Ist dieses eindeutige Ja zu Merz | |
| das Ende der Konkurrenzen? Die letzte Schlacht? | |
| Eher nicht. Die CSU hält den 66-jährigen für einen Mann der Vergangenheit | |
| und bestenfalls des Übergangs. Da ist Stress vorprogrammiert. In der | |
| Fraktion kann bald die nächste Folge der Serie „Krieg in der Union“ | |
| starten. Merz wird die endlich eroberte Macht kaum kampflos mit | |
| Fraktionschef Ralph Brinkhaus teilen. | |
| Merz hat ausdauernd und bis an die Grenze des Lächerlichen auf diesen | |
| Augenblick hingearbeitet. Jetzt soll er darauf verzichten, auf großer Bühne | |
| als Oppositionschef dem Kanzler Kontra zu geben? Merz hat sich zwar zuletzt | |
| bescheiden und als Liberaler inszeniert. Taktik? Altersweisheit? Man wird | |
| sehen. | |
| ## Es ist unklar, für was die Union steht | |
| Die Union kann 2022 drei Ministerpräsidenten verlieren, in NRW, im | |
| Saarland, in Schleswig-Holstein. Eigentlich müsste die Furcht, an den Rand | |
| gedrängt zu werden, eine disziplinierende, machtkampfdämpfende Wirkung | |
| haben – einfach, weil Organisationen überleben wollen. Eigentlich. | |
| Die wirklichen Aufgaben liegen jenseits des anstrengenden Innenlebens der | |
| Union. Die Konservativen sind – was Überzeugungen angeht – zwar | |
| anspruchslos. In ihrem derzeitigen Zustand ist aber unklar, für was die | |
| Union steht. | |
| Scholz hat die Wahl nicht nur gewonnen, weil Laschet ein paar miese Momente | |
| hatte, sondern, weil er vibrierenden Veränderungswillen und | |
| Kontinuitätsversprechen, soziale Sicherheit und radikalen Wandel verbunden | |
| hat. | |
| Die Union ist da nicht sprechfähig. Das Soziale ignoriert sie mit | |
| wirtschaftsliberaler Arroganz. Die Krise der Volkspartei hielt sie lang für | |
| ein interessantes Phänomen, das man aus der Ferne betrachtete. Nötig ist | |
| eine Neubestimmung, wie es sie zuletzt in den 70er Jahren gab, und die 2021 | |
| auch die klügsten Köpfe in der Union nur vage umreißen können. Dass dieser | |
| Aufbruch nach vorne mit Merz, dem Retro-Mann mit dem gigantischen Ego, | |
| gelingt, wäre eine Überraschung. | |
| 17 Dec 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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