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# taz.de -- Gute Vorsätze für 2022: Schreib, was du meinst!
> Die Mitbewohnerin rettete unseren Kolumnisten einst aus seinen eigenen
> Schachtelsätzen. Dinge, die man beim Schreiben immer wieder gerne
> verlernt.
Bild: Auf die klare Schriftsprache! Auf die Mitbewohnerin!
„Kolumne schreiben ist ja schön und gut, aber wo bleiben die Füße?“, fra…
die Mitbewohnerin vorwurfsvoll. Denn sie haben ihr den guten alten PC
unterm Tisch durch ein Hightech-Tetrapak ersetzt. Jetzt baumeln die Beine
vor sich hin und die Gedanken schweifen ab.
Alte Print-Journalist*innen kennen das Problem. Früher hatte die
Schreibmaschine ja auch keinen ergonomischen Unterbau fürs Fahrgestell.
Dafür standen in jeder Redaktion aber genügend Kisten Bier rum. Die
eigneten sich – vor allem im geleerten Zustand – hervorragend fürs
Füßehochlegen und das anschließende Nickerchen auf dem Bürostuhl.
Vor dem Jahreswechsel überlege ich mir nun meine guten Vorsätze. Nein, hier
wird es jetzt nicht um ein Weniger an Alkohol gehen oder ein Mehr an
Abspecken. Mein Ziel lautet ganz bescheiden: noch weniger Doppelpunkte
benutzen. In der [1][ersten Ausgabe dieser Kolumne Mitte Juni 2018] waren
es noch ganze elf Stück; sogar ein Semikolon hatte es in den Text
geschafft. Von Schachtelsätzen, die sich über mehrere Zeilen, die dann auch
noch – heute wäre so was aber so was von unmöglich – Einschüben, die
ihrerseits locker mal über die halbe Spalte zu gehen schienen, teilweise
gleich mehrfach unterbrochen waren, oder diesen Sätzen ohne Verb, die
früher mal meine Spezialität waren, ganz zu schweigen.
Doch dann kam sie. Die Mitbewohnerin. Am 14. November 2018 tauchte sie zum
ersten Mal im Text auf. Im Dezember kam dann die erste Frage, noch indirekt
und verhalten. Am 28. Februar 2019 folgten dann so was wie die zehn Gebote
in einem Satz. „Schreib, was du wirklich sagen willst!“, sagte die
Mitbewohnerin. Und ist seitdem nicht mehr wegzudenken. Neben ihren klugen
Fragen und spitzen Bemerkungen ist sie meinem Satzbau zu Leibe gerückt.
## Bitte nix Langweiliges!
Hat wer mitgezählt? Die Zahl der Doppelpunkte hat sich quasi halbiert.
Gerade eben noch bei direkten Zitaten werden sie toleriert, aber wir
arbeiten auch daran. Die Mitbewohnerin fordert zudem echte Gedanken statt
bloßen Gedankenstrichen. Das letzte Semikolon ist schon lange her. Einmal
konnte ich sie austricksen. In der Kolumne über den [2][Abgang von
WDR-Hörfunkchefin Valerie Weber] waren es noch mal vierzehn (!)
Doppelpunkte. Aber auch nur deswegen, weil ich dort so viel zitiert habe.
Und dann ist da noch ihr untrüglicher Sinn für Themen. „Was ist denn das
wieder Langweiliges?“, sagt die beste Mitbewohnerin der Welt dann. Und
erfindet mal schnell etwas, so wie im Jahr 2020, auf dem Höhepunkt der
Gebührendebatte, den [3][Bierindex für den Rundfunkbeitrag]. Ehrlich gesagt
wird es ja nie langweilig. „Stimmt, manchmal kommt eine ganz andere Kolumne
heraus als gedacht“, sagt die Mitbewohnerin. Zum Glück! In diesem Sinne
Beine hoch, ein fröhliches Prost und bis nächstes Jahr!
31 Dec 2021
## LINKS
[1] /Kolumne-Flimmern-und-Rauschen/!5509529
[2] /Programmdirektorin-hoert-auf/!5819631
[3] /Debatte-um-Rundfunkbeitrag/!5684838
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Kolumne Flimmern und Rauschen
Journalismus
Schreiben
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Fake News
Kolumne Flimmern und Rauschen
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