# taz.de -- Vom Journalismus in die Politik: Schaf im Wolfspelz und zurück | |
> Wieder sind einige Journalist*innen als Sprecher*innen in die | |
> Bundesregierung gewechselt. Dürfen die das? Und gibt es einen Weg zurück? | |
Bild: Der Saal der Bundespressekonferenz, ein Seitenwechsel ist möglich | |
Eine neue Bundesregierung braucht natürlich neue Sprecher*innen. Diese | |
werden zumeist im journalistischen Gewerbe rekrutiert und schon ist das | |
Geraune wieder da. Unser taz-Kollege Ulrich Schulte spricht zum Beispiel | |
jetzt für [1][Umweltministerin Steffi Lemke.] | |
Neuer Steffen Seibert ist [2][Steffen Hebestreit, der früher mal bei der | |
Frankfurter Rundschau war]. Wenn er nicht kann, dürfen Christiane Hoffmann | |
(Spiegel) und der frühere dpa- und Spiegel-Chefredakteur Wolfgang Büchner | |
stellvertretend seinen Parkplatz benutzen. Ja, geht denn das, oder verraten | |
die damit neben ihren Idealen auch gleich die Pressefreiheit? | |
Natürlich dürfen die. Die eigentlich spannende Frage ist doch, warum es | |
immer noch so viele Kerle sind. Und Ideale lassen sich auch prima gleich im | |
Journalismus verraten. (Nein, von euch Vieren ist keiner gemeint oder | |
höchstens Wolfgang). | |
Ob so jemand dann später noch mal in den Journalismus zurückdarf, wird | |
gleich mitdiskutiert. Obwohl es eher selten vorkommt. Steffen Seibert, der | |
bisherige Regierungssprecher, kam vom ZDF und hätte theoretisch | |
arbeitsrechtlich einen Anspruch darauf gehabt, zurück auf den Lerchenberg | |
zu ziehen. Tut er aber nicht. Andere wie Béla Anda schlurften sehr wohl | |
zurück. Anda kam von Bild, war mal His Masters Voice unter einem gewissen | |
Gerhard Schröder und wurde später stellvertretender Bild-Chef. | |
Hopp oder topp | |
Ob eine Rückkehr in den Journalismus funktioniert, hängt immer davon ab, | |
wie das Regierungsamt verstanden und gelebt wird. Die Entscheidung „Hopp | |
oder topp“ kann dabei getrost den Medien selbst überlassen werden. Wer zur | |
Propagandamaschine mutiert, wird danach wohl kaum ein redaktionelles | |
Angebot bekommen. Jedenfalls nicht bei einem seriösen Laden. (Disclaimer: | |
Ich selbst war 2016 bis 2017 Sprecher des ARD-Vorsitzes und arbeite seitdem | |
wieder als Journalist. Das ist nicht ganz vergleichbar, in Bezug auf die | |
grundsätzliche Problematik so eines „Seitenwechsels“ aber schon.) „Wer | |
bestimmt denn hier die ‚Firmen‘-Kultur?“, fragt die Mitbewohnerin, | |
„Arbeitnehmer oder Arbeitgeber? Allen sollte die Vielfalt der Möglichkeiten | |
offenstehen und Ziele sollten besser verwirklicht werden können.“ | |
Wer jetzt wie der hoch geschätzte Stephan Lamby in Übermedien das Getöse | |
der Systemgegnerschar zu ernst nimmt, schießt über das Ziel hinaus. Lamby | |
plädiert gegen ein Rückkehrrecht in die Redaktion, damit Staat, Parteien | |
und Medien klar getrennt bleiben. Sonst werde ein „pauschaler Verdacht“ | |
befeuert. Hier liegt aber die Krux. „Pauschalverdächtigungen“, die | |
eigentlich nur Unterstellungen sind, werden durch Selbstbeschränkung nicht | |
ausgeräumt. Und am Ende landen wir bei der US-Debatte, ob | |
Journalist*innen eigentlich wählen dürfen. | |
Außerdem hat’s der olle Helmut Schmidt doch vorgemacht. Erst Bundeskanzler, | |
dann Herausgeber und Chefraucher bei der Zeit. | |
24 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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