# taz.de -- Grüne und Ministerämter: Die Linken sind sauer | |
> Kurz vor Regierungseintritt ist bei den Grünen der Flügelstreit | |
> ausgebrochen. Als Sieger gehen die Realos vom Platz. | |
Bild: ausgeträumt, der Ministertraum: Anton Hofreiter | |
BERLIN taz | Wer am Freitag mit linken Grünen spricht, trifft auf | |
verärgerte Menschen – mal mehr und mal weniger stark. Sprechen wollen sie | |
nur im Hintergrund, Zitate und Namen gibt es also nicht. Doch dass | |
Fraktionschef [1][Toni Hofreiter, der Frontmann des linken Parteiflügels,] | |
nun doch keinen der fünf Ministerposten bekommt, die die Grünen in der | |
Ampelkoalition zu vergeben haben, das hat unter den Parteilinken | |
eingeschlagen. Hofreiter galt für sie als gesetzt. | |
Er sei doch der einzige Wunsch gewesen, den die Linken klar formuliert | |
hätten – und als promovierter Biologe und Öko-Experte doch auch der | |
versiertere Kandidat für das Landwirtschaftsressort gewesen. Dagegen kann | |
man inhaltlich wenig einwenden. | |
Den Zuschlag hat am Donnerstagabend nach stundenlangen erhitzten | |
Diskussionen im Parteirat aber dann doch Cem Özdemir bekommen, Experte für | |
Verkehr und Außenpolitik und Realo wie Robert Habeck und Annalena Baerbock. | |
Sie waren als Minister:innen ohnehin gesetzt. Damit gab es nach den | |
[2][Geschlechterkriterien der Partei] keinen weiteren Posten für einen | |
grünen Mann. | |
Empörung äußern Parteilinke auch über den persönlichen Umgang mit | |
Hofreiter. Und über die kühle Machtpolitik, mit der die Realo-Spitze ihr | |
Ziel durchgesetzt habe – und dem dann auch die zweite der | |
Fraktionschef:innen, Katrin Göring-Eckardt, die selbst zu den Realos | |
gehört, zum Opfer gefallen sei. | |
## Özdemir ist beliebt | |
Am Ende aber gaben sie nach: Am späten Donnerstagabend hat der Parteirat | |
einstimmig beschlossen, dass mit einem Tag Verspätung am Freitag um 13 Uhr | |
die Urabstimmung über den Koalitionsvertrag beginnen sollte. Dabei stimmen | |
die Parteimitglieder nun auch über die künftigen grünen Minister:innen | |
ab. | |
Demnach soll Habeck Minister für Wirtschaft und Klimaschutz sowie | |
Vizekanzler werden, Baerbock Außenministerin, Özdemir bekommt das | |
Landwirtschaftsressort. Für den Schwaben, der ein guter Redner ist, spricht | |
seine Beliebtheit in der Bevölkerung, er hat bei der Bundestagswahl mit 40 | |
Prozent in Stuttgart ein Direktmandat geholt. | |
Auch steht es einer Partei, die sich der Vielfalt verschrieben hat, gut an, | |
einen Minister mit Migrationsgeschichte ins Rennen zu schicken. Auf der | |
linken Seite ist zu hören, dass es dem Anliegen nicht gerecht werde, wenn | |
manchen dann nur der Name Cem Özdemir einfalle – und auch nur, wenn es | |
gerade passe. | |
## Ministerinnen vom linken Flügel | |
Zu den drei Realos kommen zwei Ministerinnen, die dem linken Flügel der | |
Grünen angehören. Familienministerin soll die derzeitige | |
rheinland-pfälzische Umweltministerin Anne Spiegel werden und neue | |
Bundesumweltministerin die frühere Grünen-Geschäftsführerin Steffi Lemke. | |
Sie erhält zudem die Zuständigkeit für Verbraucherschutz. | |
Teil des linken Flügels ist auch die derzeitige Bundestagsvizepräsidentin | |
Claudia Roth, sie soll Staatsministerin für Kultur und Medien werden. Alle | |
drei seien sehr gute Entscheidungen, auch das hört man in den Gesprächen | |
mit Parteilinken. Dass diese in großer Anzahl dem Koalitionsvertrag nicht | |
zustimmen könnten, weil sie über den Durchmarsch der Realos sauer sind, | |
damit rechnet niemand. Alle hätten schließlich ein Interesse daran, dass | |
die Regierung gut startet, heißt es. | |
26 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Gruener-Zoff-um-Ministerposten/!5815500/ | |
[2] https://www.gruene.de/themen/gleichberechtigung | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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