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# taz.de -- Corona-Lage in Deutschland: Verärgerte Ärzte und Autovergleiche
> Die Äußerung von Spahn über die begrenzte Lieferung von
> Biontech-Impfstoffen sorgt für Kritik. Am Montag verteidigte er seine
> Entscheidung.
Bild: In den kommenden Wochen sollen Millionen von Menschen ihre Booster-Impfun…
Berlin taz | Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat mal wieder den
Unmut der Öffentlichkeit auf sich gezogen. So sprach der saarländische
Regierungschef Tobias Hans (CDU) in der TV-Sendung „Anne Will“ am Sonntag
von einem „ganz falschen Signal“. Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister
Heiner Garg (FDP) sagte am Samstag auf einem Landesparteitag in Neumünster,
es sei endlich Zeit, dass Spahn geht.
Der Grund: Vergangene Woche hatte dieser in einem Schreiben an die Länder
angekündigt, die Bestellmengen für das Vakzin Biontech zu begrenzen.
Deutsche Arztpraxen könnten demnach maximal 30 Dosen Biontech pro Woche
bestellen, Impfzentren und mobile Impfteams etwa 1.020 Dosen. Viele
befürchten jetzt, dass die Rationierung das Tempo bei den Booster-Impfungen
deutlich bremsen könnte.
Am Montag, in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz, verteidigte
Spahn seine Entscheidung. Die Nachfrage nach dem MRNA-Impfstoff Biontech
sei in den vergangenen zwei Wochen stark und unerwartet gestiegen. Das
Gesundheitsministerium könne nicht ausliefern, was nicht da ist.
Allein in dieser Woche müsse das Gesundheitsministerium 6 Millionen
Impfdosen herausgeben – deutlich mehr, als es bislang überhaupt an
Booster-Impfungen in Deutschland gegeben hat. Der geschäftsführende
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will dafür mehr Moderna
einsetzen, offenbar auch, weil dieses Vakzin im Frühjahr 2022 ablaufe und
der Impfstoff Biontech nur begrenzt verfügbar ist.
Bis zum Jahresende soll es noch insgesamt rund 24 Millionen Dosen von
Biontech geben. Etwa 25 bis 30 Millionen Auffrischungsimpfungen werden
hingegen bis Jahresende erwartet. Derweil bemühe sich der
Gesundheitsminister darum, die verfügbare Menge an Biontech aufzustocken.
Natürlich sei man im Gespräch mit Biontech, Zahlen wollte er allerdings
nicht bestätigen. „Ich halte nichts davon, über Zahlen zu spekulieren“,
sagte Spahn.
Harsche Kritik hagelte es allerdings nicht nur aus der Politik, sondern
auch von Ärzteverbänden. In einem Brief des Bayerischen Hausärzteverbands
hieß es etwa: „Es kann nicht sein, dass das Restvertrauen bei den Menschen
in der Booster-Kampagne durch so einen Dilettantismus zerstört wird.“
Ärztevertreter*innen machen vor allem auf praktische Probleme
aufmerksam: Befürchtet wird unter anderem, dass viele Menschen zögern
könnten, wenn ihnen nur Moderna angeboten wird. „Viele Ärzt*innen müssen
künftig zusätzliche Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten“,
kommentierte Spahn den Unmut, „das weiß ich, und das bedauere ich auch.“
Immerhin: Mit Moderna gibt es eine gute und genauso wirksame Alternative,
betont Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts. Dass Menschen
sich verunsichert oder gar verängstigt gegenüber diesem Impfstoff zeigen,
sei völlig unbegründet – beide hätten einen Wirkungsgrad von 90 Prozent.
„Wir sitzen in Deutschland im Schlaraffenland“, sagt Cichutek. „Ob Bionte…
besser als Moderna ist, ist eine völlig unangemessene Diskussion.“
Gesundheitsminister Spahn verglich die Entscheidung für einen der beiden
Impfstoffe sogar mit der Wahl zwischen zwei Luxusautos: „Manche halten
Biontech für den Mercedes unter den Impfstoffen, und Moderna ist halt der
Rolls-Royce.“
Trotz aller Kritik an der Kommunikation des Bundesgesundheitsamts, brachte
es dennoch eine Botschaft klar rüber: Dass sich alle, die können, in
Deutschland impfen lassen müssen, mit Erst- und Auffrischungsimpfung.
Allein das Boostern dürfte den Schutz um 10 bis 20 Prozent gegenüber der
Zweifachimpfung steigern. „Durch die dritte Impfung werden die sogenannten
Gedächtniszellen aktiviert und dadurch wird der Impfeffekt verstärkt“,
erklärte Impfstoffforscher Leif Erik Sander von der Berliner Charité.
Auf die Frage, ob eine Impfpflicht damit bald unausweichlich wird,
antwortete Spahn allerdings erneut ausweichend; er wollte nicht von seiner
bisherigen Haltung gegen eine Impfpflicht abweichen. Dabei wird die
Forderung nach einer Impfpflicht aus der Politik immer lauter: Vor allem in
der Union positionieren sich immer mehr für eine Impfpflicht. So sagte etwa
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek im Deutschlandfunk: „Ich war
immer eigentlich ein Gegner einer Impfpflicht, glaube aber inzwischen, dass
wir relativ schnell über dieses Thema sprechen müssen.“
22 Nov 2021
## AUTOREN
Marilena Piesker
## TAGS
Pandemie
Impfung
Jens Spahn
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