# taz.de -- Konzertempfehlungen für Berlin: Musik in 2G-Surround | |
> Überirdisches, Reibungen, Noise-Pioniere und mutwilliges Schiefspielen | |
> sind diese Woche in Berliner Konzerten zu erwarten. | |
Bild: RIAS Kammerchor Berlin | |
Die Frage ist langweilig, für die Veranstalter aber spielentscheidend: | |
hingehen oder nicht? Ob die Pandemie vor allem Dinge kaputtgemacht oder das | |
Ausmaß der schon länger herrschenden kaputten Verhältnisse lediglich | |
sichtbarer gemacht hat, ist ja im Einzelnen nicht immer leicht zu | |
entscheiden. Sicher ist aber, dass sogar musikbegeisterte Menschen | |
inzwischen ein gestörtes Verhältnis haben zu geselligen Aufführen von | |
Tonkunstschöpfungen in geschlossenen Räumen, Konzerten mithin. | |
Auch da kann man bloß hoffen, dass sich diese Lage irgendwann, wie der | |
Rest, wieder bessern wird. Einige Konzerte sind bloß mit 2G+ möglich, auch | |
das etwas, an das man sich wird gewöhnen müssen. Wobei selbst das ja im | |
Zweifel kein absoluter Schutz ist. Aber eben das beste, was man im Moment | |
machen kann, solange Konzerte überhaupt möglich sind. | |
Und dass sie es sind, ist eine erfreuliche Sache. So das Programm | |
„Überirdisches I“, mit dem sich der RIAS Kammerchor unter der Leitung von | |
Justin Doyle am Freitag (26.11.) im Motorwerk präsentiert. | |
Neben einem spirituellen Klassiker des 20. Jahrhunderts, György Ligetis | |
A-cappella-Werk „Lux aeterna“, ist auch die im Oktober erst 90 Jahre alt | |
gewordene Sofia Gubaidulina, eine der großen Komponistinnnen der Gegenwart, | |
mit ihrem „Sonnengesang“ vertreten, in dem der Chor von einem Solocello und | |
umfangreichem Schlagzeug unterstützt wird. Beim Konzert herrscht | |
Maskenpflicht (An der Industriebahn 12, 20 h, 30 €, [1][Tickets hier] oder | |
unter [2][[email protected]], (030) 20 29 87 25). | |
Ebenfalls am Freitag (26.11.) setzen die Brüder Peter und Bernhard Meyer, | |
unter anderem als Melt Trio im Namen des Jazz unterwegs, im WestGermany | |
ihre Konzertreihe „Frictions“ fort. Die Brüder, selbst an Gitarre und Bass, | |
spielen an diesem Abend mit der Geigerin Biliana Voutchkova und dem | |
Notwist-Schlagzeuger Andi Haberl. Verspricht allemal positive Reibungen. | |
Am Sonnabend (27.11.) folgt am selben Ort gleich das nächste Konzert, dann | |
bitten die Meyers den Gitarristen Simon Jermyn und den Schlagzeuger | |
Sebastian Merk hinzu (Skalitzer Straße 133, je 21 Uhr). | |
Verdienstvolle Veteranen im Dienste des kultivierten Krachs treffen am | |
Sonnabend in der Gailäakirche aufeinander. Die Reihe „Diptych.Now“ besteht | |
dabei ihrem Namen gemäß auf Zweiteiligkeit, lässt erst einen, dann den | |
anderen Künstler allein auftreten, um sie anschließend „zusammenzufügen“. | |
In diesem Fall sind das die Künstlerin Chris Dreier, die in der ersten | |
Besetzung der legendären Berliner Band Die Tödliche Doris mitspielte, und | |
der international umtriebige Underground-Pionier Christoph Heeman, früher | |
eine Hälfte der Tape-Collagisten H.N.A.S (Hirsche Nicht Aufs Sofa). Die | |
Performance ist im Übrigen einem guten Zweck gewidmet: 20 Prozent der | |
Erlöse werden an Opfer häuslicher Gewalt gespendet (27. 11., Rigaer Straße | |
9/10, 19.45 Uhr, [3][Reservierungen hier] oder unter | |
[4][[email protected]]). | |
Am Mittwoch hat das KM28 dann das mutwillig schief spielende | |
Blasmusikensemble Zinc & Copper zu Gast. Was eine womöglich etwas | |
despektierliche Formulierung dafür ist, dass das Trio sich auf mikrotonale | |
Musik mit anderen als den gewohnten Tönen beziehungsweise Tonabständen | |
spezialisiert hat. | |
Die kleinen und kleinsten Frequenzunterschiede, mit denen die Hornistin | |
Elena Kakaliagou, der Posaunist Hilary Jeffery und Robin Hayward an der | |
Tuba arbeiten, erzeugen allerdings maximal begeisternde Wirkung. An diesem | |
Abend geben sie Stücke von Michał Libera und Barbara Kinga Majewska aus | |
deren „Codex Subpartum“-Zyklus von 2019 (1. 12., Karl-Marx-Straße 28, 20.30 | |
h, Reservierung: [5][www.km28.de]). | |
25 Nov 2021 | |
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[5] http://www.km28.de | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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