# taz.de -- Von Speisekarten und ihrem Inhalt: Mein Vorgänger, My Ex und ich | |
> Ein neuer Food-Kolumnist stellt sich vor und geht asiatisch Essen. Dort | |
> scheitert er beim Bestellen daran, die kreativen Getränke-Namen | |
> auszusprechen. | |
Bild: Von Kolumnist zu Kolumnist: Die offiziellien Stäbchenübergabe wurde nat… | |
Der Samstag vor vier Wochen war ein trauriger Tag für die Genussseite der | |
gedruckten taz. Denn da erschien die letzte [1][Ungenießbar-Kolumne] von | |
Jahrhunderttalent Adrian Schulz, der nun beim Tagesspiegel seine | |
Sauerteigaufbackbrötchen – Gibt es das wirklich? Ist das technisch | |
überhaupt möglich? Und wer wäre die Zielgruppe? – verdient. Dieser Samstag | |
ist hoffentlich wieder fröhlicher, denn ich darf mich als sein Nachfolger | |
vorstellen. | |
Für eine offizielle Stabübergabe trafen Adrian und ich uns in einem | |
Restaurant, das zum wachsenden „Asia Tapas“-Segment gehört. Es gibt also | |
kleine Portionen, von denen man sich viele zum Teilen in die Mitte stellt, | |
so wie es in anderen Ländern ohnehin üblich ist. Die Buffetisierung der | |
Kleinstbestellung, ein Prinzip, das sich ruhig auch hier durchsetzen möge. | |
Zu trinken orderte Adrian einen hausgemachten Eistee und vermied es | |
geschickt, den in der Speisekarte gedruckten Namen des Getränks zu nennen, | |
womit er den Kellner zu sagen nötigte: „Ah, Sie möchten einen ‚No Way | |
Out‘?“ Ich hingegen wollte meinen „Gorgeous Ginger“ selbst aussprechen … | |
scheiterte kläglich an diesem 4G-Begriff. | |
So sah die ganze Karte aus. Alles hatte Namen, und mehr als die Hälfte | |
davon [2][waren bemüht kreativ]: „Yes Please“, „Duck in Pyjamas“, „C… | |
Green“, „Party Girl“. Zum Glück durften wir die Essenbestellung mit | |
Bleistiften auf Vordrucke schreiben, die an Minigolf-Punktekarten | |
erinnerten. Wir wären sonst vor Scham verhungert. | |
Die drei schlimmsten Namen waren „Ding Dang Dong“, „My Ex“ und ein Cock… | |
namens „Passionate Daddy“. Denn es gab natürlich auch Cocktails, so wie es | |
gefühlt in fast allen „südostasiatischen“ Restaurants in Berlin Cocktails | |
gibt, gern von der bunteren, größeren Sorte, auch wenn die gar nichts mit | |
der Küchentradition zu tun haben. Meine Theorie dazu: Als es in den | |
achtziger und neunziger Jahren in Deutschland mit den thailändischen | |
Restaurants losging, waren die Early Adopter dieser damals noch exotisch | |
wirkenden Speisen (Kokosmilch? Crazy!) genau die Menschen, die schon mal | |
Urlaub auf Phuket gemacht hatten und sich dieses Erlebnis ins kalte | |
Deutschland verlängern wollten. Inklusive Cocktails. | |
Überlegungen wie diese können Sie hier nun regelmäßig lesen. Denn in dieser | |
Kolumne soll es um Trendbeobachtung gehen, um Mustererkennung, um | |
Einordnung von Entwicklungen im kulinarischen Gesamtkontext. Passende | |
Themen hätten in der Vergangenheit die Farben von Wein sein können, | |
georgische Restaurants, [3][die Bringdienstifikation] oder Seacuterie. Was | |
die Zukunft bringt? Vielleicht saure Schokolade, Sahnesommeliers, eine | |
Analyse von Serviettenmustern. Hauptsache, es schmeckt! | |
27 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Michael Brake | |
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