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# taz.de -- Infektionsgeschehen in Deutschland: Mehr als 100.000 Neuansteckungen
> Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz erreicht am Wochenende neue
> Höchststände. Spahn ruft weiter zum raschen Impfen und Boostern auf.
Bild: Ein Impfbus in Bayern auf „Spritztour“
[1][In Bayern] werden bereits jetzt schlimme Befürchtungen wahr:
Covid-19-Patient*innen müssen in angrenzende Bundesländer verschoben
werden, Krebsoperationen werden auf unbestimmte Zeit verschoben. Der
Krankenstand auch unter den Pflegekräften hat rapide zugenommen – was die
Überlastung in den Krankenhäusern noch mehr verschlimmert. „Die aktuelle
Lage ist so dramatisch, wie sie noch nie in der gesamten Pandemie-Zeit in
Bayern war“, sagte der Geschäftsführer der Bayerischen
Krankenhausgesellschaft, Roland Engehausen, der Augsburger Allgemeinen.
Nicht einmal ein Höhepunkt ist abzusehen. „Wir sehen im Moment keine
ausreichend wirksamen Gegenmaßnahmen, die uns in den Kliniken in den
nächsten zwei bis vier Wochen eine Entlastung bringen würde“, sagt
Engehausen. Das mache die Lage „so dramatisch“.
Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) unter Berufung auf Daten der
Gesundheitsämter mitteilte, stieg in Bayern die Sieben-Tage-Inzidenz am
Sonntag auf 639,4, dicht gefolgt von Thüringen. Spitzenreiter bleibt
Sachsen mit einer Inzidenz von 862,1. Doch auch die bundesweite Inzidenz
erreicht neue Höchstwerte. Sie lag am Sonntag bei 372,7, nach 362,2 am Tag
zuvor. Insgesamt 106.651 Neuinfektionen und 323 Todesfälle wurden an beiden
Tagen bundesweit registriert. In 18 Landkreisen lag die Inzidenz bei mehr
als 1.000, in keinem mehr sind es unter 100.
Bund und Länder haben nach dem Beschluss am vergangenen Donnerstag
vereinbart, dass nicht mehr die Inzidenz als Maßstab für eine Verschärfung
der Coronaschutzmaßnahmen dient, sondern [2][die Hospitalisierungsrate].
Dieser Wert gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohnern binnen
sieben Tagen wegen einer Corona-Infektion in einem Krankenhaus aufgenommen
wurden. Er soll nach Beschluss von Bund und Ländern künftig Maßstab für
eine Verschärfung der Coronaschutzmaßnahmen sein. Ab einer Inzidenz von 3
in einem Bundesland soll die 2G-Regel gelten, ab 6 die 2G-plus-Regel und ab
9 sollen weitere Maßnahmen verhängt werden können. In Bayern liegt dieses
Inzidenz bereits bei über 9, in Sachsen-Anhalt bei über 11, in Thüringen
gar bei 17. Das Problem bei der Hospitalisierungsrate: Es kommt zu einem
erheblichen Meldeverzug. Der tatsächliche Wert dürfte also schon höher
liegen.
Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) trägt die
Beschlüsse von Bund und Ländern zwar mit, ruft aber die Bundesländer auf,
schon vor dem Erreichen des jeweiligen Schwellenwerts Maßnahmen zu
ergreifen. „Deswegen empfehle ich auch nicht, wenn man bei 2,89 ist, zu
warten, bis es 3,01 ist“, sagte Spahn am Freitag. Es gehe darum, dass man
eine Größenordnung habe. Im Zweifel solle man lieber früher als später
handeln.
## Mit Boostern gegen die Delta-Variante
Spahn ruft weiter zum raschen Impfen und Boostern auf. In einem Schreiben
an Ärzt*innen hat er dazu geraten, allen über 18-Jährigen vor Ende der
bis dahin empfohlenen Sechs-Monate-Frist Booster-Impfungen zu geben. Dieser
Empfehlung hat sich auch die Ständige Impfkommission (Stiko) inzwischen
angeschlossen. Frische Daten aus Israel belegen, dass die dritte Dosis das
Infektionsrisiko um den Faktor 11,3 verringert, das Risiko eines schweren
Verlaufs gar um den Faktor 19,5.
Die Studie wurde anhand der Daten von 1,1 Millionen über 60-jährigen
Israelis berechnet, ist also hochgradig aussagefähig und valide. Mit der
dritten Dosis ist der Impfstoff also so wirksam gegen die Deltavariante wie
zwei Dosen gegen die Alphavariante. Das Boostern werde die Inzidenz im
Winter zwar beruhigen, schreibt Charité-Chefvirologe Christian Drosten auf
Twitter. „Aber mit der jetzigen Impflücke kommen wir nicht in die
endemische Situation.“ Drosten betont: „Ein fast vollständiges Schließen
der Impflücken ist durch nichts zu ersetzen.“
Für Ärger sorgt Spahn mit einem Schreiben an die Länder, worin er
empfiehlt, Auffrischimpfungen vermehrt mit dem Präparat von Moderna zu
machen und das von Biontech zurückzuhalten. Andernfalls drohten
eingelagerte Moderna-Dosen ab Mitte des ersten Quartals 2022 zu verfallen.
Das Problem: In Deutschland wird der Biontech-Impfstoff von vielen
bevorzugt. Stelle man den gewünschten Impfstoff nicht zur Verfügung, drohe
eine Verlangsamung des Impftempos, kritisiert die Kassenärztliche
Bundesvereinigung (KBV). Spahns Ministerium hat indessen
„Höchstbestellmengen“ für Biontech definiert. Praxen sollen demnach
vorerst maximal 30 Dosen pro Woche bestellen können, Impfzentren und mobile
Impfteams 1.020 Dosen.
Was hinzu kommt: Moderna wird nur für Menschen ab 30 Jahren empfohlen und
nicht für Schwangere. Wer aber nicht schwanger ist und auch über 30 – den
schützt Moderna gegen die Deltavariante sogar besser als der Impfstoff von
Biontech/Pfizer.
21 Nov 2021
## LINKS
[1] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5816627
[2] /Bund-Laender-Beschluss-zu-Corona/!5816620
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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