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# taz.de -- Regierungsumbildung in Österreich: Schon wieder neuer Kanzler
> Kaskade von Rücktritten in Österreichs Regierung: Karl Nehammer soll
> Kanzler werden. Auch Kabinettsposten werden neu besetzt.
Bild: Österreichs designierter Kanzler: Karl Nehammer
Wien taz | Der Rückzug von [1][Sebastian Kurz] als ÖVP-Parteichef am
Donnerstag hat eine Kaskade weiterer Rücktritte in Österreichs
Regierungsmannschaft ausgelöst. Kanzler Alexander Schallenberg, der sich
nie aus dem Schatten des 35jährigen Ex-Kanzlers lösen konnte, stellte noch
am selben Tag sein Amt „zur Verfügung“ und kehrt ins Außenministerium
zurück.
Sein Nachfolger wird Karl Nehammer, den der ÖVP-Bundesvorstand am
Freitagvormittag einstimmig zum neuen Parteichef wählte. Parteivorsitz und
Kanzleramt werden ab nächste Woche wieder in einer Hand vereinigt sein.
Mit Kurz geht auch dessen engster Vertrauter Gernot Blümel, der sich via
Facebook von der Politik verabschiedete. Als Grund gab er Morddrohungen
gegen seine Familie, aber auch den Abgang von Kurz an. Blümel war das
Regierungsmitglied mit den niedrigsten Popularitätswerten. Ihm folgt der
bisherige Staatssekretär im Klimaministerium, der 49-jährige Jurist Magnus
Brunner, der bisher politisch kaum aufgefallen ist.
Neuer Innenminister wird der 54-jährige Niederösterreicher Gerhard Karner,
der als erfolgreicher Wahlkämpfer und Politiker der alten Schule gilt.
Seinen Posten räumen muss auch Bildungsminister Heinz Faßmann, der als
Wissenschaftler mit den Entscheidungen der Politik oft unglücklich war. Ihm
folgt der 51jährige Rektor der Universität Graz Martin Polaschek. Seine
Spezialität ist die Nachkriegsjustiz. Als Signal an die Jugend holt
Nehammer die 26-jährige Abgeordnete Claudia Plakolm als Staatssekretärin
ins Bundeskanzleramt.
## Ein Balanceakt
Der künftige Kanzler versucht einen Balanceakt zwischen [2][der „türkisen“
ÖVP von Kurz] und der alten „schwarzen“ ÖVP, in der die Landesparteichefs
und die Bünde (Bauern-, Wirtschafts-, Arbeiter- und Angestellten-,
Seniorenbund, Junge ÖVP) das Sagen hatten.
Er nimmt auch mehr Rücksicht auf regionale Befindlichkeiten, verstärkt aber
die Schlagseite zugunsten der mächtigen niederösterreichischen
Landespartei. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hatte sich für den
Leutnant der Reserve starkgemacht, bevor andere Namen für die
Kurz-Nachfolge ins Spiel gebracht werden konnten.
Mit Blümel verschwindet einer von der Oberfläche, gegen den die
Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft wegen Verdachts der Korruption
ermittelt. Neue Enthüllungen über belastende Chats, die Blümel und Kurz
entzaubert haben, würden die Arbeit des erneuerten Regierungsteams stören.
Von anderen Altlasten aus dem Team von Kurz, der bei der Postenvergabe vor
allem nach bedingungsloser Loyalität vorgegangen war, trennt sich der neue
Mann an der Spitze vorerst nicht.
Während die Opposition nach baldigen Neuwahlen ruft, sieht Vizekanzler
Werner Kogler (Grüne) keine Veranlassung, die Koalition aufzukündigen. Er
habe mit Nehammer eine gute Gesprächsbasis. Interessant eine Äußerung, die
Hermann Schützenhöfer, Landeshauptmann der Steiermark, machte.
Er meinte, man müsse auch den Grünen Luft zum Atmen geben, und präzisierte
auf Nachfrage, dass es manche in der ÖVP gebe, die den Koalitionspartner in
kurzscher Manier stärker an die Kandare nehmen wollten.
3 Dec 2021
## LINKS
[1] /Das-politische-Ende-von-Sebastian-Kurz/!5816003
[2] /Ruecktritt-von-Kanzler-Kurz/!5804258
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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