Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Straßengrabenkämpfe in Hannover: Road Rage auf der Einkaufsstraße
> Die Kolumnistin findet Autofahren in der Innenstadt überflüssig, die CDU
> und Vergleiche mit Saarbrücken aber eigentlich auch.
Bild: Wer hier lang fährt, wählt wahrscheinlich auch CDU: die Schmiedestraße…
Vor ein paar Jahren stand ich einmal in meinem Auto an einer roten Ampel,
hinter zwei oder drei anderen Fahrzeugen, als es vom Kindersitz hinter mir
plötzlich krähte: „Wird das heute noch was? Grüner wird’s nicht, du Honk…
Neben all den Kosten-, Klimaschutz- und Umwelterwägungen gehört das ja zu
den Gründen für einen Autoverzicht, die ich nicht so oft laut sage: Ich mag
mich selbst nicht, wenn ich hinter dem Steuer sitze. Auf dem Fahrrad fluche
ich nur die ersten drei Kilometer, danach habe ich mir Stress und Frust aus
dem Bauch gestrampelt und japse sehr freundlich.
Die CDU in Niedersachsen nimmt anscheinend gerade den entgegengesetzten
Weg: Die macht aus „Road Rage“ Politik. Erst sorgt der Wirtschafts- und
Verkehrsminister Bernd Althusmann für Kopfschütteln, weil er meint, sich
als Landesminister [1][um ein winziges Stück Pop-Up-Radweg] in Hannover
kümmern zu müssen. Dann zettelt seine Fraktion im Landtag eine Debatte über
die Pendlerpauschale an – obwohl über die ja nun hier gar nicht entschieden
wird.
Auf Stadtebene in Hannover kämpfen die Christdemokraten gern für die
Schmiedestraße, was mindestens genauso sinnlos, aber lustig zu beobachten
ist. Für die Nicht-Ortskundigen: Die Schmiedestraße schlängelt sich am
Rande der Fußgängerzone entlang und trennt die hässliche Shopping-Abteilung
in schäbiger 60er-Jahre-Architektur der Innenstadt von der Abteilung
„Fressen und Saufen“ in pittoreskem, pseudohistorischem Ambiente der
Altstadt.
Kein vernunftbegabter Mensch fährt da mit dem Auto längs, jedenfalls nicht,
wenn er sich auskennt, weil man in der Regel zu Fuß, selbst rückwärts und
auf Highheels, schneller ist.
## Hannover ist halt nicht wie andere Städte
Die einzigen, die da sehr langsam lang fahren, sind Autoposer mit
Zuhälterschlitten oder Landpomeranzen, die mit dem SUV bis direkt vor die
Boutique fahren möchten, in der sie vierteljährlich einkaufen. Ich nehme
mal an, die CDU vertritt eher letztere. Obwohl erstere vielleicht sogar
Gewerbesteuer zahlen.
In seinem Ehrgeiz die Stadt und das Klima zu retten, [2][indem er die
Fußgängerzone ausweitet,] hat der grüne OB Belit Onay die Schmiedestraße
jedenfalls schon einmal gesperrt und dort Experimentierräume eingerichtet.
Jetzt hat er sie wieder sperren lassen, um dem Weihnachtsmarkt mehr Platz
zu gönnen.
Zuverlässig schäumt die CDU und beschwört ein gigantisches Verkehrschaos in
der Innenstadt – für den, der das nicht weiß, sieht dieses Chaos aber
meistens bloß aus wie Feierabendverkehr in anderen Großstädten halt auch.
Aber natürlich ist Hannover nicht wie andere Städte. Erst neulich
veröffentlichte Allensbach ja wieder [3][eine dieser Umfragen], in der
Hannover bescheinigt wird, total unattraktiv zu sein – unter den
Landeshauptstädten schnitt nur Saarbrücken schlechter ab.
Merkt euch das doch endlich einmal, möchte die Lenkerin in mir schreien.
Bleibt gefälligst weg hier! Überlasst diese Stadt denen, die sie mögen und
fahrt gefälligst woanders einkaufen. In eines dieser hübschen Outlet-Dörfer
zum Beispiel, da gibt es nicht so viel störendes echtes Leben und immer
genug Parkplätze. Das habt ihr euch ganz bestimmt verdient.
3 Dec 2021
## LINKS
[1] /Wahlkampf-in-Niedersachsen/!5799685
[2] /Brutale-Adventskalender-und-Plaetze/!5810632
[3] https://www.zeit.de/news/2021-11/23/umfrage-landeshauptstadt-hannover-wenig…
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Kolumne Provinzhauptstadt
Hannover
CDU
Verkehrswende
Autofahrer
Schwerpunkt Stadtland
Kolumne Provinzhauptstadt
Kolumne Provinzhauptstadt
Hannover
Stadtplanung
Kolumne Provinzhauptstadt
Kolumne Provinzhauptstadt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schlechtes Vorbild: Pop-Up-Radweg als Wahlkampfopfer
In Hannover ist ein Fahrradweg durch eine Unterführung dem
CDU-Verkehrsminister ein Dorn im Auge. Er sieht die Autofahrer ausgebremst.
Erinnerungen an die Studienjahre: Roaring twenties reloaded
Oberbürgermeister Belit Onay hofft auf goldene Zwanziger für Hannover. Die
goldenen Zwanziger der Kolumnistin spielten zufällig auch in Hannover.
Christmas Garden in Hannover: Ostalgisches Jahresanfangsgefunkel
Die Kolumnistin steht lange nach Weihnachten für den Christmas Garden an
und fragt sich, wer hier eigentlich ihren Blick auf Selfie-Kulissen prägt.
Weihnachtsbeleuchtung im Ex-Brennpunkt: Melancholisches Jahresendgefunkel
Zwischen diesen Corona-Jahren wird die Kolumnistin sentimental, aber
irgendwer leuchtet ihr schon heim – auch wenn da kein Altbau ist.
Brutale Adventskalender und Plätze: Die Ausweitung der Fußgängerzone
Die Kolumnistin gruselt sich gern, aber mit schlechtem Gewissen. Auch
städtisches Elend und elende Stadtplanung setzen ihr zu. Einkaufen hilft
nicht.
Ein Kirchenfenster und andere Probleme: Alte weiße Egos
Die Kolumnistin möchte mit Steinen werfen, versucht aber sich altersgemäß
zu verhalten. Und stellt fest: Salomonische Lösungen sind manchmal keine.
Eine Bewerbungsrede: Ach guck, Hannover
Die Kolumnistin ist zurück in der Stadt, in der sie schon mal fast
glücklich war. Und die ist sowieso viel besser als alle denken.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.