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# taz.de -- Unruhen in Kasachstan: Kasachischer Winter
> Seit Tagen protestieren in der zentralasiatischen Republik Tausende.
> Jetzt rückt das Militär an. Und schlägt gewaltsam zurück.
Bild: Hartes Durchgreifen: Truppen auf dem Hauptplatz von Almaty am 06. Januar …
Berlin taz | Dutzende Tote, mehr als tausend Verletzte und über 2.000
Festnahmen: In der zentralasiatischen Republik Kasachstan hat sich die
Lage am Donnerstag weiter zugespitzt. Nach Angaben der Polizei wurden bei
gewaltsamen Protesten in der Wirtschaftsmetropole Almaty in der Nacht zu
Donnerstag „Dutzende“ Demonstranten getötet. In staatlichen kasachischen
Medien war von „Liquidationen“ die Rede. Auf Seiten der Sicherheitskräfte
soll es 18 Todesopfer gegeben haben.
Am Donnerstag berichtete das russischsprachige Nachrichtenportal
Nastojaschee Vremja unter Verweis auf die russische Nachrichtenagentur Tass
und die britische BBC von erneuten Schusswechseln auf dem Republikplatz in
Almaty. Dort hatten am Abend Hunderte Demonstranten ausgeharrt. Nach
Angaben eines Journalisten des Senders Radio Freies Europa soll dabei eine
weitere Person getötet worden sein.
Kasachstan wird seit Tagen von beispiellosen Unruhen erschüttert. Begonnen
hatten die Proteste, die sich an einer zum Jahreswechsel verfügten
Preiserhöhung für Flüssiggas entzündet hatten, am 2. Januar in der
Ölförderstadt Schanaozen. Innerhalb kürzester Zeit weiteten sich die
Proteste auf immer mehr Städte aus. Am Dienstag hatten die Machthaber
versucht, die Situation zu beruhigen, und die Preiserhöhung zurückgenommen.
Zudem wurde die Regierung entlassen und der ehemalige Staatspräsident
Nursultan Nasarbajew vom Posten des Chefs des Nationalen Sicherheitsrates
abgezogen. Landesweit wurde ein Ausnahmezustand verhängt, der bis zum 19.
Januar in Kraft bleiben soll.
Doch die Proteste gingen weiter. Am Mittwoch hatten sich Tausende
Demonstranten in Almaty versammelt. Sie stürmten unter anderem das Rathaus
und die Präsidentenresidenz. Auf den Straßen waren am Donnerstag
ausgebrannte Autos und Patronenhülsen zu sehen. Mehrere Regierungsgebäude
wurden zerstört. Unterdessen berichteten Medien, auch einige Angehörige der
kasachischen Sicherheitskräfte und Militärs seien auf die Seite der
Bevölkerung gewechselt. In der Stadt Aktau hätten Protestierende Soldaten
Unterkunft und Verpflegung angeboten. Damit wollten die Demonstranten
zeigen, dass sie friedlich seien. „Hauptsache, sie schießen nicht auf die
Menschen“, wird eine Frau zitiert.
Am Mittwoch hatte Staatspräsident Kassym-Schomart Tokajew seine
Verbündeten [1][im Rahmen der Allianz ODKB um militärische Unterstützung
gebeten]. Zuvor hatte er angekündigt, mit äußerster Härte gegen die
Protestierenden vorzugehen. Auf Bitten Tokajews starteten Kasachstans
Verbündete mit Russland an der Spitze am Donnerstag eine militärische
Unterstützungsmission. Die „Friedenstruppen“ seien auf begrenzte Zeit nach
Kasachstan geschickt worden, „um die Lage zu stabilisieren und zu
normalisieren“, hieß es in einer Mitteilung der Organisation des Vertrags
über kollektive Sicherheit (ODKB).
Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte Videoaufnahmen von
Militärflugzeugen, die mit Soldaten und gepanzerten Fahrzeugen beladen in
Richtung Kasachstan abhoben. Mittlerweile ist eine Division mit
Fallschirmspringern in Kasachstan eingetroffen. Das russische
Außenministerium erklärte, es handele sich bei den Protesten um einen aus
dem Ausland gesteuerten Versuch, die Sicherheit und Integrität Kasachstans
gewaltsam zu unterwandern. Am Mittwochmittag hatte Russland noch erklärt,
niemand dürfe sich in die inneren Angelegenheiten Kasachstans einmischen
und Kasachstan habe Moskau auch nicht um Hilfe gebeten.
Auch die EU meldete sich zu Wort. „Die Gewalt muss ein Ende haben“,
forderte die EU-Kommission in Brüssel. Alle Seiten seien aufgefordert, sich
zurückzuhalten und eine friedliche Lösung zu suchen. Die EU sei willens,
einen Dialog in dem Land zu unterstützen.
6 Jan 2022
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## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Nursultan Nazarbajew
Protest
Kasachstan
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Russland
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