Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lesereihe „Literatour Nord“: Norden bucht Gegenwart
> Die „Literatour Nord“ schickt sechs Autor*innen auf die Reise von
> Osnabrück bis Rostock: ein Lesefest, das zugleich Zeitgenössisches an
> Unis lotst.
Bild: Füllt die großen Säle: Judith Hermann, hier bei einer Lesung im Schlos…
Seit Ende Oktober sind sie unterwegs. Haben jetzt den November geschafft
und machen sich für den Dezember und dann den Januar bereit, haben dabei
ausschließlich aus ihren Neuerscheinungen gelesen: Angelika Klüssendorf,
Heinrich Steinfest und Gert Loschütz, Thomas Kunst und Raphaela Edelbauer.
Plus, als Star, Judith Hermann, die für ihren [1][Roman „Daheim“] soeben
den [2][Bremer Literaturpreis 2022] zugesprochen bekommen hat. Schon bevor
er ihr im Januar verliehen wird führt die [3][„Literatour Nord“] sie am
Sonntag dorthin, dann nach Lüneburg (8. 12.) und Osnabrück (10. 12.).
Seit 30 Jahren schickt man so ab Spätherbst Schriftsteller:innen durch
die norddeutschen Bundesländer. Dabei gilt es nicht nur das allgemeine
Publikum zu erfreuen und zu unterhalten, wie Kathrin Dittmer, Leiterin des
Literaturhauses Hannover und Koordinatorin der Lesetour formuliert: „Kern
der Tour ist, dass wir mit den jeweiligen Hochschulen oder Universitäten
vor Ort eng zusammenarbeiten und so die vorgestellte Literatur Gegenstand
von Seminaren und auch von Seminararbeiten wird.“
Denn dort gebe es einen Nachholbedarf an Zeitgenossenschaft: „Es ist immer
noch so, dass in den Universitäten die Gegenwartsliteratur nicht so präsent
ist, wie sie sein sollte.“ Wenn also es die Germanistik nicht zu den
lebenden Autor:innen hinzieht, dann kommen eben diese zu ihr.
Den Anfang machten so 1992 die Uni-Städte Oldenburg, Bremen und Hamburg,
das aber bald gegen Lüneburg getauscht wurde. Hannover kam ein Jahr später
hinzu, dann Kiel, das bald abgelöst wurde durch Lübeck. Rostock folgte
2009, und seit 2020 ist auch Osnabrück Tourstation. Gelesen wird in
Buchhandlungen, im örtlichen Theater, im Kino oder im Literaturhaus, wenn
vorhanden.
Alle Auftretenden bewerben sich dabei quasi automatisch für den Preis der
Nordtour, der immerhin 15.000 Euro schwer ist und über den sich in der
Vergangenheit etwa Wilhelm Genazino, Emine Sevgi Özdamar oder Matthias
Politycki freuen durften. Im letzten Jahr, als die Lesetour nur digital zu
erleben war, erhielt Ulrike Draesner den Preis.
Wer eingeladen wird, den Norden lesend zu bereisen, darüber entscheiden
gemeinsam die lokalen Veranstalter und Moderator:innen. Diese Mischung habe
sich bewährt, erklärt Kathrin Dittmer: „Wir haben so jeweils jemanden vom
Buchhandel, wir haben jemanden von der Uni und wir haben klassische
Veranstalter-Menschen wie mich. So kommt großes Wissen mit zugleich
unterschiedlichen Ansprüchen und Wünschen zusammen und man hat immer eine
gute Mischung.“
Das gelte auch mit Blick auf die aktuelle Tour: „Heinrich Steinfest etwa
ist in seinem Verlag der zweit-meistverkaufte Autor, also sehr populär.
Gert Loschütz dagegen ist einer, der seit Jahren gute Literatur produziert
und bisher trotzdem eher so mitläuft – obwohl: Er hat gerade den
Wilhelm-Raabe-Preis bekommen.“
Beim Nordtour-Preis mit abstimmen kann auch das Publikum, gebündelt am Ende
in einer auszuzählenden Publikumsstimme. Die Anwesenden müssen dafür
allerdings eine wichtige Bedingung erfüllen: Sie müssen in ihrer jeweiligen
Stadt alle sechs Autor:innen erlebt haben. „Wir machen das ganz
altmodisch mit Zettel und Stempel für jede absolvierte Lesung und das
funktioniert: Mancher aus dem Publikum entwickelt einen richtigen Ehrgeiz,
immer dabei gewesen zu sein.“
Zum Jubiläum hat man sich dieses Jahr außerdem etwas Zusätzliches überlegt
und landete erneut bei der Zahl sechs: Sechs Debütant:innen stellen
sich mit ihrer jeweiligen Ersterscheinung dem Publikum vor, dies allerdings
nur in jeweils einer Stadt.
Lisa Krusche hat aus ihrem Roman-Erstling „Unsere anarchistischen Herzen“
in Oldenburg bereits gelesen; aber es folgen noch im Januar Mithu Sanyal
mit ihrem [4][vielbesprochenen Roman „Identitti“] in Bremen, Björn Stephan
stellt „Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau“ in Lüneburg vor und Esther
Becher liest aus „Wie die Gorillas“ im Literaturhaus Rostock.
Im Februar haben dann Yvonne Zitzmann mit „Tage des Vergessens“ in
Osnabrück und Stefan Hornbach mit „Den Hund überleben“ in der Lübecker
Altstadt ihre Auftritte. Und ist alles gelesen und entschieden,kommen noch
einmal alle sechs beim Debüt-Lesefest am 30. April im Literaturhaus
Hannover zusammen.
3 Dec 2021
## LINKS
[1] /Neuer-Roman-von-Judith-Hermann/!5762887
[2] https://www.rudolf-alexander-schroeder-stiftung.de/aktuelles/meldung/bremer…
[3] https://www.literatournord.de/
[4] /Mithu-Sanyal-ueber-Identitaet/!5749863
## AUTOREN
Frank Keil
## TAGS
Literatur
Lesung
Bremen
Hannover
Norddeutschland
Literatur
Literatur
Identitätspolitik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Literatur und Frauen: Der kleine Schreib-Unterschied
Bücher von Schriftstellerinnen werden gerne abgewertet. Nicole Seifert
wirft in die Debatte, dass der Begriff „Frauenliteratur“ weg kann.
Neuer Roman von Judith Hermann: Unerschrocken in der Kiste
Mit dem Roman „Daheim“ hat Judith Hermann die Geschichte eines Aufbruchs
geschrieben – und sich als Schriftstellerin neu erfunden.
Mithu Sanyal über Identität: „Literatur ist ein utopischer Ort“
Mithu Sanyal über ihren ersten Roman „Identitti“, Diversität im
Literaturbetrieb und die Lust daran, Grenzen zu überschreiten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.