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# taz.de -- Landbesitz in Südafrika: Fortwährende Ungleichheit
> Wem gehören Grund und Boden? In Südafrika spaltet diese Frage die
> Bevölkerung. Nun ist erneut der Versuch einer Landreform gescheitert.
Bild: Alte Windmühle und die Berge der Großen Karoo in Südafrika
Kapstadt taz | Seit 1995 ist der 16. Dezember ein nationaler Feiertag in
Südafrika – die Regierung Nelson Mandelas machte ihn zum „Versöhnungstag�…
um „die Wunden der rassistischen Vergangenheit gemeinsam zu heilen“. Bis
1994 erinnerte dieses Datum einerseits an den Beginn des bewaffneten
Kampfes des ANC (African National Congress) 1961 gegen die
Apartheid-Regierung. Für die Buren, die niederländischstämmigen „Weißen“
andererseits, war es der Tag ihres Sieges über das Volk der Zulus am
„Bloodriver“ 1838.
Dieses Jahr spaltet pünktlich zum Versöhnungstag eine tiefgehende
Kontroverse, die an diese Erinnerungen anknüpft, die Bevölkerung: Wem
gehört das Land? Wann endlich wird die große Ungleichheit zwischen den etwa
9 Prozent „Weißen“, die auch heute noch 72 Prozent des Farmlandes in
Südafrika besitzen, und der Masse der armen Farmarbeiter*innen
ernsthaft angegangen?
Die von der linken Oppositionspartei EFF (Economic Freedom Fighters) im
Februar 2018 eingebrachte Forderung nach „Landenteignung ohne
Entschädigung“ [1][war bald darauf vom neuen Präsidenten Cyril Ramaphosa
aufgenommen worden]. Ein eigens eingesetztes Komitee behandelte Fragen wie
die, ob dieses Vorgehen der Landenteignung eine Änderung der Verfassung
erfordern würde, deren Artikel 25 Enteignungen nur „im öffentlichen
Interesse“ und gegen Entschädigung zulässt.
Wie erwartet kam es umgehend zu Protesten der im „Afriforum“
zusammengeschlossenen Landbesitzer, die die ANC-Regierung als „Wegbereiter
für Chaos und Bürgerkrieg“ attackierten. Internationale Unterstützung
erhielten sie vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump, der Ende August
2018 die Regierung Südafrikas davor warnte, einen „verkehrten Weg
einzuschlagen“.
## Parallelen zu Simbabwe will die Regierung vermeiden
Ramaphosa konterte, dass es zunächst nur um die Enteignung von Farmland
gehe, das bislang nicht zur Nahrungsproduktion genutzt wurde – unabhängig
von der Hautfarbe der Besitzer. Parallelen zum Nachbarland Simbabwe, wo
Diktator Robert Mugabe ab 2000 chaotische Landenteignungen durchgeführt
hatte, wollte der ANC vermeiden: Dort war beschlagnahmtes Land zuerst an
Freunde von Mugabe und nicht an Farmarbeiter*innen in Not gegangen.
Viele sahen hier den Beginn der Verfalls der Wirtschaft Simbabwes.
Lange war vom parlamentarischen Komitee in Südafrika nichts zu hören. Erst
nach den Kommunalwahlen vom 1. November, [2][bei denen der ANC deutliche
Verluste erlitt], kam wieder Bewegung in die Debatte. Ein sorgfältig
erarbeiteter Vorschlag zur Änderung des Artikels 25 wurde verkündet, der
Enteignungen auch ohne Entschädigung ermöglicht hätte.
Als Südafrikas Parlament darüber am 7. Dezember abstimmte, votierten 204
der 400 Abgeordneten dafür – aber die nötige Zweidrittelmehrheit wurde
deutlich verfehlt. Die Rechnung ging auch deshalb nicht auf, da die EFF,
die die Idee als Erste eingebracht hatte, die jetzt vorgeschlagene
Verfassungsänderung als „verwässert“ beschrieb und sagte, sie würde „d…
Kampf der armen Massen um ehemals gestohlenes Land um Jahre zurückwerfen“.
Was nun? Die „Kampfbereitschaft“ der EFF ist ungebrochen – „er hat jetzt
erst richtig begonnen“, verkündet EFF-Anführer Julius Malema.
ANC-Justizminister Ronald Lamola überrascht dagegen mit einer neuen
Strategie: „Wir werden nun auch ohne Verfassungsänderung im Rahmen
bestehender und neuer Gesetze, die wir mit unserer einfachen Mehrheit
realisieren können, die dringend nötige Landreform vorantreiben.“ In einem
Punkt weiß er auch die EFF hinter sich: Es geht inzwischen nicht mehr nur
um ungenutztes Farmland, sondern auch um Grundbesitz in Städten, wohin
zunehmend Menschen aus ländlichen Gebieten auf der Suche nach Arbeit
ziehen.
## Oppositionspartei DA stemmt sich dagegen
Die größte Oppositionspartei DA (Democratic Alliance) hat wie erwartet
bereits auch hier erklärt, dagegen zu sein, da jedes „Antasten privaten
Eigentums das Vertrauen der für Südafrika so wichtigen Investoren
untergraben“ würde.
Ob Präsident Ramaphosa sich zum Versöhnungstag dazu oder zu etwas anderem
äußern wird, ist derweil offen. Seit Sonntag ist er positiv auf Corona
getestet und wird wegen milder Symptome behandelt.
14 Dec 2021
## LINKS
[1] /Bodenreform-in-Suedafrika/!5485748
[2] /Kommunalwahl-in-Suedafrika/!5812946
## AUTOREN
Lutz van Dijk
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