# taz.de -- Nach gewaltvollen Unruhen: Feuer frei in Kasachstan | |
> Präsident Tokajew erteilt Sicherheitskräften und Armee einen Schießbefehl | |
> – ohne Vorwarnung. Angeblich sei die Lage wieder unter Kontrolle. | |
Bild: Auf friedlicher Mission: Russische Truppen in Iwanowo vor dem Abflug nach… | |
BERLIN taz | In Kasachstan war der Freitag der Tag der knallharten Ansagen. | |
Präsident Kassym-Schomart Tokajew erteilte Sicherheitskräften und Armee den | |
[1][Befehl ohne Vorwarnung zu schießen]. „Was sollte man schon mit | |
Verbrechern und Banditen zu besprechen haben? Sie müssen vernichtet werden, | |
und das wird in nächster Zeit geschehen“, sagte er in einer | |
Fernsehansprache. | |
Am Morgen hatte er vor Vertretern des Stabes für den Antiterrorkampf | |
vollmundig erklärt, dass die verfassungsmäßige Ordnung in allen Regionen | |
des Landes weitestgehend wieder hergestellt sei. Terroristen würden jedoch | |
weiter zu den Waffen greifen und das Eigentum von Bürgern zerstören. | |
Deshalb müssten Antiterroraktionen bis zur vollständigen Vernichtung der | |
militanten Demonstranten fortgesetzt werden. | |
Die zentralasiatische Republik erlebt dieser Tage die [2][schwersten | |
Unruhen seit Jahren]. Auslöser waren Proteste gegen massive Preiserhöhungen | |
für Flüssiggas in der westkasachischen Ölförderstadt Schanaozen, die sich | |
jedoch schnell im ganzen Land ausbreiteten. Die Staatsführung versuchte, | |
die Situation zu entspannen, doch auch die Rücknahme der Preiserhöhung | |
sowie die Entlassung der Regierung konnten die Demonstranten nicht | |
beruhigen. | |
Zu den schwersten Zusammenstößen kam es in der Wirtschaftsmetropole und | |
größten Stadt des Landes Almaty. Dort stürmten Protestierende | |
Regierungsgebäude, setzen sie in Brand und plünderten Geschäfte. Angaben | |
von Journalisten zufolge eröffneten Sicherheitskräfte am Donnerstag auf dem | |
Republikplatz das Feuer auf Demonstranten. | |
Laut Angaben des kasachischen Innenministeriums vom Freitag seien bei den | |
offiziell als „Säuberungen“ bezeichneten Einsätzen 26 „bewaffnete | |
Kriminelle“ getötet worden, die Zahl der Verletzen belaufe sich auf 18. | |
Mehr als 3.000 Personen seien festgenommen worden. | |
## 2.500 Soldaten vor Ort | |
Am Donnerstag trafen erste Truppenverbände der [3][Organisation des | |
Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS)] in Kasachstan ein. Zuvor hatte | |
Tokajew ein entsprechendes Hilfeersuchen an seine Verbündeten gerichtet. | |
Dem Bündnis gehören neben Russland und Kasachstan auch Armenien, Belarus, | |
Tadschikistan und Kirgistan an. Der OVKS-Generalsekretär Stanislav Zas | |
bezifferte die Anzahl der Soldaten auf rund 2.500. Diese könnten bei Bedarf | |
noch aufgestockt werden. Er erwarte einen kurzen Einsatz, einige Tage oder | |
Wochen, sagte Zas. | |
Der russische Wirtschaftswissenschaftler Wladislaw Inozemzew sagte | |
gegenüber dem Onlinenachrichtenportal Nastojaschee Vremja, die | |
Entscheidung, OVKS-Truppen nach Kasachstan zu entsenden, sei rein | |
politisch. Von einer äußeren Bedrohung könne keine Rede sein, die Probleme | |
seien rein innenpolitischer Natur. Zum derzeitigen Zeitpunkt sei eine | |
solche Entscheidung unsinnig. Sollte Tokajew die Macht verlieren, könnten | |
auch die Kräfte der OVKS dies nicht verhindern. | |
7 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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